Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch.
"Kein Ungestüm vergaß sich wieder sie zu bäumen;
"Die Wässer funckelten für Grimmen-vollem Schäumen.
225"So gar der Wolcken Grau wies Rach und Zorn daran,
"Verhüllte Lufft und Meer, und den bestürmten Kahn;
"Der Schrecken häuffte sich; der Hoffnungs-Ancker krachte,
"Jndem die schwartze Luft den Keilen Weege machte,
"Wodurch des Donners Macht, Bliz, Feur und Hagel schoß,
230"Das Hoffnungs-blosse Schiff in Gräßlichkeit verschloß.
"Mich greifft ein Schauer an; Mund, Herz und Stimme zittern,
"Wann ich des schwächsten Schlags von diesen Ungewittern
"Mich noch erinnere: wie das erboßte Feur
"Des Hochmuths sich empört: mit was vor Abentheur
235"Das wallende Gebürg den Rachen aufgeblehet,
"Und um desselben Schlund das Schiff herum gedrehet.
"Erzählt mir, Wertheste! wie sich Theresia
"Jn der Gefahr erwies! wer war zum Helffen da?
"Was halff die kühne Faust, Standhafftigkeit der Sinnen,
240"Ein unerschrockner Geist, die Winde zu gewinnen?
"Das Meer trozt jede Macht. Die Nadel und der Pol,
"An diesen hieng das Schiff, Glück, Rettung, Heil und Wohl.

"Das Auge GOttes war der Pol, auf den wir schauten;
"Nach dessen Blick und Winck wir uns dem Meer vertrauten;
245"Das Herz der Königinn war Nadel und Compaß,
"Den weder Flutt, noch Wind, noch Jrrlicht von der Straß,
"Vom
L 2

Drittes Buch.
„Kein Ungeſtuͤm vergaß ſich wieder ſie zu baͤumen;
„Die Waͤſſer funckelten fuͤr Grimmen-vollem Schaͤumen.
225„So gar der Wolcken Grau wies Rach und Zorn daran,
„Verhuͤllte Lufft und Meer, und den beſtuͤrmten Kahn;
„Der Schrecken haͤuffte ſich; der Hoffnungs-Ancker krachte,
„Jndem die ſchwartze Luft den Keilen Weege machte,
„Wodurch des Donners Macht, Bliz, Feur und Hagel ſchoß,
230„Das Hoffnungs-bloſſe Schiff in Graͤßlichkeit verſchloß.
„Mich greifft ein Schauer an; Mund, Herz und Stim̃e zittern,
„Wann ich des ſchwaͤchſten Schlags von dieſen Ungewittern
„Mich noch erinnere: wie das erboßte Feur
„Des Hochmuths ſich empoͤrt: mit was vor Abentheur
235„Das wallende Gebuͤrg den Rachen aufgeblehet,
„Und um deſſelben Schlund das Schiff herum gedrehet.
„Erzaͤhlt mir, Wertheſte! wie ſich Thereſia
„Jn der Gefahr erwies! wer war zum Helffen da?
„Was halff die kuͤhne Fauſt, Standhafftigkeit der Sinnen,
240„Ein unerſchrockner Geiſt, die Winde zu gewinnen?
„Das Meer trozt jede Macht. Die Nadel und der Pol,
„An dieſen hieng das Schiff, Gluͤck, Rettung, Heil und Wohl.

