Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784. Wurm. Auf Befehl des Herzogs. Louise. Des Herzogs? Wurm. Der die Verlezung der Majestät in der Person seines Stellvertreters -- Louise. Was? Was? O ewige Allmacht! Wurm. Auffallend zu ahnden beschlossen hat. Louise. Das war noch übrig! Das! -- frei- lich, freilich, mein Herz hatte noch außer dem Ma- jor etwas theures -- Das durfte nicht übergangen werden -- Verlezung der Majestät -- Himmlische Vorsicht! Rette, o rette meinen sinkenden Glauben! -- und Ferdinand? Wurm. Wält Lady Milford oder Fluch und Enterbung. Louise. Entsezliche Freiheit! -- und doch -- doch ist er glüklicher. Er hat keinen Vater zu ver- lieren. Zwar keinen haben ist Verdammniß ge- nug! -- Mein Vater auf Verlezung der Majestät -- mein Geliebter die Lady oder Fluch und Enter- bung -- Warlich bewundernswerth! Eine vollkom- mene Büberei ist auch eine Vollkommenheit -- Voll- kommenheit? Nein! dazu fehlte noch etwas -- -- Wo ist meine Mutter? Wurm. Im Spinnhaus. Louise. (mit schmerzvollem Lächeln) Jezt ist es völlig! -- völlig, und jezt wär ich ja frei -- Abge- schält von allen Pflichten -- und Tränen -- und Freuden. Abgeschält von der Vorsicht. Ich brauch sie
Wurm. Auf Befehl des Herzogs. Louiſe. Des Herzogs? Wurm. Der die Verlezung der Majeſtaͤt in der Perſon ſeines Stellvertreters — Louiſe. Was? Was? O ewige Allmacht! Wurm. Auffallend zu ahnden beſchloſſen hat. Louiſe. Das war noch uͤbrig! Das! — frei- lich, freilich, mein Herz hatte noch außer dem Ma- jor etwas theures — Das durfte nicht uͤbergangen werden — Verlezung der Majeſtaͤt — Himmliſche Vorſicht! Rette, o rette meinen ſinkenden Glauben! — und Ferdinand? Wurm. Waͤlt Lady Milford oder Fluch und Enterbung. Louiſe. Entſezliche Freiheit! — und doch — doch iſt er gluͤklicher. Er hat keinen Vater zu ver- lieren. Zwar keinen haben iſt Verdammniß ge- nug! — Mein Vater auf Verlezung der Majeſtaͤt — mein Geliebter die Lady oder Fluch und Enter- bung — Warlich bewundernswerth! Eine vollkom- mene Buͤberei iſt auch eine Vollkommenheit — Voll- kommenheit? Nein! dazu fehlte noch etwas — — Wo iſt meine Mutter? Wurm. Im Spinnhaus. Louiſe. (mit ſchmerzvollem Laͤcheln) Jezt iſt es voͤllig! — voͤllig, und jezt waͤr ich ja frei — Abge- ſchaͤlt von allen Pflichten — und Traͤnen — und Freuden. Abgeſchaͤlt von der Vorſicht. Ich brauch ſie
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0094" n="90"/> <sp who="#WUR"> <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker> <p>Auf Befehl des Herzogs.</p><lb/> </sp> <sp who="#LOU"> <speaker> <hi rendition="#fr">Louiſe.</hi> </speaker> <p>Des Herzogs?</p><lb/> </sp> <sp who="#WUR"> <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker> <p>Der die Verlezung der Majeſtaͤt in der<lb/> Perſon ſeines Stellvertreters —</p><lb/> </sp> <sp who="#LOU"> <speaker> <hi rendition="#fr">Louiſe.</hi> </speaker> <p>Was? Was? O ewige Allmacht!