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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

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Theresiade
"Erwählet diese Zwey zum vorgesezten Ziel!
"Jch weiß, daß es dem Herz der Königinn gefiel.
"Jch glaube nicht, daß ich durch diesen Vorschlag fehle;
570"Sie seynd der Königinn Vergnügen, Trost; ja Seele.
"Geht, fragt das Vaterland! tragt ihm die Meinung vor!
"Was sagt der Treueste dem Treuesten ins Ohr?
"O schickte GOtt dem Thron, so spricht und sprach man, Erben!
"Sonst muß der Baum des Heils, des Wohlergehns verderben!
575"Jst dieser Ruff euch fremd, so werfft nur einen Blick
"Auf jene Sorg und Furcht, auf jenes Leid zurück,
"Jn dem wir lang verzagt und halb verzweifelnd standen,
"Weil, wo wir hingesehn, wir keine Kinder fanden.
"Die seynd der Völcker Trost, Wunsch, Hoffnung, Zuversicht,
580"Der Kronen Werth und Schmuck, der Staaten Gleichgewicht.
"Wird von der Feinde Groll gleich etwas angesponnen,
"So baut man auf den Glanz dergleichen Morgen-Sonnen.
"Was aber mich betrifft, so seht die Mutter an
"Und sagt, ob mein Bemühn auch mir was nuzen kann.
585
Hier fieng ein Lispeln an die Reihen durch zu schleichen,
Wie wann man Bienen sieht durch einen Garten streichen
Und höret ihr Gesaus, ihr summendes Gemurr;
Dieß war was man darauf, sonst weiter nichts, erfuhr.
Jn diesen Regungen, in dem Gespräch und Zischen
590Stund wieder jemand auf, und redte laut dazwischen:
"Nichts
Thereſiade
„Erwaͤhlet dieſe Zwey zum vorgeſezten Ziel!
„Jch weiß, daß es dem Herz der Koͤniginn gefiel.
„Jch glaube nicht, daß ich durch dieſen Vorſchlag fehle;
570„Sie ſeynd der Koͤniginn Vergnuͤgen, Troſt; ja Seele.
„Geht, fragt das Vaterland! tragt ihm die Meinung vor!
„Was ſagt der Treueſte dem Treueſten ins Ohr?
„O ſchickte GOtt dem Thron, ſo ſpricht und ſprach man, Erben!
„Sonſt muß der Baum des Heils, des Wohlergehns verderben!
575„Jſt dieſer Ruff euch fremd, ſo werfft nur einen Blick
„Auf jene Sorg und Furcht, auf jenes Leid zuruͤck,
„Jn dem wir lang verzagt und halb verzweifelnd ſtanden,
„Weil, wo wir hingeſehn, wir keine Kinder fanden.
„Die ſeynd der Voͤlcker Troſt, Wunſch, Hoffnung, Zuverſicht,
580„Der Kronen Werth und Schmuck, der Staaten Gleichgewicht.
„Wird von der Feinde Groll gleich etwas angeſponnen,
„So baut man auf den Glanz dergleichen Morgen-Sonnen.
„Was aber mich betrifft, ſo ſeht die Mutter an
„Und ſagt, ob mein Bemuͤhn auch mir was nuzen kann.
585
Hier fieng ein Liſpeln an die Reihen durch zu ſchleichen,
Wie wann man Bienen ſieht durch einen Garten ſtreichen
Und hoͤret ihr Geſaus, ihr ſummendes Gemurꝛ;
Dieß war was man darauf, ſonſt weiter nichts, erfuhr.
Jn dieſen Regungen, in dem Geſpraͤch und Ziſchen
590Stund wieder jemand auf, und redte laut dazwiſchen:
„Nichts
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[0058] Thereſiade „Erwaͤhlet dieſe Zwey zum vorgeſezten Ziel! „Jch weiß, daß es dem Herz der Koͤniginn gefiel. „Jch glaube nicht, daß ich durch dieſen Vorſchlag fehle; „Sie ſeynd der Koͤniginn Vergnuͤgen, Troſt; ja Seele. „Geht, fragt das Vaterland! tragt ihm die Meinung vor! „Was ſagt der Treueſte dem Treueſten ins Ohr? „O ſchickte GOtt dem Thron, ſo ſpricht und ſprach man, Erben! „Sonſt muß der Baum des Heils, des Wohlergehns verderben! „Jſt dieſer Ruff euch fremd, ſo werfft nur einen Blick „Auf jene Sorg und Furcht, auf jenes Leid zuruͤck, „Jn dem wir lang verzagt und halb verzweifelnd ſtanden, „Weil, wo wir hingeſehn, wir keine Kinder fanden. „Die ſeynd der Voͤlcker Troſt, Wunſch, Hoffnung, Zuverſicht, „Der Kronen Werth und Schmuck, der Staaten Gleichgewicht. „Wird von der Feinde Groll gleich etwas angeſponnen, „So baut man auf den Glanz dergleichen Morgen-Sonnen. „Was aber mich betrifft, ſo ſeht die Mutter an „Und ſagt, ob mein Bemuͤhn auch mir was nuzen kann. Hier fieng ein Liſpeln an die Reihen durch zu ſchleichen, Wie wann man Bienen ſieht durch einen Garten ſtreichen Und hoͤret ihr Geſaus, ihr ſummendes Gemurꝛ; Dieß war was man darauf, ſonſt weiter nichts, erfuhr. Jn dieſen Regungen, in dem Geſpraͤch und Ziſchen Stund wieder jemand auf, und redte laut dazwiſchen: „Nichts

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/58>, abgerufen am 03.05.2024.