„Das Auge GOttes war der Pol, auf den wir ſchauten;
„Nach deſſen Blick und Winck wir uns dem Meer vertrauten;
245„Das Herz der Koͤniginn war Nadel und Compaß,
„Den weder Flutt, noch Wind, noch Jrꝛlicht von der Straß,
„Vom
L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg>
              <pb facs="#f0090"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi> </fw><lb/>
              <l>&#x201E;Kein Unge&#x017F;tu&#x0364;m vergaß &#x017F;ich wieder &#x017F;ie zu ba&#x0364;umen;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die Wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er funckelten fu&#x0364;r Grimmen-vollem Scha&#x0364;umen.</l><lb/>
              <l><note place="left">225</note>&#x201E;So gar der Wolcken Grau wies Rach und Zorn daran,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Verhu&#x0364;llte Lufft und Meer, und den be&#x017F;tu&#x0364;rmten Kahn;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der Schrecken ha&#x0364;uffte &#x017F;ich; der Hoffnungs-Ancker krachte,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Jndem die &#x017F;chwartze Luft den Keilen Weege machte,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wodurch des Donners Macht, Bliz, Feur und Hagel &#x017F;choß,</l><lb/>
              <l><note place="left">230</note>&#x201E;Das Hoffnungs-blo&#x017F;&#x017F;e Schiff in Gra&#x0364;ßlichkeit ver&#x017F;chloß.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Mich greifft ein Schauer an; Mund, Herz und Stim&#x0303;e zittern,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wann ich des &#x017F;chwa&#x0364;ch&#x017F;ten Schlags von die&#x017F;en Ungewittern</l><lb/>
              <l>&#x201E;Mich noch erinnere: wie das erboßte Feur</l><lb/>
              <l>&#x201E;Des Hochmuths &#x017F;ich empo&#x0364;rt: mit was vor Abentheur</l><lb/>
              <l><note place="left">235</note>&#x201E;Das wallende Gebu&#x0364;rg den Rachen aufgeblehet,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und um de&#x017F;&#x017F;elben Schlund das Schiff herum gedrehet.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Erza&#x0364;hlt mir, Werthe&#x017F;te! wie &#x017F;ich <hi rendition="#fr">There&#x017F;ia</hi></l><lb/>
              <l>&#x201E;Jn der Gefahr erwies! wer war zum Helffen da?</l><lb/>
              <l>&#x201E;Was halff die ku&#x0364;hne Fau&#x017F;t, Standhafftigkeit der Sinnen,</l><lb/>
              <l><note place="left">240</note>&#x201E;Ein uner&#x017F;chrockner Gei&#x017F;t, die Winde zu gewinnen?</l><lb/>
              <l>&#x201E;Das Meer trozt jede Macht. Die Nadel und der Pol,</l><lb/>
              <l>&#x201E;An die&#x017F;en hieng das Schiff, Glu&#x0364;ck, Rettung, Heil und Wohl.</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>&#x201E;Das Auge GOttes war der Pol, auf den wir &#x017F;chauten;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Nach de&#x017F;&#x017F;en Blick und Winck wir uns dem Meer vertrauten;</l><lb/>
              <l><note place="left">245</note>&#x201E;Das Herz der Ko&#x0364;niginn war Nadel und Compaß,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Den weder Flutt, noch Wind, noch Jr&#xA75B;licht von der Straß,</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">L 2</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Vom</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0090] Drittes Buch. „Kein Ungeſtuͤm vergaß ſich wieder ſie zu baͤumen; „Die Waͤſſer funckelten fuͤr Grimmen-vollem Schaͤumen. „So gar der Wolcken Grau wies Rach und Zorn daran, „Verhuͤllte Lufft und Meer, und den beſtuͤrmten Kahn; „Der Schrecken haͤuffte ſich; der Hoffnungs-Ancker krachte, „Jndem die ſchwartze Luft den Keilen Weege machte, „Wodurch des Donners Macht, Bliz, Feur und Hagel ſchoß, „Das Hoffnungs-bloſſe Schiff in Graͤßlichkeit verſchloß. „Mich greifft ein Schauer an; Mund, Herz und Stim̃e zittern, „Wann ich des ſchwaͤchſten Schlags von dieſen Ungewittern „Mich noch erinnere: wie das erboßte Feur „Des Hochmuths ſich empoͤrt: mit was vor Abentheur „Das wallende Gebuͤrg den Rachen aufgeblehet, „Und um deſſelben Schlund das Schiff herum gedrehet. „Erzaͤhlt mir, Wertheſte! wie ſich Thereſia „Jn der Gefahr erwies! wer war zum Helffen da? „Was halff die kuͤhne Fauſt, Standhafftigkeit der Sinnen, „Ein unerſchrockner Geiſt, die Winde zu gewinnen? „Das Meer trozt jede Macht. Die Nadel und der Pol, „An dieſen hieng das Schiff, Gluͤck, Rettung, Heil und Wohl. „Das Auge GOttes war der Pol, auf den wir ſchauten; „Nach deſſen Blick und Winck wir uns dem Meer vertrauten; „Das Herz der Koͤniginn war Nadel und Compaß, „Den weder Flutt, noch Wind, noch Jrꝛlicht von der Straß, „Vom L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/90
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/90>, abgerufen am 06.05.2024.