Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.Während daß seine Religionsverwandten für Glauben und Freyheit ihr Blut versprizten, zog Landgraf Georg von Darmstadt Sold von dem Kaiser. Aber ganz seines Ahnherrn werth, der hundert Jahre früher unternommen hatte, Deutschlands Freyheit gegen den furchtbaren Karl zu vertheidigen, erwählte Wilhelm von Kassel die Parthey der Gefahr und der Ehre. Ueber den Kleinmuth erhaben, der ungleich mächtigere Fürsten unter Ferdinands Allgewalt beugte, war Landgraf Wilhelm der Erste, der seinen Heldenarm freywillig dem Schwedischen Helden brachte, und Deutschlands Fürsten ein Beyspiel gab, mit welchem keiner den Anfang machen wollte. So viel Muth sein Entschluß verrieth, so viel Standhaftigkeit zeigte seine Beharrung, so viel Tapferkeit seine Thaten. Mit kühner Entschlossenheit stellte er sich vor sein blutendes Land, und empfing einen Feind mit Spott, dessen Hände noch von dem Mordbrand zu Magdeburg rauchten. Landgraf Wilhelm ist es werth, neben dem heldenreichen Stamme der Ernestinen zur Unsterblichkeit zu gehen. Langsam erschien dir der Tag der Rache, unglücklicher Johann Friedrich, edler, unvergeßlicher Fürst. Langsam aber glorreich ging er auf. Deine Zeiten kamen wieder, und auf deine Enkel stieg dein Heldengeist herab. Ein tapfres Geschlecht von Fürsten geht hervor aus Thüringens Wäldern, durch unsterbliche Thaten das Urtheil zu beschämen, das den Churhut von deinem Haupte stieß, durch aufgehäufte blutige Todtenopfer deinen zürnenden Schatten zu versöhnen. Deine Länder konnte der Spruch des Siegers ihnen rauben; aber nicht die patriotische Tugend, wodurch du sie verwirktest, nicht den ritterlichen Muth, der, ein Jahrhundert später, den Thron seines Enkels wanken machen wird. Deine und Deutschlands Rache schliff ihnen gegen Habsburgs Geschlecht einen heiligen Degen, und von einer Heldenthat zur andern erbt sich der unbesiegte Während daß seine Religionsverwandten für Glauben und Freyheit ihr Blut versprizten, zog Landgraf Georg von Darmstadt Sold von dem Kaiser. Aber ganz seines Ahnherrn werth, der hundert Jahre früher unternommen hatte, Deutschlands Freyheit gegen den furchtbaren Karl zu vertheidigen, erwählte Wilhelm von Kassel die Parthey der Gefahr und der Ehre. Ueber den Kleinmuth erhaben, der ungleich mächtigere Fürsten unter Ferdinands Allgewalt beugte, war Landgraf Wilhelm der Erste, der seinen Heldenarm freywillig dem Schwedischen Helden brachte, und Deutschlands Fürsten ein Beyspiel gab, mit welchem keiner den Anfang machen wollte. So viel Muth sein Entschluß verrieth, so viel Standhaftigkeit zeigte seine Beharrung, so viel Tapferkeit seine Thaten. Mit kühner Entschlossenheit stellte er sich vor sein blutendes Land, und empfing einen Feind mit Spott, dessen Hände noch von dem Mordbrand zu Magdeburg rauchten. Landgraf Wilhelm ist es werth, neben dem heldenreichen Stamme der Ernestinen zur Unsterblichkeit zu gehen. Langsam erschien dir der Tag der Rache, unglücklicher Johann Friedrich, edler, unvergeßlicher Fürst. Langsam aber glorreich ging er auf. Deine Zeiten kamen wieder, und auf deine Enkel stieg dein Heldengeist herab. Ein tapfres Geschlecht von Fürsten geht hervor aus Thüringens Wäldern, durch unsterbliche Thaten das Urtheil zu beschämen, das den Churhut von deinem Haupte stieß, durch aufgehäufte blutige Todtenopfer deinen zürnenden Schatten zu versöhnen. Deine Länder konnte der Spruch des Siegers ihnen rauben; aber nicht die patriotische Tugend, wodurch du sie verwirktest, nicht den ritterlichen Muth, der, ein Jahrhundert später, den Thron seines Enkels wanken machen wird. 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Deine Länder konnte der Spruch des Siegers ihnen rauben; aber nicht die patriotische Tugend, wodurch du sie verwirktest, nicht den ritterlichen Muth, der, ein Jahrhundert später, den Thron seines Enkels wanken machen wird. Deine und Deutschlands Rache schliff ihnen gegen Habsburgs Geschlecht einen heiligen Degen, und von einer Heldenthat zur andern erbt sich der unbesiegte </p> </div> </body> </text> </TEI> [108/0116]
Während daß seine Religionsverwandten für Glauben und Freyheit ihr Blut versprizten, zog Landgraf Georg von Darmstadt Sold von dem Kaiser. Aber ganz seines Ahnherrn werth, der hundert Jahre früher unternommen hatte, Deutschlands Freyheit gegen den furchtbaren Karl zu vertheidigen, erwählte Wilhelm von Kassel die Parthey der Gefahr und der Ehre. Ueber den Kleinmuth erhaben, der ungleich mächtigere Fürsten unter Ferdinands Allgewalt beugte, war Landgraf Wilhelm der Erste, der seinen Heldenarm freywillig dem Schwedischen Helden brachte, und Deutschlands Fürsten ein Beyspiel gab, mit welchem keiner den Anfang machen wollte. So viel Muth sein Entschluß verrieth, so viel Standhaftigkeit zeigte seine Beharrung, so viel Tapferkeit seine Thaten. Mit kühner Entschlossenheit stellte er sich vor sein blutendes Land, und empfing einen Feind mit Spott, dessen Hände noch von dem Mordbrand zu Magdeburg rauchten.
Landgraf Wilhelm ist es werth, neben dem heldenreichen Stamme der Ernestinen zur Unsterblichkeit zu gehen. Langsam erschien dir der Tag der Rache, unglücklicher Johann Friedrich, edler, unvergeßlicher Fürst. Langsam aber glorreich ging er auf. Deine Zeiten kamen wieder, und auf deine Enkel stieg dein Heldengeist herab. Ein tapfres Geschlecht von Fürsten geht hervor aus Thüringens Wäldern, durch unsterbliche Thaten das Urtheil zu beschämen, das den Churhut von deinem Haupte stieß, durch aufgehäufte blutige Todtenopfer deinen zürnenden Schatten zu versöhnen. Deine Länder konnte der Spruch des Siegers ihnen rauben; aber nicht die patriotische Tugend, wodurch du sie verwirktest, nicht den ritterlichen Muth, der, ein Jahrhundert später, den Thron seines Enkels wanken machen wird. Deine und Deutschlands Rache schliff ihnen gegen Habsburgs Geschlecht einen heiligen Degen, und von einer Heldenthat zur andern erbt sich der unbesiegte
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