Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

Theresiade

"Durch sein großmüthiges und unerschrocknes Flügen
"Muß, was ihm wiedersteht, den Klauen unterligen.
345"Er eilt der Sonne zu, verschmäht der Strahlen Spitz;

"Er bricht sie, wafnet sich damit: das ist der Bliz,
"Mit dem er auf den Feind, der ihn erzürnet, wettert,
"Desselben Hochmuth trozt; Wuth, Rach und Macht zerschmettert.

"So schüzt der Adler sich; so schwingt er sich empor;
350"So geht ihm kein Geschlecht der Welt an Hoheit vor.
"So wird der Sterne Reich vom Adler überflogen,
"Und dessentwegen er als König vorgezogen.
"Aus diesem Flug erhellt, was ich erklären will:
"Ob nicht Theresia das vorgesezte Ziel
355"Mit solcher Majestät, mit solchem Muth erreiche,

"Des Adlers Aug' und Muth in ihren Thaten gleiche.
"Jhr sehet, wie beherzt sie nach des Adlers Art
"Jn der Standhafftigkeit der Gegenwehr verharrt.
"Hat sie der Sonne nicht schon Strahlen abgebrochen,
360"Und sich an ihrem Troz mit Majestät gerochen?
"Steigt nun die Majestät mit solcher Pracht empor;
"So kommt der Marmel-Stein mir allzu wenig vor,
"Daß ich um dessen Rang, Besiz und Ehre streite:
"Weil ich mir nichts dadurch zu grösserm Ansehn weihte.
365"Nichts übertrifft den Werth, der meine Tugend ziert;

"Und nichts den Ruhm, womit Theresia regiert.
"So

Thereſiade

„Durch ſein großmuͤthiges und unerſchrocknes Fluͤgen
„Muß, was ihm wiederſteht, den Klauen unterligen.
345„Er eilt der Sonne zu, verſchmaͤht der Strahlen Spitz;

„Er bricht ſie, wafnet ſich damit: das iſt der Bliz,
„Mit dem er auf den Feind, der ihn erzuͤrnet, wettert,
„Deſſelben Hochmuth trozt; Wuth, Rach und Macht zerſchmettert.

„So ſchuͤzt der Adler ſich; ſo ſchwingt er ſich empor;
350„So geht ihm kein Geſchlecht der Welt an Hoheit vor.
„So wird der Sterne Reich vom Adler uͤberflogen,
„Und deſſentwegen er als Koͤnig vorgezogen.
„Aus dieſem Flug erhellt, was ich erklaͤren will:
„Ob nicht Thereſia das vorgeſezte Ziel
355„Mit ſolcher Majeſtaͤt, mit ſolchem Muth erreiche,

„Des Adlers Aug’ und Muth in ihren Thaten gleiche.
„Jhr ſehet, wie beherzt ſie nach des Adlers Art
„Jn der Standhafftigkeit der Gegenwehr verharrt.
„Hat ſie der Sonne nicht ſchon Strahlen abgebrochen,
360„Und ſich an ihrem Troz mit Majeſtaͤt gerochen?
„Steigt nun die Majeſtaͤt mit ſolcher Pracht empor;
„So kommt der Marmel-Stein mir allzu wenig vor,
„Daß ich um deſſen Rang, Beſiz und Ehre ſtreite:
„Weil ich mir nichts dadurch zu groͤſſerm Anſehn weihte.
365„Nichts uͤbertrifft den Werth, der meine Tugend ziert;

