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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Erstes Buch.
Nichts? antwort! konntst du nicht gedencken und errathen,
Daß sie sich ihrem Nest, weil es so spät ist, nahten?
Was frag' ich ihnen nach, gedacht' ich still bey mir:
170O daß Thalia mich bald aus der Jrre führ!

Wir kamen aber stets dem Feuer-Kreisse näher;
Verliessen nach und nach bald langsamer, bald gäher
Die Bodenlose Bahn. Und endlich zeigte sich
Gantz nah der volle Glantz, der mir verwunderlich
175Der Augen-Macht bezwang. Wie sonst der Sonne Strahlen
Ein Blumen-Beet, ein Glaß, die Wasser Flächen mahlen;
So warf das helle Rund ein blitzend Licht herum,
Als wär in selbigem des Tages Eigenthum:
Jch sahe Luft und Land mit Schimmer ausgeschmücket:
180Nichts bliebe von dem Glantz des Feuers unbestricket.
Thalia wandt sich um, und sah mich lächlend an:
Jch aber sähnte mich nach einer festen Bahn:
Sie stutzt'; ich hörte gäh frohlocken, ruffen, singen,
Auch den Trompeten-Schall aus diesem Feuer dringen:
185Vernimm, sagt' ich, wie man verschiedne Nahmen nennt:
"Es leb Theresia! es leb der Mit-Regent!
Ein Joseph und ein Carl durchklungen alle Reihen;
Der allermeiste Ruff war nur von diesen zweyen.
Wir schauten in den Glantz; doch war mir unbekannt;
190Wie der Bezirck von Lust, zugleich von Feur entbrannt.
Wir
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Erſtes Buch.
Nichts? antwort! konntſt du nicht gedencken und errathen,
Daß ſie ſich ihrem Neſt, weil es ſo ſpaͤt iſt, nahten?
Was frag’ ich ihnen nach, gedacht’ ich ſtill bey mir:
170O daß Thalia mich bald aus der Jrre fuͤhr!

Wir kamen aber ſtets dem Feuer-Kreiſſe naͤher;
Verlieſſen nach und nach bald langſamer, bald gaͤher
Die Bodenloſe Bahn. Und endlich zeigte ſich
Gantz nah der volle Glantz, der mir verwunderlich
175Der Augen-Macht bezwang. Wie ſonſt der Sonne Strahlen
Ein Blumen-Beet, ein Glaß, die Waſſer Flaͤchen mahlen;
So warf das helle Rund ein blitzend Licht herum,
Als waͤr in ſelbigem des Tages Eigenthum:
Jch ſahe Luft und Land mit Schimmer ausgeſchmuͤcket:
180Nichts bliebe von dem Glantz des Feuers unbeſtricket.
Thalia wandt ſich um, und ſah mich laͤchlend an:
Jch aber ſaͤhnte mich nach einer feſten Bahn:
Sie ſtutzt’; ich hoͤrte gaͤh frohlocken, ruffen, ſingen,
Auch den Trompeten-Schall aus dieſem Feuer dringen:
185Vernimm, ſagt’ ich, wie man verſchiedne Nahmen nennt:
„Es leb Thereſia! es leb der Mit-Regent!
Ein Joſeph und ein Carl durchklungen alle Reihen;
Der allermeiſte Ruff war nur von dieſen zweyen.
Wir ſchauten in den Glantz; doch war mir unbekannt;
190Wie der Bezirck von Luſt, zugleich von Feur entbrannt.
Wir
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[0032] Erſtes Buch. Nichts? antwort! konntſt du nicht gedencken und errathen, Daß ſie ſich ihrem Neſt, weil es ſo ſpaͤt iſt, nahten? Was frag’ ich ihnen nach, gedacht’ ich ſtill bey mir: O daß Thalia mich bald aus der Jrre fuͤhr! Wir kamen aber ſtets dem Feuer-Kreiſſe naͤher; Verlieſſen nach und nach bald langſamer, bald gaͤher Die Bodenloſe Bahn. Und endlich zeigte ſich Gantz nah der volle Glantz, der mir verwunderlich Der Augen-Macht bezwang. Wie ſonſt der Sonne Strahlen Ein Blumen-Beet, ein Glaß, die Waſſer Flaͤchen mahlen; So warf das helle Rund ein blitzend Licht herum, Als waͤr in ſelbigem des Tages Eigenthum: Jch ſahe Luft und Land mit Schimmer ausgeſchmuͤcket: Nichts bliebe von dem Glantz des Feuers unbeſtricket. Thalia wandt ſich um, und ſah mich laͤchlend an: Jch aber ſaͤhnte mich nach einer feſten Bahn: Sie ſtutzt’; ich hoͤrte gaͤh frohlocken, ruffen, ſingen, Auch den Trompeten-Schall aus dieſem Feuer dringen: Vernimm, ſagt’ ich, wie man verſchiedne Nahmen nennt: „Es leb Thereſia! es leb der Mit-Regent! Ein Joſeph und ein Carl durchklungen alle Reihen; Der allermeiſte Ruff war nur von dieſen zweyen. Wir ſchauten in den Glantz; doch war mir unbekannt; Wie der Bezirck von Luſt, zugleich von Feur entbrannt. Wir D

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/32>, abgerufen am 19.04.2024.