Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.wieder ausgelöscht, aber die wohlthätigen Folgen, von denen er begleitet war, sind geblieben. Eben diese allgemeine Staatensympathie, welche den Stoß in Böhmen dem halben Europa mittheilte, bewacht jezt den Frieden, der diesem Krieg ein Ende machte. So wie die Flamme der Verwüstung aus dem Innern Böhmens, Mährens und Oesterreiches einen Weg fand, Deutschland, Frankreich, das halbe Europa zu entzünden, so wird die Fackel der Kultur von diesen Staaten aus einen Weg sich öffnen, jene Länder zu erleuchten. Die Religion wirkte dieses alles. Durch sie allein wurde möglich was geschah, aber es fehlte viel, daß es für sie und ihrentwegen unternommen worden wäre. Hätte nicht der privatvortheil, nicht das Staatsinteresse sich schnell damit vereinigt, nie würde die Stimme der Theologen und des Volks so bereitwillige Fürsten, nie die neue Lehre so zahlreiche, so tapfre, so beharrliche Verfechter gefunden haben. Ein großer Antheil an der Kirchenrevolution gebührt unstreitig der siegenden Gewalt der Wahrheit, oder dessen, was mit Wahrheit verwechselt wurde. Die Mißbräuche in der alten Kirche, das Abgeschmackte mancher ihrer Lehren, das Uebertriebene in ihren Foderungen mußte nothwendig ein Gemüth empören, das von der Ahndung eines bessern Lichts schon gewonnen war, mußte es geneigt machen, die verbesserte Religion zu umfassen. Der Reiz der Unabhängigkeit, die reiche Beute der geistlichen Stifter, mußte die Regenten zu einer Religionsveränderung lüstern machen, und das Gewicht der innern Ueberzeugung nicht wenig bey ihnen verstärken; aber die Staatsraison allein konnte sie dazu drängen. Hätte nicht Carl V. im Uebermuth seines Glücks an die Reichsfreyheit der Deutschen Stände gegriffen, schwerlich hätte sich ein protestantischer Bund für die Glaubensfreyheit bewaffnet. Ohne die Herrschbegierde der Guisen hätten die Kalvinisten in Frankreich nie einen wieder ausgelöscht, aber die wohlthätigen Folgen, von denen er begleitet war, sind geblieben. Eben diese allgemeine Staatensympathie, welche den Stoß in Böhmen dem halben Europa mittheilte, bewacht jezt den Frieden, der diesem Krieg ein Ende machte. So wie die Flamme der Verwüstung aus dem Innern Böhmens, Mährens und Oesterreiches einen Weg fand, Deutschland, Frankreich, das halbe Europa zu entzünden, so wird die Fackel der Kultur von diesen Staaten aus einen Weg sich öffnen, jene Länder zu erleuchten. Die Religion wirkte dieses alles. Durch sie allein wurde möglich was geschah, aber es fehlte viel, daß es für sie und ihrentwegen unternommen worden wäre. Hätte nicht der privatvortheil, nicht das Staatsinteresse sich schnell damit vereinigt, nie würde die Stimme der Theologen und des Volks so bereitwillige Fürsten, nie die neue Lehre so zahlreiche, so tapfre, so beharrliche Verfechter gefunden haben. Ein großer Antheil an der Kirchenrevolution gebührt unstreitig der siegenden Gewalt der Wahrheit, oder dessen, was mit Wahrheit verwechselt wurde. Die Mißbräuche in der alten Kirche, das Abgeschmackte mancher ihrer Lehren, das Uebertriebene in ihren Foderungen mußte nothwendig ein Gemüth empören, das von der Ahndung eines bessern Lichts schon gewonnen war, mußte es geneigt machen, die verbesserte Religion zu umfassen. Der Reiz der Unabhängigkeit, die reiche Beute der geistlichen Stifter, mußte die Regenten zu einer Religionsveränderung lüstern machen, und das Gewicht der innern Ueberzeugung nicht wenig bey ihnen verstärken; aber die Staatsraison allein konnte sie dazu drängen. Hätte nicht Carl V. im Uebermuth seines Glücks an die Reichsfreyheit der Deutschen Stände gegriffen, schwerlich hätte sich ein protestantischer Bund für die Glaubensfreyheit bewaffnet. 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Der Reiz der Unabhängigkeit, die reiche Beute der geistlichen Stifter, mußte die Regenten zu einer Religionsveränderung lüstern machen, und das Gewicht der innern Ueberzeugung nicht wenig bey ihnen verstärken; aber die Staatsraison allein konnte sie dazu <hi rendition="#fr">drängen</hi>. Hätte nicht <persName>Carl V.</persName> im Uebermuth seines Glücks an die Reichsfreyheit der Deutschen Stände gegriffen, schwerlich hätte sich ein protestantischer Bund für die Glaubensfreyheit bewaffnet. Ohne die Herrschbegierde der Guisen hätten die Kalvinisten in <placeName>Frankreich</placeName> nie einen </p> </div> </body> </text> </TEI> [3/0011]
wieder ausgelöscht, aber die wohlthätigen Folgen, von denen er begleitet war, sind geblieben. Eben diese allgemeine Staatensympathie, welche den Stoß in Böhmen dem halben Europa mittheilte, bewacht jezt den Frieden, der diesem Krieg ein Ende machte. So wie die Flamme der Verwüstung aus dem Innern Böhmens, Mährens und Oesterreiches einen Weg fand, Deutschland, Frankreich, das halbe Europa zu entzünden, so wird die Fackel der Kultur von diesen Staaten aus einen Weg sich öffnen, jene Länder zu erleuchten.
Die Religion wirkte dieses alles. Durch sie allein wurde möglich was geschah, aber es fehlte viel, daß es für sie und ihrentwegen unternommen worden wäre. Hätte nicht der privatvortheil, nicht das Staatsinteresse sich schnell damit vereinigt, nie würde die Stimme der Theologen und des Volks so bereitwillige Fürsten, nie die neue Lehre so zahlreiche, so tapfre, so beharrliche Verfechter gefunden haben. Ein großer Antheil an der Kirchenrevolution gebührt unstreitig der siegenden Gewalt der Wahrheit, oder dessen, was mit Wahrheit verwechselt wurde. Die Mißbräuche in der alten Kirche, das Abgeschmackte mancher ihrer Lehren, das Uebertriebene in ihren Foderungen mußte nothwendig ein Gemüth empören, das von der Ahndung eines bessern Lichts schon gewonnen war, mußte es geneigt machen, die verbesserte Religion zu umfassen. Der Reiz der Unabhängigkeit, die reiche Beute der geistlichen Stifter, mußte die Regenten zu einer Religionsveränderung lüstern machen, und das Gewicht der innern Ueberzeugung nicht wenig bey ihnen verstärken; aber die Staatsraison allein konnte sie dazu drängen. Hätte nicht Carl V. im Uebermuth seines Glücks an die Reichsfreyheit der Deutschen Stände gegriffen, schwerlich hätte sich ein protestantischer Bund für die Glaubensfreyheit bewaffnet. Ohne die Herrschbegierde der Guisen hätten die Kalvinisten in Frankreich nie einen
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