„Und nichts den Ruhm, womit Thereſia regiert.
„So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg>
              <l>
                <pb facs="#f0095"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">There&#x017F;iade</hi> </fw>
              </l><lb/>
              <l>&#x201E;Durch &#x017F;ein großmu&#x0364;thiges und uner&#x017F;chrocknes Flu&#x0364;gen</l><lb/>
              <l>&#x201E;Muß, was ihm wieder&#x017F;teht, den Klauen unterligen.<lb/><note place="left">345</note>&#x201E;Er eilt der Sonne zu, ver&#x017F;chma&#x0364;ht der Strahlen Spitz;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Er bricht &#x017F;ie, wafnet &#x017F;ich damit: das i&#x017F;t der Bliz,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Mit dem er auf den Feind, der ihn erzu&#x0364;rnet, wettert,</l><lb/>
              <l>&#x201E;De&#x017F;&#x017F;elben Hochmuth trozt; Wuth, Rach und Macht zer&#x017F;chmettert.</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>&#x201E;So &#x017F;chu&#x0364;zt der Adler &#x017F;ich; &#x017F;o &#x017F;chwingt er &#x017F;ich empor;</l><lb/>
              <l><note place="left">350</note>&#x201E;So geht ihm kein Ge&#x017F;chlecht der Welt an Hoheit vor.</l><lb/>
              <l>&#x201E;So wird der Sterne Reich vom Adler u&#x0364;berflogen,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und de&#x017F;&#x017F;entwegen er als Ko&#x0364;nig vorgezogen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>&#x201E;Aus die&#x017F;em Flug erhellt, was ich erkla&#x0364;ren will:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ob nicht <hi rendition="#fr">There&#x017F;ia</hi> das vorge&#x017F;ezte Ziel<lb/><note place="left">355</note>&#x201E;Mit &#x017F;olcher Maje&#x017F;ta&#x0364;t, mit &#x017F;olchem Muth erreiche,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Des Adlers Aug&#x2019; und Muth in ihren Thaten gleiche.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Jhr &#x017F;ehet, wie beherzt &#x017F;ie nach des Adlers Art</l><lb/>
              <l>&#x201E;Jn der Standhafftigkeit der Gegenwehr verharrt.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Hat &#x017F;ie der Sonne nicht &#x017F;chon Strahlen abgebrochen,<lb/><note place="left">360</note>&#x201E;Und &#x017F;ich an ihrem Troz mit Maje&#x017F;ta&#x0364;t gerochen?</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>&#x201E;Steigt nun die Maje&#x017F;ta&#x0364;t mit &#x017F;olcher Pracht empor;</l><lb/>
              <l>&#x201E;So kommt der Marmel-Stein mir allzu wenig vor,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Daß ich um de&#x017F;&#x017F;en Rang, Be&#x017F;iz und Ehre &#x017F;treite:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Weil ich mir nichts dadurch zu gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erm An&#x017F;ehn weihte.<lb/><note place="left">365</note>&#x201E;Nichts u&#x0364;bertrifft den Werth, der meine Tugend ziert;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und nichts den Ruhm, womit <hi rendition="#fr">There&#x017F;ia</hi> regiert.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;So</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0095] Thereſiade „Durch ſein großmuͤthiges und unerſchrocknes Fluͤgen „Muß, was ihm wiederſteht, den Klauen unterligen. „Er eilt der Sonne zu, verſchmaͤht der Strahlen Spitz; „Er bricht ſie, wafnet ſich damit: das iſt der Bliz, „Mit dem er auf den Feind, der ihn erzuͤrnet, wettert, „Deſſelben Hochmuth trozt; Wuth, Rach und Macht zerſchmettert. „So ſchuͤzt der Adler ſich; ſo ſchwingt er ſich empor; „So geht ihm kein Geſchlecht der Welt an Hoheit vor. „So wird der Sterne Reich vom Adler uͤberflogen, „Und deſſentwegen er als Koͤnig vorgezogen. „Aus dieſem Flug erhellt, was ich erklaͤren will: „Ob nicht Thereſia das vorgeſezte Ziel „Mit ſolcher Majeſtaͤt, mit ſolchem Muth erreiche, „Des Adlers Aug’ und Muth in ihren Thaten gleiche. „Jhr ſehet, wie beherzt ſie nach des Adlers Art „Jn der Standhafftigkeit der Gegenwehr verharrt. „Hat ſie der Sonne nicht ſchon Strahlen abgebrochen, „Und ſich an ihrem Troz mit Majeſtaͤt gerochen? „Steigt nun die Majeſtaͤt mit ſolcher Pracht empor; „So kommt der Marmel-Stein mir allzu wenig vor, „Daß ich um deſſen Rang, Beſiz und Ehre ſtreite: „Weil ich mir nichts dadurch zu groͤſſerm Anſehn weihte. „Nichts uͤbertrifft den Werth, der meine Tugend ziert; „Und nichts den Ruhm, womit Thereſia regiert. „So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/95
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/95>, abgerufen am 06.05.2024.