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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Viertes Buch.

"Das Herz der Königinn halff alles so zu schlichten,
"Daß unsers Gegners Krieg nichts war, als Nichts verrichten.

"Wir seufzten um das Land, um das verlohrne Gut,
130"Und hatten nichts zur Hilff als Herz, Vertraun und Muth,

"Nebst Waffen-blossem Recht auf die bedrängte Staaten,
"Die sich schon der Gewalt des Schwerts ergeben hatten.
"Was fande man so nicht schon Mord und Brand erfuhr?
"Fast jede Strasse war des Land-Verderbens Spur.
135"Die Länder düffteten vom Graus erwürgter Leichen,

"Der Landmann floh davon der Knechtschaft auszuweichen;
"Ja was zu klagen war, und noch entsezen mag
"Jst, daß so Dorff als Feld und Land verwüstet lag,
"Und viele Städte nichts als jenen Schuz verfluchten,
140"Den sie bey jenem nicht, der sie beschüzte, suchten.
"So kam es nur an mich: die Weisheit, hörte man,
"Jsts welche der Gewalt ein Ende machen kann.
"Und recht: man fand auch nichts von mir unausgesonnen,
"Gleich hatt' ich Lieb und Treu des Vaterlands gewonnen.
145"Gleich sah man Schaar auf Schaar den Fahnen nachzuziehn,

"Und jeden treuen Blick für Rach-Begierde glühn;
"Die Strassen wimmelten von Rüstungen und Leuten,
"Die für die Königinn zu fechten sich erfreuten.
"Da riß man Häuser um, dort stunden Mauren auf,
150"Hier gab man einem Fluß um Stadt und Wall den Lauf.
"Der
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Viertes Buch.

„Das Herz der Koͤniginn halff alles ſo zu ſchlichten,
„Daß unſers Gegners Krieg nichts war, als Nichts verrichten.

„Wir ſeufzten um das Land, um das verlohrne Gut,
130„Und hatten nichts zur Hilff als Herz, Vertraun und Muth,

„Nebſt Waffen-bloſſem Recht auf die bedraͤngte Staaten,
„Die ſich ſchon der Gewalt des Schwerts ergeben hatten.
„Was fande man ſo nicht ſchon Mord und Brand erfuhr?
„Faſt jede Straſſe war des Land-Verderbens Spur.
135„Die Laͤnder duͤffteten vom Graus erwuͤrgter Leichen,

„Der Landmann floh davon der Knechtſchaft auszuweichen;
„Ja was zu klagen war, und noch entſezen mag
„Jſt, daß ſo Dorff als Feld und Land verwuͤſtet lag,
„Und viele Staͤdte nichts als jenen Schuz verfluchten,
140„Den ſie bey jenem nicht, der ſie beſchuͤzte, ſuchten.
„So kam es nur an mich: die Weisheit, hoͤrte man,
„Jſts welche der Gewalt ein Ende machen kann.
„Und recht: man fand auch nichts von mir unausgeſonnen,
„Gleich hatt’ ich Lieb und Treu des Vaterlands gewonnen.
145„Gleich ſah man Schaar auf Schaar den Fahnen nachzuziehn,

„Und jeden treuen Blick fuͤr Rach-Begierde gluͤhn;
„Die Straſſen wimmelten von Ruͤſtungen und Leuten,
„Die fuͤr die Koͤniginn zu fechten ſich erfreuten.
„Da riß man Haͤuſer um, dort ſtunden Mauren auf,
150„Hier gab man einem Fluß um Stadt und Wall den Lauf.
„Der
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[0122] Viertes Buch. „Das Herz der Koͤniginn halff alles ſo zu ſchlichten, „Daß unſers Gegners Krieg nichts war, als Nichts verrichten. „Wir ſeufzten um das Land, um das verlohrne Gut, „Und hatten nichts zur Hilff als Herz, Vertraun und Muth, „Nebſt Waffen-bloſſem Recht auf die bedraͤngte Staaten, „Die ſich ſchon der Gewalt des Schwerts ergeben hatten. „Was fande man ſo nicht ſchon Mord und Brand erfuhr? „Faſt jede Straſſe war des Land-Verderbens Spur. „Die Laͤnder duͤffteten vom Graus erwuͤrgter Leichen, „Der Landmann floh davon der Knechtſchaft auszuweichen; „Ja was zu klagen war, und noch entſezen mag „Jſt, daß ſo Dorff als Feld und Land verwuͤſtet lag, „Und viele Staͤdte nichts als jenen Schuz verfluchten, „Den ſie bey jenem nicht, der ſie beſchuͤzte, ſuchten. „So kam es nur an mich: die Weisheit, hoͤrte man, „Jſts welche der Gewalt ein Ende machen kann. „Und recht: man fand auch nichts von mir unausgeſonnen, „Gleich hatt’ ich Lieb und Treu des Vaterlands gewonnen. „Gleich ſah man Schaar auf Schaar den Fahnen nachzuziehn, „Und jeden treuen Blick fuͤr Rach-Begierde gluͤhn; „Die Straſſen wimmelten von Ruͤſtungen und Leuten, „Die fuͤr die Koͤniginn zu fechten ſich erfreuten. „Da riß man Haͤuſer um, dort ſtunden Mauren auf, „Hier gab man einem Fluß um Stadt und Wall den Lauf. „Der P 2

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/122>, abgerufen am 04.05.2024.