Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Theresiade
"Wir sehen auch wie GOtt den Krieges-Stab geführt;
"Wie sich der Feinde Rath in seinem Schluß geirrt;
55"Und wem ists unbekannt, wie wir durch unsre Waffen
"Der Feinde Macht gewußt die Brustwehr zu verschaffen?
"Sie stiegen mit Gewalt unvorgesehn' empor,
"Und schrieben diesem Thron Maß und Geseze vor.
"Jhr Anzug war ein Strohm, nur nach dem Sieg zu eilen,
60"Und ihrem Willen nach die Länder auszutheilen.
"Sie sorgten um kein Recht, nur um der Krieger Zahl;
"Dann die Gerechtigkeit kam nicht in ihre Wahl.
"Sie zählten unser Heer, das eigene zu messen,
"Und hatten des Geleits, das GOtt uns gab, vergessen.
65"Sie rieffen in der Welt nichts als den Frieden aus;
"Verbargen den Entschluß, daß er auf unserm Haus,
"Auf dessen Untergang und Schutt sich sollte gründen,
"Wann auch die Krieges-Glut das Erd-Rund sollt entzünden.
"Hingegen schickte GOtt uns Beystand, Muth und Rath,
70"Mit welchem unser Heer dem Feind entgegen trat.
"Durch ihn befindet sich der Feind in seinen Schrancken;
"So wissen wir ja nichts als ihm darum zu dancken.
"Noch eines aber ist, das meine Seele rührt,
"Auch vieler Freunde Muth in Furcht und Zweifel führt;
75"Vergönnt, Freundinnen! es in Kürze vorzutragen;
"Der Sache Wichtigkeit verdient, darnach zu fragen:
"Oft
Thereſiade
„Wir ſehen auch wie GOtt den Krieges-Stab gefuͤhrt;
„Wie ſich der Feinde Rath in ſeinem Schluß geirꝛt;
55„Und wem iſts unbekannt, wie wir durch unſre Waffen
„Der Feinde Macht gewußt die Bruſtwehr zu verſchaffen?
„Sie ſtiegen mit Gewalt unvorgeſehn’ empor,
„Und ſchrieben dieſem Thron Maß und Geſeze vor.
„Jhr Anzug war ein Strohm, nur nach dem Sieg zu eilen,
60„Und ihrem Willen nach die Laͤnder auszutheilen.
„Sie ſorgten um kein Recht, nur um der Krieger Zahl;
„Dann die Gerechtigkeit kam nicht in ihre Wahl.
„Sie zaͤhlten unſer Heer, das eigene zu meſſen,
„Und hatten des Geleits, das GOtt uns gab, vergeſſen.
65„Sie rieffen in der Welt nichts als den Frieden aus;
„Verbargen den Entſchluß, daß er auf unſerm Haus,
„Auf deſſen Untergang und Schutt ſich ſollte gruͤnden,
„Wann auch die Krieges-Glut das Erd-Rund ſollt entzuͤnden.
„Hingegen ſchickte GOtt uns Beyſtand, Muth und Rath,
70„Mit welchem unſer Heer dem Feind entgegen trat.
„Durch ihn befindet ſich der Feind in ſeinen Schrancken;
„So wiſſen wir ja nichts als ihm darum zu dancken.