</p><lb/> </sp> <sp who="#WUR"> <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker> <p>Auffallend zu ahnden beſchloſſen hat.</p><lb/> </sp> <sp who="#LOU"> <speaker> <hi rendition="#fr">Louiſe.</hi> </speaker> <p>Das war noch uͤbrig! Das! — frei-<lb/> lich, freilich, mein Herz hatte noch außer dem Ma-<lb/> jor etwas theures — Das durfte nicht uͤbergangen<lb/> werden — Verlezung der Majeſtaͤt — Himmliſche<lb/> Vorſicht! Rette, o rette meinen ſinkenden Glauben!<lb/> — und Ferdinand?</p><lb/> </sp> <sp who="#WUR"> <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker> <p>Waͤlt Lady Milford oder Fluch und<lb/> Enterbung.</p><lb/> </sp> <sp who="#LOU"> <speaker> <hi rendition="#fr">Louiſe.</hi> </speaker> <p>Entſezliche Freiheit! — und doch —<lb/> doch iſt er gluͤklicher. Er hat keinen Vater zu ver-<lb/> lieren. Zwar keinen <hi rendition="#fr">haben</hi> iſt Verdammniß ge-<lb/> nug! — Mein Vater auf Verlezung der Majeſtaͤt<lb/> — mein Geliebter die Lady oder Fluch und Enter-<lb/> bung — Warlich bewundernswerth! Eine vollkom-<lb/> mene Buͤberei iſt auch eine Vollkommenheit — Voll-<lb/> kommenheit? Nein! dazu fehlte noch etwas — —<lb/> Wo iſt meine Mutter?</p><lb/> </sp> <sp who="#WUR"> <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker> <p>Im Spinnhaus.</p><lb/> </sp> <sp who="#LOU"> <speaker> <hi rendition="#fr">Louiſe.</hi> </speaker> <p><stage>(mit ſchmerzvollem Laͤcheln)</stage> Jezt iſt es<lb/> voͤllig! — voͤllig, und jezt waͤr ich ja <hi rendition="#fr">frei</hi> — Abge-<lb/> ſchaͤlt von allen Pflichten — und Traͤnen — und<lb/> Freuden. Abgeſchaͤlt von der Vorſicht. Ich brauch<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſie</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0094]
Wurm. Auf Befehl des Herzogs.
Louiſe. Des Herzogs?
Wurm. Der die Verlezung der Majeſtaͤt in der
Perſon ſeines Stellvertreters —
Louiſe. Was? Was? O ewige Allmacht!
Wurm. Auffallend zu ahnden beſchloſſen hat.
Louiſe. Das war noch uͤbrig! Das! — frei-
lich, freilich, mein Herz hatte noch außer dem Ma-
jor etwas theures — Das durfte nicht uͤbergangen
werden — Verlezung der Majeſtaͤt — Himmliſche
Vorſicht! Rette, o rette meinen ſinkenden Glauben!
— und Ferdinand?
Wurm. Waͤlt Lady Milford oder Fluch und
Enterbung.
Louiſe. Entſezliche Freiheit! — und doch —
doch iſt er gluͤklicher. Er hat keinen Vater zu ver-
lieren. Zwar keinen haben iſt Verdammniß ge-
nug! — Mein Vater auf Verlezung der Majeſtaͤt
— mein Geliebter die Lady oder Fluch und Enter-
bung — Warlich bewundernswerth! Eine vollkom-
mene Buͤberei iſt auch eine Vollkommenheit — Voll-
kommenheit? Nein! dazu fehlte noch etwas — —
Wo iſt meine Mutter?
Wurm. Im Spinnhaus.
Louiſe. (mit ſchmerzvollem Laͤcheln) Jezt iſt es
voͤllig! — voͤllig, und jezt waͤr ich ja frei — Abge-
ſchaͤlt von allen Pflichten — und Traͤnen — und
Freuden. Abgeſchaͤlt von der Vorſicht. Ich brauch
ſie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/94 |
Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/94>, abgerufen am 16.02.2025. |