Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweiter Akt.
wie anders alles, was ich hier bemerkte!
In angeborner stiller Glorie,
mit sorgenlosem Leichtsinn, mit des Anstands
schulmäßiger Berechnung unbekannt,
gleich ferne von Verwegenheit und Furcht,
mit festem Heldenschritte wandelt sie
die schmale Mittelbahn des Schicklichen,
unwissend, daß sie Anbetung erzwungen,
wo sie von eignem Beifall nie geträumt.
Erkennt mein Karl auch hier in diesem Spiegel
auch jetzt noch seine Eboli? -- Die Fürstinn
blieb standhaft, weil sie liebte; Liebe war
in ihre Tugend wörtlich einbedungen.
Du hast sie nicht belohnt -- sie fällt.
Karlos
mit einiger Heftigkeit.
Nein! Nein!
Nachdem er heftig auf und nieder gegangen.
Nein, sag' ich Dir -- O wüßte Rodrigo,
wie trefflich es ihn kleidet, seinem Karl
der Seligkeiten göttlichste, den Glauben
an menschliche Vortrefflichkeit zu stehlen!
Marquis.
Verdien' ich das? -- Nein, Liebling meiner Seele,
das wollt' ich nicht, bei Gott im Himmel
nicht! --

O
Zweiter Akt.
wie anders alles, was ich hier bemerkte!
In angeborner ſtiller Glorie,
mit ſorgenloſem Leichtſinn, mit des Anſtands
ſchulmäßiger Berechnung unbekannt,
gleich ferne von Verwegenheit und Furcht,
mit feſtem Heldenſchritte wandelt ſie
die ſchmale Mittelbahn des Schicklichen,
unwiſſend, daß ſie Anbetung erzwungen,
wo ſie von eignem Beifall nie geträumt.
Erkennt mein Karl auch hier in dieſem Spiegel
auch jetzt noch ſeine Eboli? — Die Fürſtinn
blieb ſtandhaft, weil ſie liebte; Liebe war
in ihre Tugend wörtlich einbedungen.
Du haſt ſie nicht belohnt — ſie fällt.
Karlos
mit einiger Heftigkeit.
Nein! Nein!
Nachdem er heftig auf und nieder gegangen.
Nein, ſag’ ich Dir — O wüßte Rodrigo,
wie trefflich es ihn kleidet, ſeinem Karl
der Seligkeiten göttlichſte, den Glauben
an menſchliche Vortrefflichkeit zu ſtehlen!
Marquis.
Verdien’ ich das? — Nein, Liebling meiner Seele,
das wollt’ ich nicht, bei Gott im Himmel
nicht! —

O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#MAR">
              <p><pb facs="#f0217" n="207"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweiter Akt</hi>.</fw><lb/>
wie anders alles, was ich hier bemerkte!<lb/>
In angeborner &#x017F;tiller Glorie,<lb/>
mit &#x017F;orgenlo&#x017F;em Leicht&#x017F;inn, mit des An&#x017F;tands<lb/>
&#x017F;chulmäßiger Berechnung unbekannt,<lb/>
gleich ferne von Verwegenheit und Furcht,<lb/>
mit fe&#x017F;tem Helden&#x017F;chritte wandelt &#x017F;ie<lb/>
die &#x017F;chmale Mittelbahn des <hi rendition="#g">Schicklichen</hi>,<lb/>
unwi&#x017F;&#x017F;end, daß &#x017F;ie Anbetung erzwungen,<lb/>
wo &#x017F;ie von eignem Beifall nie geträumt.<lb/>
Erkennt mein Karl auch hier in die&#x017F;em Spiegel<lb/>
auch jetzt noch &#x017F;eine Eboli? &#x2014; Die Für&#x017F;tinn<lb/>
blieb &#x017F;tandhaft, weil &#x017F;ie liebte; Liebe war<lb/>
in ihre Tugend wörtlich einbedungen.<lb/>
Du ha&#x017F;t &#x017F;ie nicht belohnt &#x2014; &#x017F;ie fällt.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#KAR">
              <speaker> <hi rendition="#g">Karlos</hi> </speaker><lb/>
              <stage>mit einiger Heftigkeit.</stage><lb/>
              <p> <hi rendition="#et">Nein! Nein!</hi> </p><lb/>
              <stage>Nachdem er heftig auf und nieder gegangen.</stage><lb/>
              <p>Nein, &#x017F;ag&#x2019; ich Dir &#x2014; O wüßte Rodrigo,<lb/>
wie trefflich es ihn kleidet, &#x017F;einem Karl<lb/>
der Seligkeiten göttlich&#x017F;te, den Glauben<lb/>
an men&#x017F;chliche Vortrefflichkeit zu &#x017F;tehlen!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MAR">
              <speaker><hi rendition="#g">Marquis</hi>.</speaker><lb/>
              <p>Verdien&#x2019; ich das? &#x2014; Nein, Liebling meiner Seele,<lb/>
das wollt&#x2019; ich nicht, bei Gott im Himmel<lb/>
nicht! &#x2014;</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">O</fw><lb/>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0217] Zweiter Akt. wie anders alles, was ich hier bemerkte! In angeborner ſtiller Glorie, mit ſorgenloſem Leichtſinn, mit des Anſtands ſchulmäßiger Berechnung unbekannt, gleich ferne von Verwegenheit und Furcht, mit feſtem Heldenſchritte wandelt ſie die ſchmale Mittelbahn des Schicklichen, unwiſſend, daß ſie Anbetung erzwungen, wo ſie von eignem Beifall nie geträumt. Erkennt mein Karl auch hier in dieſem Spiegel auch jetzt noch ſeine Eboli? — Die Fürſtinn blieb ſtandhaft, weil ſie liebte; Liebe war in ihre Tugend wörtlich einbedungen. Du haſt ſie nicht belohnt — ſie fällt. Karlos mit einiger Heftigkeit. Nein! Nein! Nachdem er heftig auf und nieder gegangen. Nein, ſag’ ich Dir — O wüßte Rodrigo, wie trefflich es ihn kleidet, ſeinem Karl der Seligkeiten göttlichſte, den Glauben an menſchliche Vortrefflichkeit zu ſtehlen! Marquis. Verdien’ ich das? — Nein, Liebling meiner Seele, das wollt’ ich nicht, bei Gott im Himmel nicht! — O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/217
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/217>, abgerufen am 25.11.2024.