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Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

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Zweiter Akt.
Ich selbst -- ich gebe Dir mein Wort -- ich selbst
will es befördern.
Karlos
ihm um den Hals fallend.
Bruder meiner Seele!
O wie erröth' ich neben Dir.
Marquis.
Weißt Du
denn so gewiß, ob nicht geheime Wünsche,
nicht Furcht vielmehr und Eigennutz mich lei-
ten? --
Doch davon, wenn es Zeit ist, mehr. Du hast
mein Wort. Nun überlaß mit alles andre.
Ein wilder, kühner, glücklicher Gedanke
steigt auf in meiner Phantasie -- Du sollst
ihn hören, Karl, aus einem schönern Munde.
Ich dränge mich zur Königinn. Vielleicht
daß morgen schon der Ausgang sich erwiesen.
Bis dahin, Karl, vergiß nicht, daß "ein Anschlag,
den höhere Vernunft gebar, das Leiden
der Menschheit drängt, zehntausendmal vereitelt
nie aufgegeben werden darf." -- Hörst Du?
Erinnre Dich an Flandern?
Karlos.
Alles, Alles,
was Du und hohe Tugend mir gebieten.
Zweiter Akt.
Ich ſelbſt — ich gebe Dir mein Wort — ich ſelbſt
will es befördern.
Karlos
ihm um den Hals fallend.
Bruder meiner Seele!
O wie erröth’ ich neben Dir.
Marquis.
Weißt Du
denn ſo gewiß, ob nicht geheime Wünſche,
nicht Furcht vielmehr und Eigennutz mich lei-
ten? —
Doch davon, wenn es Zeit iſt, mehr. Du haſt
mein Wort. Nun überlaß mit alles andre.
Ein wilder, kühner, glücklicher Gedanke
ſteigt auf in meiner Phantaſie — Du ſollſt
ihn hören, Karl, aus einem ſchönern Munde.
Ich dränge mich zur Königinn. Vielleicht
daß morgen ſchon der Ausgang ſich erwieſen.
Bis dahin, Karl, vergiß nicht, daß „ein Anſchlag,
den höhere Vernunft gebar, das Leiden
der Menſchheit drängt, zehntauſendmal vereitelt
nie aufgegeben werden darf.“ — Hörſt Du?
Erinnre Dich an Flandern?
Karlos.
Alles, Alles,
was Du und hohe Tugend mir gebieten.
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[213/0223] Zweiter Akt. Ich ſelbſt — ich gebe Dir mein Wort — ich ſelbſt will es befördern. Karlos ihm um den Hals fallend. Bruder meiner Seele! O wie erröth’ ich neben Dir. Marquis. Weißt Du denn ſo gewiß, ob nicht geheime Wünſche, nicht Furcht vielmehr und Eigennutz mich lei- ten? — Doch davon, wenn es Zeit iſt, mehr. Du haſt mein Wort. Nun überlaß mit alles andre. Ein wilder, kühner, glücklicher Gedanke ſteigt auf in meiner Phantaſie — Du ſollſt ihn hören, Karl, aus einem ſchönern Munde. Ich dränge mich zur Königinn. Vielleicht daß morgen ſchon der Ausgang ſich erwieſen. Bis dahin, Karl, vergiß nicht, daß „ein Anſchlag, den höhere Vernunft gebar, das Leiden der Menſchheit drängt, zehntauſendmal vereitelt nie aufgegeben werden darf.“ — Hörſt Du? Erinnre Dich an Flandern? Karlos. Alles, Alles, was Du und hohe Tugend mir gebieten.

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/223>, abgerufen am 28.11.2024.