Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite
und springt einem ein nasenweises Wort über's Maul
-- Bumbs! habens Fürst und Matreß und Präsi-
dent, und Du hast das siedende Donnerwetter am
Halse.
Dritte Szene.
Louise Millerin kommt, ein Buch in der
Hand. Vorige.
Louise. (legt das Buch nieder, geht zu Millern
und drükt ihm die Hand)
Guten Morgen lieber Vater.

Miller. (warm) Brav meine Louise -- Freut
mich, daß du so fleißig an deinen Schöpfer denkst.
Bleib immer so, und sein Arm wird dich halten.

Louise. O ich bin eine schwere Sünderin, Va-
ter -- War er da Mutter?

Frau. Wer mein Kind?
Louise. Ah! ich vergaß, daß es noch außer
ihm Menschen gibt -- Mein Kopf ist so wüste --
Er war nicht da? Walter?

Miller. (traurig und ernsthaft) Ich dachte, meine
Louise hätte den Namen in der Kirche gelassen?

Louise. (nachdem sie ihn eine Zeitlang starr ange-
sehen)
Ich versteh Ihn Vater -- fühle das Messer,
das er in mein Gewissen stößt; aber es kommt zu
spät. -- Ich hab keine Andacht mehr Vater -- der
Himmel und Ferdinand reissen an meiner blutenden
Seele, und ich fürchte -- ich fürchte -- (nach einer
Pause)
Doch nein, guter Vater. Wenn wir ihn über
dem
und ſpringt einem ein naſenweiſes Wort uͤber's Maul
— Bumbs! habens Fuͤrſt und Matreß und Praͤſi-
dent, und Du haſt das ſiedende Donnerwetter am
Halſe.
Dritte Szene.
Louiſe Millerin kommt, ein Buch in der
Hand. Vorige.
Louiſe. (legt das Buch nieder, geht zu Millern
und druͤkt ihm die Hand)
Guten Morgen lieber Vater.

Miller. (warm) Brav meine Louiſe — Freut
mich, daß du ſo fleißig an deinen Schoͤpfer denkſt.
Bleib immer ſo, und ſein Arm wird dich halten.

Louiſe. O ich bin eine ſchwere Suͤnderin, Va-
ter — War er da Mutter?

Frau. Wer mein Kind?
Louiſe. Ah! ich vergaß, daß es noch außer
ihm Menſchen gibt — Mein Kopf iſt ſo wuͤſte —
Er war nicht da? Walter?

Miller. (traurig und ernſthaft) Ich dachte, meine
Louiſe haͤtte den Namen in der Kirche gelaſſen?

