Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Theresiade
105
"Ja dieses ist die Zeit, die selber sich ergözt;
"Weil sich die Freundlichkeit in ihre Reihen sezt.
"Das ganze Welt-Gebäu wird wieder ausgezieret,
"Als wurde dessen Pracht von neuem aufgeführet.
"Sag uns Theresia! wer eine Frühlings-Au
110"Mit solcher Wachsamkeit, so fruh, als du, beschau?

"Du glaubest und erfährst, es sey nicht mehr zu richten,
"Als in der Morgen-Stund bey neu-begrünten Fichten.
"Kaum überzieht das Gold der Sonne den Palast,
"So steht Theresia schon an dem Thor gefaßt,
115"Noch durch die Demmerung des Tages Schein zu grüssen,

"Und jene sanfte Lust im Garten zu geniessen.
"An einem Blumen-Beet, an einem hellen Bach,
"Jm Graß, an einem Baum, da ist ihr Staats-Gemach;
"Da untersuchet sie die Kriegs- und Friedens-Schriften;
120"Da sinnt sie nach, dem Land gewünschtes Wohl zu stiften;

"Sie folgt der Sonne Licht; dieß dringt ins tiefste Thal:
"So sindt sich ihre Sorg' und Einsicht überall.
"O mehr als irrdischer für uns gepflanzter Garten!
"Vermag ein anderer der Welt dir nachzuarten?
125"Du prangst mit einem Schaz, mit einer Wunder-Bluhm:

"Der, so die Welt beblühmt, nennt sie sein Eigenthum.
"Er ists, der sie bewahrt, vor Ungemach beschirmet,
"Jndem das Krieges-Schwert die ganze Welt bestürmet.
"Mein
Thereſiade
105
„Ja dieſes iſt die Zeit, die ſelber ſich ergoͤzt;
„Weil ſich die Freundlichkeit in ihre Reihen ſezt.
„Das ganze Welt-Gebaͤu wird wieder ausgezieret,
„Als wurde deſſen Pracht von neuem aufgefuͤhret.
„Sag uns Thereſia! wer eine Fruͤhlings-Au
110„Mit ſolcher Wachſamkeit, ſo fruh, als du, beſchau?

„Du glaubeſt und erfaͤhrſt, es ſey nicht mehr zu richten,
„Als in der Morgen-Stund bey neu-begruͤnten Fichten.
„Kaum uͤberzieht das Gold der Sonne den Palaſt,
„So ſteht Thereſia ſchon an dem Thor gefaßt,
115„Noch durch die Demmerung des Tages Schein zu gruͤſſen,

„Und jene ſanfte Luſt im Garten zu genieſſen.
„An einem Blumen-Beet, an einem hellen Bach,
„Jm Graß, an einem Baum, da iſt ihr Staats-Gemach;
„Da unterſuchet ſie die Kriegs- und Friedens-Schriften;
120„Da ſinnt ſie nach, dem Land gewuͤnſchtes Wohl zu ſtiften;

„Sie folgt der Sonne Licht; dieß dringt ins tiefſte Thal:
„So ſindt ſich ihre Sorg’ und Einſicht uͤberall.
„O mehr als irꝛdiſcher fuͤr uns gepflanzter Garten!
„Vermag ein anderer der Welt dir nachzuarten?
125„Du prangſt mit einem Schaz, mit einer Wunder-Bluhm:

