Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.
sizen, oder hat's Handwerk verschmekt, treibts fort. (die Faust vor die Stirn) Jesus Christus! Frau. Gott behüt uns in Gnaden! Miller. Es hat sich zu behüten. Worauf kann so ein Windfuß wohl sonst sein Absehen richten? -- Das Mädel ist schön -- schlank -- führt seinen net- ten Fus. Unter'm Dach mags aussehen, wie's will. Darüber kukt man bei euch Weibsleuten weg, wenn's nur der liebe Gott par Terre nicht hat fehlen lassen -- Stöbert mein Springinsfeld erst noch dieses Ka- pitel aus -- heh da! geht ihm ein Licht auf, wie meinem Rodney, wenn er die Witterung eines Fran- zosen kriegt, und nun müssen alle Segel dran, und drauf los, und -- ich verdenks ihm gar nicht. Mensch ist Mensch. Das muß ich wissen. Frau. Soltest nur die wunderhübsche Billeter auch lesen, die der gnädige Herr an deine Tochter als schreiben thut. Guter Gott! Da sieht man's ja sonnenklar, wie es ihm pur um ihre schöne Seele zu thun ist. Miller. Das ist die rechte Höhe. Auf den Sak schlagt man; den Esel meynt man. Wer einen Gruß an das liebe Fleisch zu bestellen hat, darf nur das gute Herz Boten gehen lassen. Wie hab ich's ge- macht? Hat man's nur erst so weit im Reinen, daß die Gemüther topp machen, wutsch! nehmen die Körper ein Exempel; das Gesind machts der Herr- schaft A 2
ſizen, oder hat's Handwerk verſchmekt, treibts fort. (die Fauſt vor die Stirn) Jeſus Chriſtus! Frau. Gott behuͤt uns in Gnaden! Miller. Es hat ſich zu behuͤten. Worauf kann ſo ein Windfuß wohl ſonſt ſein Abſehen richten? — Das Maͤdel iſt ſchoͤn — ſchlank — fuͤhrt ſeinen net- ten Fus. Unter'm Dach mags ausſehen, wie's will. Daruͤber kukt man bei euch Weibsleuten weg, wenn's nur der liebe Gott par Terre nicht hat fehlen laſſen — Stoͤbert mein Springinsfeld erſt noch dieſes Ka- pitel aus — heh da! geht ihm ein Licht auf, wie meinem Rodney, wenn er die Witterung eines Fran- zoſen kriegt, und nun muͤſſen alle Segel dran, und drauf los, und — ich verdenks ihm gar nicht. Menſch iſt Menſch. Das muß ich wiſſen. Frau. Solteſt nur die wunderhuͤbſche Billeter auch leſen, die der gnaͤdige Herr an deine Tochter als ſchreiben thut. Guter Gott! Da ſieht man's ja ſonnenklar, wie es ihm pur um ihre ſchoͤne Seele zu thun iſt. Miller. Das iſt die rechte Hoͤhe. Auf den Sak ſchlagt man; den Eſel meynt man. Wer einen Gruß an das liebe Fleiſch zu beſtellen hat, darf nur das gute Herz Boten gehen laſſen. Wie hab ich's ge- macht? Hat man's nur erſt ſo weit im Reinen, daß die Gemuͤther topp machen, wutſch! nehmen die Koͤrper ein Exempel; das Geſind machts der Herr- ſchaft A 2
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ſizen, oder hat's Handwerk verſchmekt, treibts fort.
(die Fauſt vor die Stirn) Jeſus Chriſtus!
Frau. Gott behuͤt uns in Gnaden!
Miller. Es hat ſich zu behuͤten. Worauf kann
ſo ein Windfuß wohl ſonſt ſein Abſehen richten? —
Das Maͤdel iſt ſchoͤn — ſchlank — fuͤhrt ſeinen net-
ten Fus. Unter'm Dach mags ausſehen, wie's will.
Daruͤber kukt man bei euch Weibsleuten weg, wenn's
nur der liebe Gott par Terre nicht hat fehlen laſſen
— Stoͤbert mein Springinsfeld erſt noch dieſes Ka-
pitel aus — heh da! geht ihm ein Licht auf, wie
meinem Rodney, wenn er die Witterung eines Fran-
zoſen kriegt, und nun muͤſſen alle Segel dran, und
drauf los, und — ich verdenks ihm gar nicht.
Menſch iſt Menſch. Das muß ich wiſſen.
Frau. Solteſt nur die wunderhuͤbſche Billeter
auch leſen, die der gnaͤdige Herr an deine Tochter
als ſchreiben thut. Guter Gott! Da ſieht man's ja
ſonnenklar, wie es ihm pur um ihre ſchoͤne Seele
zu thun iſt.
Miller. Das iſt die rechte Hoͤhe. Auf den Sak
ſchlagt man; den Eſel meynt man. Wer einen Gruß
an das liebe Fleiſch zu beſtellen hat, darf nur das
gute Herz Boten gehen laſſen. Wie hab ich's ge-
macht? Hat man's nur erſt ſo weit im Reinen, daß
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/7>, abgerufen am 05.07.2024. |