Louiſe. (nachdem ſie ihn eine Zeitlang ſtarr ange-
ſehen)
Ich verſteh Ihn Vater — fuͤhle das Meſſer,
das er in mein Gewiſſen ſtoͤßt; aber es kommt zu
ſpaͤt. — Ich hab keine Andacht mehr Vater — der
Himmel und Ferdinand reiſſen an meiner blutenden
Seele, und ich fuͤrchte — ich fuͤrchte — (nach einer
Pauſe)
Doch nein, guter Vater. Wenn wir ihn uͤber
dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#MIL">
            <p><pb facs="#f0016" n="12"/>
und &#x017F;pringt einem ein na&#x017F;enwei&#x017F;es Wort u&#x0364;ber's Maul<lb/>
&#x2014; Bumbs! habens Fu&#x0364;r&#x017F;t und Matreß und Pra&#x0364;&#x017F;i-<lb/>
dent, und Du ha&#x017F;t das &#x017F;iedende Donnerwetter am<lb/>
Hal&#x017F;e.</p>
          </sp>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>Dritte Szene.</head><lb/>
          <stage>Loui&#x017F;e Millerin kommt, ein Buch in der<lb/>
Hand. Vorige.</stage><lb/>
          <sp who="#LOU">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Loui&#x017F;e.</hi> </speaker>
            <p><stage>(legt das Buch nieder, geht zu Millern<lb/>
und dru&#x0364;kt ihm die Hand)</stage> Guten Morgen lieber Vater.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MIL">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Miller.</hi> </speaker>
            <p><stage>(warm)</stage> Brav meine Loui&#x017F;e &#x2014; Freut<lb/>
mich, daß du &#x017F;o fleißig an deinen Scho&#x0364;pfer denk&#x017F;t.<lb/>
Bleib immer &#x017F;o, und &#x017F;ein Arm wird dich halten.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#LOU">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Loui&#x017F;e.</hi> </speaker>
            <p>O ich bin eine &#x017F;chwere Su&#x0364;nderin, Va-<lb/>
ter &#x2014; War er da Mutter?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#FMI">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Frau.</hi> </speaker>
            <p>Wer mein Kind?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#LOU">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Loui&#x017F;e.</hi> </speaker>
            <p>Ah! ich vergaß, daß es noch außer<lb/>
ihm Men&#x017F;chen gibt &#x2014; Mein Kopf i&#x017F;t &#x017F;o wu&#x0364;&#x017F;te &#x2014;<lb/>
Er war nicht da? Walter?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MIL">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Miller.</hi> </speaker>
            <p><stage>(traurig und ern&#x017F;thaft)</stage> Ich dachte, meine<lb/>
Loui&#x017F;e ha&#x0364;tte den Namen in der Kirche gela&#x017F;&#x017F;en?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#LOU">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Loui&#x017F;e.</hi> </speaker>
            <p><stage>(nachdem &#x017F;ie ihn eine Zeitlang &#x017F;tarr ange-<lb/>
&#x017F;ehen)</stage> Ich ver&#x017F;teh Ihn Vater &#x2014; fu&#x0364;hle das Me&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
das er in mein Gewi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;to&#x0364;ßt; aber es kommt zu<lb/>
&#x017F;pa&#x0364;t. &#x2014; Ich hab keine Andacht mehr Vater &#x2014; der<lb/>
Himmel und Ferdinand rei&#x017F;&#x017F;en an meiner blutenden<lb/>
Seele, und ich fu&#x0364;rchte &#x2014; ich fu&#x0364;rchte &#x2014; <stage>(nach einer<lb/>
Pau&#x017F;e)</stage> Doch nein, guter Vater. Wenn wir ihn u&#x0364;ber<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0016] und ſpringt einem ein naſenweiſes Wort uͤber's Maul — Bumbs! habens Fuͤrſt und Matreß und Praͤſi- dent, und Du haſt das ſiedende Donnerwetter am Halſe. Dritte Szene. Louiſe Millerin kommt, ein Buch in der Hand. Vorige. Louiſe. (legt das Buch nieder, geht zu Millern und druͤkt ihm die Hand) Guten Morgen lieber Vater. Miller. (warm) Brav meine Louiſe — Freut mich, daß du ſo fleißig an deinen Schoͤpfer denkſt. Bleib immer ſo, und ſein Arm wird dich halten. Louiſe. O ich bin eine ſchwere Suͤnderin, Va- ter — War er da Mutter? Frau. Wer mein Kind? Louiſe. Ah! ich vergaß, daß es noch außer ihm Menſchen gibt — Mein Kopf iſt ſo wuͤſte — Er war nicht da? Walter? Miller. (traurig und ernſthaft) Ich dachte, meine Louiſe haͤtte den Namen in der Kirche gelaſſen? Louiſe. (nachdem ſie ihn eine Zeitlang ſtarr ange- ſehen) Ich verſteh Ihn Vater — fuͤhle das Meſſer, das er in mein Gewiſſen ſtoͤßt; aber es kommt zu ſpaͤt. — Ich hab keine Andacht mehr Vater — der Himmel und Ferdinand reiſſen an meiner blutenden Seele, und ich fuͤrchte — ich fuͤrchte — (nach einer Pauſe) Doch nein, guter Vater. Wenn wir ihn uͤber dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/16
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/16>, abgerufen am 26.11.2024.