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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

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Jtalien ligen/ vil wärmer gespüret wird/ als in anderen/ so jenseits den Alp-
gebirgen gegen Norden ligen/ und einen zwar auch warmen/ aber mit vilen
Schnee- und Eißtheilchen vermischten Mittagwind haben. Obbeschrie-
bener verschiedenheit des Splüger-lufts gedenket auch Burnet Voyag. de
Suisse. p. 168.
Gehet man weiters über dise Baumlose ebene des Splü-
gerbergs fort/ so triffet man ohngefahr eine stunde vom Wirthshauß an ei-
ne öde Herberg/ ohne Wirth/ so gleichwol mit Mauren eingefasset/ damit
die Saumer/ und Saumpferde/ bey anstehendem Ungewitter sich unter das
Tach begeben können. Hier/ bey dem Hause/ kan der Reisende ein Abbil-
dung haben der Orientalischen Reisen/ und auch deren/ welche durch Spa-
nien vorgenommen werden/ da man namlich muß mitbringen/ was man
wil zehren/ und der Reisende eine doppelte Person des Wirths und Gasts
zugleich vertrittet. Wo man den Berg abzusteigen anfangt/ stehet ein al-
ter/ mit dicken/ und starken Mauren versehener Thurn/ welcher zweifels ohne
vor disem ist gebraucht worden an statt einer Hochwacht/ von welcher man
zugleich im fahl der noht sich hat/ gleich als auß einer Vestung/ wehren kön-
nen. Das erste Dorf/ so jenselt des Bergs/ annoch auf dem Berge liget/ ist
Madesen, welches vor das Tarvesedum der alten gehalten wird von Gu-
ler. Raet. p. 194. b.
Da hingegen andere/ als Tschudius Helvet. Antiq.
Msc. Plantin Helvet. antiq. & nov. p. 347. Simler Comment. de Al-
pib. p. 104. b.
Das Tarvesedum, dessen Antoninus gedenket in seinem
Jtineratio, ansehen vor das Dorff Splügen selbs. Von Madesen hinab
in das Thal Gampolschin gehet ein an vilen Ohrten in Felsen geschnittene
Landstraß/ welche mit grossen unkösten der Anwohneren muß unterhalten
werden. Es haben sonderlich die/ welche dergleichen Strassen nicht vil ge-
wohnet sind/ ein entsetzliche belustigung/ wann ste einerseits hinunter sehen in
erschrecklich tieffe Abgründe/ anderseits ihre augen werffen auf verschiedene
von ungemeiner höhe herabfallende/ und inwährendem fall rauschende/ und
schaumende/ Wasserfälle/ und durch deren brausendes Getöß die Ohren er-
füllen. An dem Fuß des Bergs liget das Dorff und Thal Campo Dol-
eino.
Gampolschin/ Campus Altinus, Campus Dulcinus genant: Es
ist aber eigentlich hier noch nicht das end des Splügerbergs/ dann von Gam-
polschin weg nach einer vierthelstündigen Ebene bis auf Cläven/ in die 5.
stunde lang man immer nidsich zugehen hat: zwaren durch anmuthige Ka-
stanien-wälder/ und Obs- oder fruchtreiche Wiesen und Aeker/ welche viel-
mal auf Felsen ligen/ und kaum 4. stund in die länge/ oder breite haben.

Jtalien ligen/ vil waͤrmer geſpuͤret wird/ als in anderen/ ſo jenſeits den Alp-
gebirgen gegen Norden ligen/ und einen zwar auch warmen/ aber mit vilen
Schnee- und Eißtheilchen vermiſchten Mittagwind haben. Obbeſchrie-
bener verſchiedenheit des Spluͤger-lufts gedenket auch Burnet Voyag. de
Suiſſe. p. 168.
Gehet man weiters uͤber diſe Baumloſe ebene des Spluͤ-
gerbergs fort/ ſo triffet man ohngefahr eine ſtunde vom Wirthshauß an ei-
ne oͤde Herberg/ ohne Wirth/ ſo gleichwol mit Mauren eingefaſſet/ damit
die Saumer/ und Saumpferde/ bey anſtehendem Ungewitter ſich unter das
Tach begeben koͤnnen. Hier/ bey dem Hauſe/ kan der Reiſende ein Abbil-
dung haben der Orientaliſchen Reiſen/ und auch deren/ welche durch Spa-
nien vorgenommen werden/ da man namlich muß mitbringen/ was man
wil zehren/ und der Reiſende eine doppelte Perſon des Wirths und Gaſts
zugleich vertrittet. Wo man den Berg abzuſteigen anfangt/ ſtehet ein al-
ter/ mit dicken/ und ſtarken Mauren verſehener Thurn/ welcher zweifels ohne
vor diſem iſt gebraucht worden an ſtatt einer Hochwacht/ von welcher man
zugleich im fahl der noht ſich hat/ gleich als auß einer Veſtung/ wehren koͤn-
nen. Das erſte Dorf/ ſo jenſelt des Bergs/ annoch auf dem Berge liget/ iſt
Madeſen, welches vor das Tarveſedum der alten gehalten wird von Gu-
ler. Ræt. p. 194. b.
Da hingegen andere/ als Tſchudius Helvet. Antiq.
Mſc. Plantin Helvet. antiq. & nov. p. 347. Simler Comment. de Al-
pib. p. 104. b.
Das Tarveſedum, deſſen Antoninus gedenket in ſeinem
Jtineratio, anſehen vor das Dorff Spluͤgen ſelbs. Von Madeſen hinab
in das Thal Gampolſchin gehet ein an vilen Ohrten in Felſen geſchnittene
Landſtraß/ welche mit groſſen unkoͤſten der Anwohneren muß unterhalten
werden. Es haben ſonderlich die/ welche dergleichen Straſſen nicht vil ge-
wohnet ſind/ ein entſetzliche beluſtigung/ wann ſte einerſeits hinunter ſehen in
erſchrecklich tieffe Abgruͤnde/ anderſeits ihre augen werffen auf verſchiedene
von ungemeiner hoͤhe herabfallende/ und inwaͤhrendem fall rauſchende/ und
ſchaumende/ Waſſerfaͤlle/ und durch deren brauſendes Getoͤß die Ohren er-
fuͤllen. An dem Fuß des Bergs liget das Dorff und Thal Campo Dol-
eino.
Gampolſchin/ Campus Altinus, Campus Dulcinus genant: Es
iſt aber eigentlich hier noch nicht das end des Spluͤgerbergs/ dañ von Gam-
polſchin weg nach einer vierthelſtuͤndigen Ebene bis auf Claͤven/ in die 5.
ſtunde lang man immer nidſich zugehen hat: zwaren durch anmuthige Ka-
ſtanien-waͤlder/ und Obs- oder fruchtreiche Wieſen und Aeker/ welche viel-
mal auf Felſen ligen/ und kaum 4. ſtund in die laͤnge/ oder breite haben.

