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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

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Theresiade
Es hielten viere noch der andern Kinder Flor,
390Die schwäzt- und lispelten einander in das Ohr.
Hat eines Frühlings Reiz was liebliches zu zeigen,
So war es hier gewiß der Kinder Anblick eigen.
Wann diesen (dünckte mich) GOtt keine Kron' erlaubt,
So bleibet mancher Thron des größten Schmucks beraubt.
395
Gemach vernahmen wir den Königlichen Willen,
Nun mit Zufriedenheit den holden Streit zu stillen.
Daher begaben sich die Tugenden zum Kreiß,
Begnügten sich in Ruh mit dem erhaltnen Preiß;
Jndem Theresia selbst auch nicht ungerühret
400Mit Freuden-vollem Blick die Rede fortgeführet:
"NUn bin ich auch getrost; das machte mir noch bang;
"Jch fühlte biß daher verborgnen Herzens Zwang,
"Den mir der Kinder Sorg in meine Brust gepräget;
"Jch spühre mich dadurch jezt nimmermehr erreget.
405"Jch schmeichle mir mit Fug der wahren Kinder-Zucht;
"Weswegen ich den Saal hauptsächlich heimgesucht.
"Die Lust, mit welcher ihr dieselben habt empfangen,
"Steifft meiner Hoffnung Ziel, und meines Sinns Verlangen.
"Es traffe Tag und Racht in mir die Sähnsucht ein:
410"Wie meiner Kinder Herz könnt wohl-gewöhnet seyn.
"Jch dachte, wie bemüht ihr sonst um mich geschwebet,
"Mit was vor Sorgen ihr nach meinem Wohl gestrebet.
"Jch
Thereſiade
Es hielten viere noch der andern Kinder Flor,
390Die ſchwaͤzt- und liſpelten einander in das Ohr.
Hat eines Fruͤhlings Reiz was liebliches zu zeigen,
So war es hier gewiß der Kinder Anblick eigen.
Wann dieſen (duͤnckte mich) GOtt keine Kron’ erlaubt,
So bleibet mancher Thron des groͤßten Schmucks beraubt.
395
Gemach vernahmen wir den Koͤniglichen Willen,
Nun mit Zufriedenheit den holden Streit zu ſtillen.
Daher begaben ſich die Tugenden zum Kreiß,
Begnuͤgten ſich in Ruh mit dem erhaltnen Preiß;
Jndem Thereſia ſelbſt auch nicht ungeruͤhret
400Mit Freuden-vollem Blick die Rede fortgefuͤhret:
NUn bin ich auch getroſt; das machte mir noch bang;
„Jch fuͤhlte biß daher verborgnen Herzens Zwang,
„Den mir der Kinder Sorg in meine Bruſt gepraͤget;
„Jch ſpuͤhre mich dadurch jezt nimmermehr erreget.
405„Jch ſchmeichle mir mit Fug der wahren Kinder-Zucht;
„Weswegen ich den Saal hauptſaͤchlich heimgeſucht.
„Die Luſt, mit welcher ihr dieſelben habt empfangen,
„Steifft meiner Hoffnung Ziel, und meines Sinns Verlangen.
„Es traffe Tag und Racht in mir die Saͤhnſucht ein:
410„Wie meiner Kinder Herz koͤnnt wohl-gewoͤhnet ſeyn.
„Jch dachte, wie bemuͤht ihr ſonſt um mich geſchwebet,
„Mit was vor Sorgen ihr nach meinem Wohl geſtrebet.
„Jch
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[0108] Thereſiade Es hielten viere noch der andern Kinder Flor, Die ſchwaͤzt- und liſpelten einander in das Ohr. Hat eines Fruͤhlings Reiz was liebliches zu zeigen, So war es hier gewiß der Kinder Anblick eigen. Wann dieſen (duͤnckte mich) GOtt keine Kron’ erlaubt, So bleibet mancher Thron des groͤßten Schmucks beraubt. Gemach vernahmen wir den Koͤniglichen Willen, Nun mit Zufriedenheit den holden Streit zu ſtillen. Daher begaben ſich die Tugenden zum Kreiß, Begnuͤgten ſich in Ruh mit dem erhaltnen Preiß; Jndem Thereſia ſelbſt auch nicht ungeruͤhret Mit Freuden-vollem Blick die Rede fortgefuͤhret: „NUn bin ich auch getroſt; das machte mir noch bang; „Jch fuͤhlte biß daher verborgnen Herzens Zwang, „Den mir der Kinder Sorg in meine Bruſt gepraͤget; „Jch ſpuͤhre mich dadurch jezt nimmermehr erreget. „Jch ſchmeichle mir mit Fug der wahren Kinder-Zucht; „Weswegen ich den Saal hauptſaͤchlich heimgeſucht. „Die Luſt, mit welcher ihr dieſelben habt empfangen, „Steifft meiner Hoffnung Ziel, und meines Sinns Verlangen. „Es traffe Tag und Racht in mir die Saͤhnſucht ein: „Wie meiner Kinder Herz koͤnnt wohl-gewoͤhnet ſeyn. „Jch dachte, wie bemuͤht ihr ſonſt um mich geſchwebet, „Mit was vor Sorgen ihr nach meinem Wohl geſtrebet. „Jch

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/108>, abgerufen am 27.04.2024.