Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_270.001 Das giebt ein absichtlich gedämpftes Licht, den Eindruck psc_270.010 psc_270.016 Die Prosa ist das nur Angemessene, dem Bedürfniß psc_270.017 Die Prosa ist das Gewöhnliche, Alltägliche; die Poesie psc_270.019 Metaphern, die alltäglich werden, wirken nicht mehr als psc_270.021 Poesie ist gleichsam Sonntagsstaat gegenüber der Alltagskleidung. psc_270.024psc_270.025 Das Neue, Überraschende, sagten wir, kennzeichnet die psc_270.026 Die von der prosaischen abweichende Wortstellung; psc_270.028Antithesis, Wortspiel, Paradoxon, Oxymoron. psc_270.001 Das giebt ein absichtlich gedämpftes Licht, den Eindruck psc_270.010 psc_270.016 Die Prosa ist das nur Angemessene, dem Bedürfniß psc_270.017 Die Prosa ist das Gewöhnliche, Alltägliche; die Poesie psc_270.019 Metaphern, die alltäglich werden, wirken nicht mehr als psc_270.021 Poesie ist gleichsam Sonntagsstaat gegenüber der Alltagskleidung. psc_270.024psc_270.025 Das Neue, Überraschende, sagten wir, kennzeichnet die psc_270.026 Die von der prosaischen abweichende Wortstellung; psc_270.028Antithesis, Wortspiel, Paradoxon, Oxymoron. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0286" n="270"/><lb n="psc_270.001"/> des Verstandes an die Stelle eines phantasieerregenden <lb n="psc_270.002"/> Ausdrucks. So bricht die höfische Epik mit der Antonomasie <lb n="psc_270.003"/> des volksthümlichen Epos; sie bricht mit manchen drastischen <lb n="psc_270.004"/> Bildern und Ausdrücken, welche seine Kraft vermehrten; sie <lb n="psc_270.005"/> bricht mit eindrucksvollen Hyperbeln, um vielmehr Emphasis, <lb n="psc_270.006"/> Litotes, Jronie anzuwenden: <hi rendition="#aq">er was ein lützel sanfte <lb n="psc_270.007"/> gemuot</hi> — bescheidener Ausdruck (<foreign xml:lang="grc">λιτότης</foreign> == Schlichtheit), <lb n="psc_270.008"/> oder Antiphasis, das verneinte Gegentheil.</p> <lb n="psc_270.009"/> <p> Das giebt ein absichtlich gedämpftes Licht, den Eindruck <lb n="psc_270.010"/> bescheidener Stille und Zierlichkeit, wie discrete Conversation. <lb n="psc_270.011"/> Es sind das stilistische Eigenschaften, aber nicht eigentlich <lb n="psc_270.012"/> poetische, wenn man Poesie im Gegensatz zur Prosa meint: <lb n="psc_270.013"/> es sind viel eher Eigenschaften einer zierlichen Prosa. Auch <lb n="psc_270.014"/> dies gilt für die französische Poesie des 17. und 18. Jahrhunderts.</p> <lb n="psc_270.015"/> <lb n="psc_270.016"/> <p> Die Prosa ist das nur Angemessene, dem Bedürfniß <lb n="psc_270.017"/> Genügende, ohne Spiel, ohne Schmuck.</p> <lb n="psc_270.018"/> <p> Die Prosa ist das Gewöhnliche, Alltägliche; die Poesie <lb n="psc_270.019"/> ist das Neue, Überraschende.</p> <anchor xml:id="sc011"/> <lb n="psc_270.020"/> <p> Metaphern, die alltäglich werden, wirken nicht mehr als <lb n="psc_270.021"/> solche. Das Metaphorische in der Poesie muß immer erneuert <lb n="psc_270.022"/> werden, da es ins tägliche Brot der Sprache übergeht.</p> <anchor xml:id="sc012"/> <note targetEnd="#sc012" type="metapher" ana="#m1-0-1-1 #m1-11-1" target="#sc011"> </note> <lb n="psc_270.023"/> <p> Poesie ist gleichsam Sonntagsstaat gegenüber der Alltagskleidung.</p> <lb n="psc_270.024"/> <lb n="psc_270.025"/> <p> Das Neue, Überraschende, sagten wir, kennzeichnet die <lb n="psc_270.026"/> Poesie; dazu liefert der sprachliche Ausdruck noch mancherlei Stoff:</p> <lb n="psc_270.027"/> <p> <hi rendition="#et">Die von der prosaischen abweichende Wortstellung;</hi> </p> <lb n="psc_270.028"/> <p> <hi rendition="#et">Antithesis, Wortspiel, Paradoxon, Oxymoron.</hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [270/0286]
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des Verstandes an die Stelle eines phantasieerregenden psc_270.002
Ausdrucks. So bricht die höfische Epik mit der Antonomasie psc_270.003
des volksthümlichen Epos; sie bricht mit manchen drastischen psc_270.004
Bildern und Ausdrücken, welche seine Kraft vermehrten; sie psc_270.005
bricht mit eindrucksvollen Hyperbeln, um vielmehr Emphasis, psc_270.006
Litotes, Jronie anzuwenden: er was ein lützel sanfte psc_270.007
gemuot — bescheidener Ausdruck (λιτότης == Schlichtheit), psc_270.008
oder Antiphasis, das verneinte Gegentheil.
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Das giebt ein absichtlich gedämpftes Licht, den Eindruck psc_270.010
bescheidener Stille und Zierlichkeit, wie discrete Conversation. psc_270.011
Es sind das stilistische Eigenschaften, aber nicht eigentlich psc_270.012
poetische, wenn man Poesie im Gegensatz zur Prosa meint: psc_270.013
es sind viel eher Eigenschaften einer zierlichen Prosa. Auch psc_270.014
dies gilt für die französische Poesie des 17. und 18. Jahrhunderts.
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Die Prosa ist das nur Angemessene, dem Bedürfniß psc_270.017
Genügende, ohne Spiel, ohne Schmuck.
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Die Prosa ist das Gewöhnliche, Alltägliche; die Poesie psc_270.019
ist das Neue, Überraschende.
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Metaphern, die alltäglich werden, wirken nicht mehr als psc_270.021
solche. Das Metaphorische in der Poesie muß immer erneuert psc_270.022
werden, da es ins tägliche Brot der Sprache übergeht.
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Poesie ist gleichsam Sonntagsstaat gegenüber der Alltagskleidung.
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Das Neue, Überraschende, sagten wir, kennzeichnet die psc_270.026
Poesie; dazu liefert der sprachliche Ausdruck noch mancherlei Stoff:
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Die von der prosaischen abweichende Wortstellung;
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Antithesis, Wortspiel, Paradoxon, Oxymoron.
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