„Noch eines aber iſt, das meine Seele ruͤhrt,
„Auch vieler Freunde Muth in Furcht und Zweifel fuͤhrt;
75„Vergoͤnnt, Freundinnen! es in Kuͤrze vorzutragen;
„Der Sache Wichtigkeit verdient, darnach zu fragen:
„Oft
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0120"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">There&#x017F;iade</hi> </fw><lb/>
            <l>&#x201E;Wir &#x017F;ehen auch wie GOtt den Krieges-Stab gefu&#x0364;hrt;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wie &#x017F;ich der Feinde Rath in &#x017F;einem Schluß geir&#xA75B;t;</l><lb/>
            <l><note place="left">55</note>&#x201E;Und wem i&#x017F;ts unbekannt, wie wir durch un&#x017F;re Waffen</l><lb/>
            <l>&#x201E;Der Feinde Macht gewußt die Bru&#x017F;twehr zu ver&#x017F;chaffen?</l><lb/>
            <l>&#x201E;Sie &#x017F;tiegen mit Gewalt unvorge&#x017F;ehn&#x2019; empor,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Und &#x017F;chrieben die&#x017F;em Thron Maß und Ge&#x017F;eze vor.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Jhr Anzug war ein Strohm, nur nach dem Sieg zu eilen,</l><lb/>
            <l><note place="left">60</note>&#x201E;Und ihrem Willen nach die La&#x0364;nder auszutheilen.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Sie &#x017F;orgten um kein Recht, nur um der Krieger Zahl;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Dann die Gerechtigkeit kam nicht in ihre Wahl.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Sie za&#x0364;hlten un&#x017F;er Heer, das eigene zu me&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Und hatten des Geleits, das GOtt uns gab, verge&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
            <l><note place="left">65</note>&#x201E;Sie rieffen in der Welt nichts als den Frieden aus;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Verbargen den Ent&#x017F;chluß, daß er auf un&#x017F;erm Haus,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Auf de&#x017F;&#x017F;en Untergang und Schutt &#x017F;ich &#x017F;ollte gru&#x0364;nden,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wann auch die Krieges-Glut das Erd-Rund &#x017F;ollt entzu&#x0364;nden.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>&#x201E;Hingegen &#x017F;chickte GOtt uns Bey&#x017F;tand, Muth und Rath,</l><lb/>
            <l><note place="left">70</note>&#x201E;Mit welchem un&#x017F;er Heer dem Feind entgegen trat.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Durch ihn befindet &#x017F;ich der Feind in &#x017F;einen Schrancken;</l><lb/>
            <l>&#x201E;So wi&#x017F;&#x017F;en wir ja nichts als ihm darum zu dancken.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>&#x201E;Noch eines aber i&#x017F;t, das meine Seele ru&#x0364;hrt,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Auch vieler Freunde Muth in Furcht und Zweifel fu&#x0364;hrt;</l><lb/>
            <l><note place="left">75</note>&#x201E;Vergo&#x0364;nnt, Freundinnen! es in Ku&#x0364;rze vorzutragen;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Der Sache Wichtigkeit verdient, darnach zu fragen:</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Oft</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0120] Thereſiade „Wir ſehen auch wie GOtt den Krieges-Stab gefuͤhrt; „Wie ſich der Feinde Rath in ſeinem Schluß geirꝛt; „Und wem iſts unbekannt, wie wir durch unſre Waffen „Der Feinde Macht gewußt die Bruſtwehr zu verſchaffen? „Sie ſtiegen mit Gewalt unvorgeſehn’ empor, „Und ſchrieben dieſem Thron Maß und Geſeze vor. „Jhr Anzug war ein Strohm, nur nach dem Sieg zu eilen, „Und ihrem Willen nach die Laͤnder auszutheilen. „Sie ſorgten um kein Recht, nur um der Krieger Zahl; „Dann die Gerechtigkeit kam nicht in ihre Wahl. „Sie zaͤhlten unſer Heer, das eigene zu meſſen, „Und hatten des Geleits, das GOtt uns gab, vergeſſen. „Sie rieffen in der Welt nichts als den Frieden aus; „Verbargen den Entſchluß, daß er auf unſerm Haus, „Auf deſſen Untergang und Schutt ſich ſollte gruͤnden, „Wann auch die Krieges-Glut das Erd-Rund ſollt entzuͤnden. „Hingegen ſchickte GOtt uns Beyſtand, Muth und Rath, „Mit welchem unſer Heer dem Feind entgegen trat. „Durch ihn befindet ſich der Feind in ſeinen Schrancken; „So wiſſen wir ja nichts als ihm darum zu dancken. „Noch eines aber iſt, das meine Seele ruͤhrt, „Auch vieler Freunde Muth in Furcht und Zweifel fuͤhrt; „Vergoͤnnt, Freundinnen! es in Kuͤrze vorzutragen; „Der Sache Wichtigkeit verdient, darnach zu fragen: „Oft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/120
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/120>, abgerufen am 27.04.2024.