Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.
telt? -- Hat ihre Wonne die Verzweiflung so nö- thig zur Folie? -- O lieber! So gönnen Sie mir doch eine Blindheit, die mich allein noch mit mei- nem barbarischen Loos versöhnt -- Fühlt sich doch das Insekt in einem Tropfen Wassers so selig, als wär es ein Himmelreich, so froh und so selig, bis man ihm von einem Weltmeer erzält, worinn Flot- ten und Wallfische spielen! -- -- -- Aber glük- lich wollen Sie mich ja wissen? (nach einer Pause plözlich zur Lady hintretend und mit Ueberraschung sie fra- gend) Sind Sie glüklich, Milady? (diese verläßt sie schnell und betroffen, Louise folgt ihr, und hält ihr die Hand vor den Busen) Hat dieses Herz auch die lachen- de Gestalt Ihres Standes? Und wenn wir jezt Brust gegen Brust, und Schiksal gegen Schiksal aus- wechseln solten -- und wenn ich in kindlicher Un- schuld -- und wenn ich auf ihr Gewissen -- und wenn ich als meine Mutter Sie fragte -- Würden Sie mir wol zu dem Tausche rathen? Lady. (heftig bewegt in den Sopha sich werfend) Unerhört! Unbegreiflich! Nein Mädchen! Nein! Diese Größe hast du nicht auf die Welt gebracht, und für einen Vater ist sie zu jugendlich. Lüge mir nicht. Ich höre einen andern Lehrer -- Louise. (fein und scharf ihr in die Augen sehend) Es solte mich doch wundern, Milady, wenn Sie jezt erst auf diesen Lehrer fielen, und doch vorhin schon eine Kondizion für mich wußten. Lady.
telt? — Hat ihre Wonne die Verzweiflung ſo noͤ- thig zur Folie? — O lieber! So goͤnnen Sie mir doch eine Blindheit, die mich allein noch mit mei- nem barbariſchen Loos verſoͤhnt — Fuͤhlt ſich doch das Inſekt in einem Tropfen Waſſers ſo ſelig, als waͤr es ein Himmelreich, ſo froh und ſo ſelig, bis man ihm von einem Weltmeer erzaͤlt, worinn Flot- ten und Wallfiſche ſpielen! — — — Aber gluͤk- lich wollen Sie mich ja wiſſen? (nach einer Pauſe ploͤzlich zur Lady hintretend und mit Ueberraſchung ſie fra- gend) Sind Sie gluͤklich, Milady? (dieſe verlaͤßt ſie ſchnell und betroffen, Louiſe folgt ihr, und haͤlt ihr die Hand vor den Buſen) Hat dieſes Herz auch die lachen- de Geſtalt Ihres Standes? Und wenn wir jezt Bruſt gegen Bruſt, und Schikſal gegen Schikſal aus- wechſeln ſolten — und wenn ich in kindlicher Un- ſchuld — und wenn ich auf ihr Gewiſſen — und wenn ich als meine Mutter Sie fragte — Wuͤrden Sie mir wol zu dem Tauſche rathen? Lady. (heftig bewegt in den Sopha ſich werfend) Unerhoͤrt! Unbegreiflich! Nein Maͤdchen! Nein! Dieſe Groͤße haſt du nicht auf die Welt gebracht, und fuͤr einen Vater iſt ſie zu jugendlich. Luͤge mir nicht. Ich hoͤre einen andern Lehrer — Louiſe. (fein und ſcharf ihr in die Augen ſehend) Es ſolte mich doch wundern, Milady, wenn Sie jezt erſt auf dieſen Lehrer fielen, und doch vorhin ſchon eine Kondizion fuͤr mich wußten. Lady.
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telt? — Hat ihre Wonne die Verzweiflung ſo noͤ-
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doch eine Blindheit, die mich allein noch mit mei-
nem barbariſchen Loos verſoͤhnt — Fuͤhlt ſich doch
das Inſekt in einem Tropfen Waſſers ſo ſelig, als
waͤr es ein Himmelreich, ſo froh und ſo ſelig, bis
man ihm von einem Weltmeer erzaͤlt, worinn Flot-
ten und Wallfiſche ſpielen! — — — Aber gluͤk-
lich wollen Sie mich ja wiſſen? (nach einer Pauſe
ploͤzlich zur Lady hintretend und mit Ueberraſchung ſie fra-
gend) Sind Sie gluͤklich, Milady? (dieſe verlaͤßt ſie
ſchnell und betroffen, Louiſe folgt ihr, und haͤlt ihr die
Hand vor den Buſen) Hat dieſes Herz auch die lachen-
de Geſtalt Ihres Standes? Und wenn wir jezt
Bruſt gegen Bruſt, und Schikſal gegen Schikſal aus-
wechſeln ſolten — und wenn ich in kindlicher Un-
ſchuld — und wenn ich auf ihr Gewiſſen — und
wenn ich als meine Mutter Sie fragte — Wuͤrden
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Unerhoͤrt! Unbegreiflich! Nein Maͤdchen! Nein!
Dieſe Groͤße haſt du nicht auf die Welt gebracht, und
fuͤr einen Vater iſt ſie zu jugendlich. Luͤge mir nicht.
Ich hoͤre einen andern Lehrer —
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Es ſolte mich doch wundern, Milady, wenn Sie
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