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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Theresiade
295"Mich leite Furchtsamkeit; dich unerschrocknes Wesen
"Sagst du? so bist du nicht mit uns im Sturm gewesen?
"Und dannoch haben wir die größte Wuth besiegt:
"Wie der Beweiß dem Kreiß und dir vor Augen ligt:
"Warst aber du sowohl als ich im Sturm vorhanden;
300"So weißt du wie beherzt wir alles ausgestanden.

"Allein was nuzt die Frag und dieser eitle Streit?
"Hier ist die Frömmigkeit; dort Unerschrockenheit.

Sie schwieg und sezte sich mit stillem Lächeln nieder,
Da jene sich erwies, als brächte sie darwieder
305Mit neuer Ehr-Begier noch einen Gegensaz:

Allein es stellte sich schon jemand an den Plaz,
Und unterbrach den Streit. So war man zwar zu frieden;
Doch wegen dem Gebäu so viel als nichts entschieden.
EJn herrliches Gesicht, so bald es sich erhöht,
310Erweckte bey dem Kreiß durch seine Majestät

Aufmercksamkeit und Acht. Es war der Fürsten Zierde,
Ja selbst die Majestät, die mit Verstand und Würde
Zum reden fertig stund, nachdem sie einen Schild,
Den sie zu mehrer Pracht und Hoheit vor sich hielt,
315Gemach erhob, und sprach: "Mein Absehn und Verlangen

"Jst biß auf diese Zeit allein dahin gegangen,
"Daß ich die Königinn durch jener Kronen Pracht,
"Die meine Majestät mir eigenthumlich macht,
"Dem

Thereſiade
295„Mich leite Furchtſamkeit; dich unerſchrocknes Weſen
„Sagſt du? ſo biſt du nicht mit uns im Sturm geweſen?
„Und dannoch haben wir die groͤßte Wuth beſiegt:
„Wie der Beweiß dem Kreiß und dir vor Augen ligt:
„Warſt aber du ſowohl als ich im Sturm vorhanden;
300„So weißt du wie beherzt wir alles ausgeſtanden.

„Allein was nuzt die Frag und dieſer eitle Streit?
„Hier iſt die Froͤmmigkeit; dort Unerſchrockenheit.

Sie ſchwieg und ſezte ſich mit ſtillem Laͤcheln nieder,
Da jene ſich erwies, als braͤchte ſie darwieder
305Mit neuer Ehr-Begier noch einen Gegenſaz:

Allein es ſtellte ſich ſchon jemand an den Plaz,
Und unterbrach den Streit. So war man zwar zu frieden;
Doch wegen dem Gebaͤu ſo viel als nichts entſchieden.
EJn herꝛliches Geſicht, ſo bald es ſich erhoͤht,
310Erweckte bey dem Kreiß durch ſeine Majeſtaͤt

Aufmerckſamkeit und Acht. Es war der Fuͤrſten Zierde,
Ja ſelbſt die Majeſtaͤt, die mit Verſtand und Wuͤrde
Zum reden fertig ſtund, nachdem ſie einen Schild,
Den ſie zu mehrer Pracht und Hoheit vor ſich hielt,
315Gemach erhob, und ſprach: „Mein Abſehn und Verlangen

„Jſt biß auf dieſe Zeit allein dahin gegangen,
„Daß ich die Koͤniginn durch jener Kronen Pracht,
„Die meine Majeſtaͤt mir eigenthumlich macht,
„Dem
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[0093] Thereſiade „Mich leite Furchtſamkeit; dich unerſchrocknes Weſen „Sagſt du? ſo biſt du nicht mit uns im Sturm geweſen? „Und dannoch haben wir die groͤßte Wuth beſiegt: „Wie der Beweiß dem Kreiß und dir vor Augen ligt: „Warſt aber du ſowohl als ich im Sturm vorhanden; „So weißt du wie beherzt wir alles ausgeſtanden. „Allein was nuzt die Frag und dieſer eitle Streit? „Hier iſt die Froͤmmigkeit; dort Unerſchrockenheit. Sie ſchwieg und ſezte ſich mit ſtillem Laͤcheln nieder, Da jene ſich erwies, als braͤchte ſie darwieder Mit neuer Ehr-Begier noch einen Gegenſaz: Allein es ſtellte ſich ſchon jemand an den Plaz, Und unterbrach den Streit. So war man zwar zu frieden; Doch wegen dem Gebaͤu ſo viel als nichts entſchieden. EJn herꝛliches Geſicht, ſo bald es ſich erhoͤht, Erweckte bey dem Kreiß durch ſeine Majeſtaͤt Aufmerckſamkeit und Acht. Es war der Fuͤrſten Zierde, Ja ſelbſt die Majeſtaͤt, die mit Verſtand und Wuͤrde Zum reden fertig ſtund, nachdem ſie einen Schild, Den ſie zu mehrer Pracht und Hoheit vor ſich hielt, Gemach erhob, und ſprach: „Mein Abſehn und Verlangen „Jſt biß auf dieſe Zeit allein dahin gegangen, „Daß ich die Koͤniginn durch jener Kronen Pracht, „Die meine Majeſtaͤt mir eigenthumlich macht, „Dem

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/93>, abgerufen am 06.05.2024.