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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Drittes Buch.

"Dem Vaterland zum Heil und ihr zum Nachruhm ziere;
320"Der Feinde Länder-Sucht in engre Grenzen führe.

"Es ist bekannt, wie sich des Adlers Aug erquickt,
"Wann er der Sonne Licht und schärfsten Glanz erblickt.
Kaum hörten wir das Wort, so wandte sie das Auge
Nach ihrem Schild, und sprach: "Hier sehet, was er tauge!
325Die Schilderey des Blats wies, wie der Adler siegt,

Wie Pfeilen-schnell und stolz er durch die Wolcken fliegt.
"Jemehr der Sonne Strahl ihm in das Antliz blizet,
War ferner ihr Gespräch, "jemehr er sich erhizet;
"Er schießt und wirfft den Blick um alle Seiten her,
330"Es wundert ihn der Luft uneingegrenztes Meer,

"Er sieht die Sonne sich durch alle Kreise schwingen,
"Und auf der hohen Bahn der Sterne Licht verdringen:
"Er schäzt und achtet sich als seines gleichens Haupt;
"Vermeint, er wär der Ehr und Majestät beraubt,
335"Wann ihm der Sonne Macht der Augen Krafft entzöge,

"Und er nicht so, wie sie, den Himmel überflöge.
"Er stürzt sich in die Luft, verläßt der Erde Rund;
"Und macht der Sonne selbst sein hohes Wesen kund.
"Sie strahlt ihm ins Gesicht, er trozt mit seinen Augen,
340"Die durch ihr Gegen-Feur das Feuer in sich saugen:

"Er schärfft den kühnen Blick, und achtet keinen Keil,
"Schwingt selber sich so schnell als ein geschoßner Pfeil:

"Durch

Drittes Buch.

„Dem Vaterland zum Heil und ihr zum Nachruhm ziere;
320„Der Feinde Laͤnder-Sucht in engre Grenzen fuͤhre.

„Es iſt bekannt, wie ſich des Adlers Aug erquickt,
„Wann er der Sonne Licht und ſchaͤrfſten Glanz erblickt.
Kaum hoͤrten wir das Wort, ſo wandte ſie das Auge
Nach ihrem Schild, und ſprach: „Hier ſehet, was er tauge!
325Die Schilderey des Blats wies, wie der Adler ſiegt,

Wie Pfeilen-ſchnell und ſtolz er durch die Wolcken fliegt.
„Jemehr der Sonne Strahl ihm in das Antliz blizet,
War ferner ihr Geſpraͤch, „jemehr er ſich erhizet;
„Er ſchießt und wirfft den Blick um alle Seiten her,
330„Es wundert ihn der Luft uneingegrenztes Meer,

„Er ſieht die Sonne ſich durch alle Kreiſe ſchwingen,
„Und auf der hohen Bahn der Sterne Licht verdringen:
„Er ſchaͤzt und achtet ſich als ſeines gleichens Haupt;
„Vermeint, er waͤr der Ehr und Majeſtaͤt beraubt,
335„Wann ihm der Sonne Macht der Augen Krafft entzoͤge,

„Und er nicht ſo, wie ſie, den Himmel uͤberfloͤge.
„Er ſtuͤrzt ſich in die Luft, verlaͤßt der Erde Rund;
„Und macht der Sonne ſelbſt ſein hohes Weſen kund.
„Sie ſtrahlt ihm ins Geſicht, er trozt mit ſeinen Augen,
340„Die durch ihr Gegen-Feur das Feuer in ſich ſaugen:

„Er ſchaͤrfft den kuͤhnen Blick, und achtet keinen Keil,
„Schwingt ſelber ſich ſo ſchnell als ein geſchoßner Pfeil:

„Durch
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[0094] Drittes Buch. „Dem Vaterland zum Heil und ihr zum Nachruhm ziere; „Der Feinde Laͤnder-Sucht in engre Grenzen fuͤhre. „Es iſt bekannt, wie ſich des Adlers Aug erquickt, „Wann er der Sonne Licht und ſchaͤrfſten Glanz erblickt. Kaum hoͤrten wir das Wort, ſo wandte ſie das Auge Nach ihrem Schild, und ſprach: „Hier ſehet, was er tauge! Die Schilderey des Blats wies, wie der Adler ſiegt, Wie Pfeilen-ſchnell und ſtolz er durch die Wolcken fliegt. „Jemehr der Sonne Strahl ihm in das Antliz blizet, War ferner ihr Geſpraͤch, „jemehr er ſich erhizet; „Er ſchießt und wirfft den Blick um alle Seiten her, „Es wundert ihn der Luft uneingegrenztes Meer, „Er ſieht die Sonne ſich durch alle Kreiſe ſchwingen, „Und auf der hohen Bahn der Sterne Licht verdringen: „Er ſchaͤzt und achtet ſich als ſeines gleichens Haupt; „Vermeint, er waͤr der Ehr und Majeſtaͤt beraubt, „Wann ihm der Sonne Macht der Augen Krafft entzoͤge, „Und er nicht ſo, wie ſie, den Himmel uͤberfloͤge. „Er ſtuͤrzt ſich in die Luft, verlaͤßt der Erde Rund; „Und macht der Sonne ſelbſt ſein hohes Weſen kund. „Sie ſtrahlt ihm ins Geſicht, er trozt mit ſeinen Augen, „Die durch ihr Gegen-Feur das Feuer in ſich ſaugen: „Er ſchaͤrfft den kuͤhnen Blick, und achtet keinen Keil, „Schwingt ſelber ſich ſo ſchnell als ein geſchoßner Pfeil: „Durch

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/94>, abgerufen am 06.05.2024.