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[(176)[176]/0213] Jtalien ligen/ vil waͤrmer geſpuͤret wird/ als in anderen/ ſo jenſeits den Alp- gebirgen gegen Norden ligen/ und einen zwar auch warmen/ aber mit vilen Schnee- und Eißtheilchen vermiſchten Mittagwind haben. Obbeſchrie- bener verſchiedenheit des Spluͤger-lufts gedenket auch Burnet Voyag. de Suiſſe. p. 168. Gehet man weiters uͤber diſe Baumloſe ebene des Spluͤ- gerbergs fort/ ſo triffet man ohngefahr eine ſtunde vom Wirthshauß an ei- ne oͤde Herberg/ ohne Wirth/ ſo gleichwol mit Mauren eingefaſſet/ damit die Saumer/ und Saumpferde/ bey anſtehendem Ungewitter ſich unter das Tach begeben koͤnnen. Hier/ bey dem Hauſe/ kan der Reiſende ein Abbil- dung haben der Orientaliſchen Reiſen/ und auch deren/ welche durch Spa- nien vorgenommen werden/ da man namlich muß mitbringen/ was man wil zehren/ und der Reiſende eine doppelte Perſon des Wirths und Gaſts zugleich vertrittet. Wo man den Berg abzuſteigen anfangt/ ſtehet ein al- ter/ mit dicken/ und ſtarken Mauren verſehener Thurn/ welcher zweifels ohne vor diſem iſt gebraucht worden an ſtatt einer Hochwacht/ von welcher man zugleich im fahl der noht ſich hat/ gleich als auß einer Veſtung/ wehren koͤn- nen. Das erſte Dorf/ ſo jenſelt des Bergs/ annoch auf dem Berge liget/ iſt Madeſen, welches vor das Tarveſedum der alten gehalten wird von Gu- ler. Ræt. p. 194. b. Da hingegen andere/ als Tſchudius Helvet. Antiq. Mſc. Plantin Helvet. antiq. & nov. p. 347. Simler Comment. de Al- pib. p. 104. b. Das Tarveſedum, deſſen Antoninus gedenket in ſeinem Jtineratio, anſehen vor das Dorff Spluͤgen ſelbs. Von Madeſen hinab in das Thal Gampolſchin gehet ein an vilen Ohrten in Felſen geſchnittene Landſtraß/ welche mit groſſen unkoͤſten der Anwohneren muß unterhalten werden. Es haben ſonderlich die/ welche dergleichen Straſſen nicht vil ge- wohnet ſind/ ein entſetzliche beluſtigung/ wann ſte einerſeits hinunter ſehen in erſchrecklich tieffe Abgruͤnde/ anderſeits ihre augen werffen auf verſchiedene von ungemeiner hoͤhe herabfallende/ und inwaͤhrendem fall rauſchende/ und ſchaumende/ Waſſerfaͤlle/ und durch deren brauſendes Getoͤß die Ohren er- fuͤllen. An dem Fuß des Bergs liget das Dorff und Thal Campo Dol- eino. Gampolſchin/ Campus Altinus, Campus Dulcinus genant: Es iſt aber eigentlich hier noch nicht das end des Spluͤgerbergs/ dañ von Gam- polſchin weg nach einer vierthelſtuͤndigen Ebene bis auf Claͤven/ in die 5. ſtunde lang man immer nidſich zugehen hat: zwaren durch anmuthige Ka- ſtanien-waͤlder/ und Obs- oder fruchtreiche Wieſen und Aeker/ welche viel- mal auf Felſen ligen/ und kaum 4. ſtund in die laͤnge/ oder breite haben.

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. (176)[176]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/213>, abgerufen am 23.11.2024.