„Der, ſo die Welt bebluͤhmt, nennt ſie ſein Eigenthum.
„Er iſts, der ſie bewahrt, vor Ungemach beſchirmet,
„Jndem das Krieges-Schwert die ganze Welt beſtuͤrmet.
„Mein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0153"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">There&#x017F;iade</hi> </fw><lb/>
            <note place="left">105</note>
            <lg>
              <l>&#x201E;Ja die&#x017F;es i&#x017F;t die Zeit, die &#x017F;elber &#x017F;ich ergo&#x0364;zt;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Weil &#x017F;ich die Freundlichkeit in ihre Reihen &#x017F;ezt.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Das ganze Welt-Geba&#x0364;u wird wieder ausgezieret,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Als wurde de&#x017F;&#x017F;en Pracht von neuem aufgefu&#x0364;hret.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Sag uns <hi rendition="#fr">There&#x017F;ia!</hi> wer eine Fru&#x0364;hlings-Au<lb/><note place="left">110</note>&#x201E;Mit &#x017F;olcher Wach&#x017F;amkeit, &#x017F;o fruh, als du, be&#x017F;chau?</l><lb/>
              <l>&#x201E;Du glaube&#x017F;t und erfa&#x0364;hr&#x017F;t, es &#x017F;ey nicht mehr zu richten,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Als in der Morgen-Stund bey neu-begru&#x0364;nten Fichten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>&#x201E;Kaum u&#x0364;berzieht das Gold der Sonne den Pala&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>&#x201E;So &#x017F;teht <hi rendition="#fr">There&#x017F;ia</hi> &#x017F;chon an dem Thor gefaßt,<lb/><note place="left">115</note>&#x201E;Noch durch die Demmerung des Tages Schein zu gru&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und jene &#x017F;anfte Lu&#x017F;t im Garten zu genie&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
              <l>&#x201E;An einem Blumen-Beet, an einem hellen Bach,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Jm Graß, an einem Baum, da i&#x017F;t ihr Staats-Gemach;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Da unter&#x017F;uchet &#x017F;ie die Kriegs- und Friedens-Schriften;<lb/><note place="left">120</note>&#x201E;Da &#x017F;innt &#x017F;ie nach, dem Land gewu&#x0364;n&#x017F;chtes Wohl zu &#x017F;tiften;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Sie folgt der Sonne Licht; dieß dringt ins tief&#x017F;te Thal:</l><lb/>
              <l>&#x201E;So &#x017F;indt &#x017F;ich ihre Sorg&#x2019; und Ein&#x017F;icht u&#x0364;berall.</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>&#x201E;O mehr als ir&#xA75B;di&#x017F;cher fu&#x0364;r uns gepflanzter Garten!</l><lb/>
              <l>&#x201E;Vermag ein anderer der Welt dir nachzuarten?<lb/><note place="left">125</note>&#x201E;Du prang&#x017F;t mit einem Schaz, mit einer Wunder-Bluhm:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der, &#x017F;o die Welt beblu&#x0364;hmt, nennt &#x017F;ie &#x017F;ein Eigenthum.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Er i&#x017F;ts, der &#x017F;ie bewahrt, vor Ungemach be&#x017F;chirmet,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Jndem das Krieges-Schwert die ganze Welt be&#x017F;tu&#x0364;rmet.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Mein</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0153] Thereſiade „Ja dieſes iſt die Zeit, die ſelber ſich ergoͤzt; „Weil ſich die Freundlichkeit in ihre Reihen ſezt. „Das ganze Welt-Gebaͤu wird wieder ausgezieret, „Als wurde deſſen Pracht von neuem aufgefuͤhret. „Sag uns Thereſia! wer eine Fruͤhlings-Au „Mit ſolcher Wachſamkeit, ſo fruh, als du, beſchau? „Du glaubeſt und erfaͤhrſt, es ſey nicht mehr zu richten, „Als in der Morgen-Stund bey neu-begruͤnten Fichten. „Kaum uͤberzieht das Gold der Sonne den Palaſt, „So ſteht Thereſia ſchon an dem Thor gefaßt, „Noch durch die Demmerung des Tages Schein zu gruͤſſen, „Und jene ſanfte Luſt im Garten zu genieſſen. „An einem Blumen-Beet, an einem hellen Bach, „Jm Graß, an einem Baum, da iſt ihr Staats-Gemach; „Da unterſuchet ſie die Kriegs- und Friedens-Schriften; „Da ſinnt ſie nach, dem Land gewuͤnſchtes Wohl zu ſtiften; „Sie folgt der Sonne Licht; dieß dringt ins tiefſte Thal: „So ſindt ſich ihre Sorg’ und Einſicht uͤberall. „O mehr als irꝛdiſcher fuͤr uns gepflanzter Garten! „Vermag ein anderer der Welt dir nachzuarten? „Du prangſt mit einem Schaz, mit einer Wunder-Bluhm: „Der, ſo die Welt bebluͤhmt, nennt ſie ſein Eigenthum. „Er iſts, der ſie bewahrt, vor Ungemach beſchirmet, „Jndem das Krieges-Schwert die ganze Welt beſtuͤrmet. „Mein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/153
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/153>, abgerufen am 21.11.2024.