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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

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Neuntes Buch.
"Erzählst du nicht: daß dort der theure Leyer-Klang,
"Weil er dem Krieger Muth von Sieg und Lorbern sang,
"Den Barden zu dem Haupt desselben Volcks erhoben?
"Wie weißt du dann so viel an jener Schaar zu loben?
85"Wie weißt du dieß und das von jener finstern Zeit?
"Da nichts als mein Gesang die Helden eingeweiht.
"Woher ists dir bekannt? die Barden wirst du sagen,
"Die wußten Ehr und Lob der Helden vorzutragen.
"Ja! Barden: dieß Geschlecht ists, daß den Ruhm besang,
90"Es wußte nichts um dich, nur um den Cither-Klang.
"So wiederhohl' ich frey, daß, was ich jezt besinge,
"Biß in die spätste Welt mit seinem Nachruhm dringe.
Jmmittelst gieng der Greiß, der Sorgen volle Rath
Von seiner Stell' hervor, und sprach: "Der Tugend-Staat
95"Ruht auf der Einigkeit, nicht in dem Streit der Sinnen!
"Durch diesen werden wir, um was man fragt, nicht innen.
"O läge manche That im Abgrund einer Nacht,
"Womit der Griffel sich oft unbelobt gemacht!


[Spaltenumbruch] 86.
"Er-
86. Die Helden-Gesänge dieneten
den alten Deutschen anstatt der Jahr-
Bücher. Tacitus de mor. germ. Die/
welche dergleichen Lieder verfertigten/
und solche bey den Opfern/ Schlachten
und Begräbnissen absungen/ waren
die Barden. Wachter gloss. germ. vo-
cc Barden. ex Marcellino, Diodoro,
[Spaltenumbruch] Hesychio, Lucano & Strabone.
Bey
den Nord-Deutschen hiessen sie Skalder.
Ol. Wormius literat. Run. & Steph. Jo.
Stephanius ex Dissert. M. Olavii.
Jhr
Ansehen war so groß/ daß Hiarn we-
gen eines Gedichtes von den Dänen
so gar zum König erhoben ward. Sa-
xo gramm. & Jo. Meursius. hist. Dan.
K k
Neuntes Buch.
„Erzaͤhlſt du nicht: daß dort der theure Leyer-Klang,
„Weil er dem Krieger Muth von Sieg und Lorbern ſang,
„Den Barden zu dem Haupt deſſelben Volcks erhoben?
„Wie weißt du dann ſo viel an jener Schaar zu loben?
85„Wie weißt du dieß und das von jener finſtern Zeit?
„Da nichts als mein Geſang die Helden eingeweiht.
„Woher iſts dir bekannt? die Barden wirſt du ſagen,
„Die wußten Ehr und Lob der Helden vorzutragen.
„Ja! Barden: dieß Geſchlecht iſts, daß den Ruhm beſang,
90„Es wußte nichts um dich, nur um den Cither-Klang.
„So wiederhohl’ ich frey, daß, was ich jezt beſinge,
„Biß in die ſpaͤtſte Welt mit ſeinem Nachruhm dringe.
Jmmittelſt gieng der Greiß, der Sorgen volle Rath
Von ſeiner Stell’ hervor, und ſprach: „Der Tugend-Staat
95„Ruht auf der Einigkeit, nicht in dem Streit der Sinnen!
„Durch dieſen werden wir, um was man fragt, nicht innen.
„O laͤge manche That im Abgrund einer Nacht,
„Womit der Griffel ſich oft unbelobt gemacht!


[Spaltenumbruch] 86.
„Er-
86. Die Helden-Geſaͤnge dieneten
den alten Deutſchen anſtatt der Jahr-
Buͤcher. Tacitus de mor. germ. Die/
welche dergleichen Lieder verfertigten/
und ſolche bey den Opfern/ Schlachten
und Begraͤbniſſen abſungen/ waren
die Barden. Wachter gloſſ. germ. vo-
cc Barden. ex Marcellino, Diodoro,
[Spaltenumbruch] Heſychio, Lucano & Strabone.
Bey
den Nord-Deutſchen hieſſen ſie Skalder.
Ol. Wormius literat. Run. & Steph. Jo.
Stephanius ex Diſſert. M. Olavii.
Jhr
Anſehen war ſo groß/ daß Hiarn we-
gen eines Gedichtes von den Daͤnen
ſo gar zum Koͤnig erhoben ward. Sa-
xo gramm. & Jo. Meurſius. hiſt. Dan.
K k
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[0067] Neuntes Buch. „Erzaͤhlſt du nicht: daß dort der theure Leyer-Klang, „Weil er dem Krieger Muth von Sieg und Lorbern ſang, „Den Barden zu dem Haupt deſſelben Volcks erhoben? „Wie weißt du dann ſo viel an jener Schaar zu loben? „Wie weißt du dieß und das von jener finſtern Zeit? „Da nichts als mein Geſang die Helden eingeweiht. „Woher iſts dir bekannt? die Barden wirſt du ſagen, „Die wußten Ehr und Lob der Helden vorzutragen. „Ja! Barden: dieß Geſchlecht iſts, daß den Ruhm beſang, „Es wußte nichts um dich, nur um den Cither-Klang. „So wiederhohl’ ich frey, daß, was ich jezt beſinge, „Biß in die ſpaͤtſte Welt mit ſeinem Nachruhm dringe. Jmmittelſt gieng der Greiß, der Sorgen volle Rath Von ſeiner Stell’ hervor, und ſprach: „Der Tugend-Staat „Ruht auf der Einigkeit, nicht in dem Streit der Sinnen! „Durch dieſen werden wir, um was man fragt, nicht innen. „O laͤge manche That im Abgrund einer Nacht, „Womit der Griffel ſich oft unbelobt gemacht! „Er- 86. 86. Die Helden-Geſaͤnge dieneten den alten Deutſchen anſtatt der Jahr- Buͤcher. Tacitus de mor. germ. Die/ welche dergleichen Lieder verfertigten/ und ſolche bey den Opfern/ Schlachten und Begraͤbniſſen abſungen/ waren die Barden. Wachter gloſſ. germ. vo- cc Barden. ex Marcellino, Diodoro, Heſychio, Lucano & Strabone. Bey den Nord-Deutſchen hieſſen ſie Skalder. Ol. Wormius literat. Run. & Steph. Jo. Stephanius ex Diſſert. M. Olavii. Jhr Anſehen war ſo groß/ daß Hiarn we- gen eines Gedichtes von den Daͤnen ſo gar zum Koͤnig erhoben ward. Sa- xo gramm. & Jo. Meurſius. hiſt. Dan. K k

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/67>, abgerufen am 04.05.2024.