Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

psc_267.001
oft wunderlich, und für die Poetik mindestens nicht zu gebrauchen. psc_267.002
Eine eingehende Kritik der verbreiteten Lehren psc_267.003
würde mich aber hier viel zu weit führen.

psc_267.004

7) Ferner gehören hierher auch die Metaphern, die entweder psc_267.005
Abstractes sinnlich machen oder eine einzelne Eigenschaft hervorheben, psc_267.006
oder wieder auf Personification beruhen und in der Regel psc_267.007
eben dadurch entstehn, nicht durch einen Umweg über das Bild.

[Annotation] psc_267.008

Achill heißt erkos Akhaion "Umzäunung, Schutz, Vormauer psc_267.009
der Achäer" -- allerdings liegt darin ein Vergleich, aber es psc_267.010
ist eben nur eine Eigenschaft hervorgehoben mit Personification psc_267.011
wie unter 4) und 5).

psc_267.012

"Der Donner grollt in der Ferne" -- Personification.

psc_267.013

"Die Flügel des Gedankens" -- der Gedanke ist als psc_267.014
Vogel gedacht, personificirt.

psc_267.015

Vielfältigen Stoff bietet und wäre daher von unseren psc_267.016
Gesichtspuncten aus näher zu analysiren: Fr. Brinkmann, psc_267.017
Die Metaphern (Bd. I. Die Thierbilder der Sprache, psc_267.018
Bonn 1878). -- Die altnordischen Kenningar u. dgl. Vgl. psc_267.019
Goethes Abhandlung zum Westöstlichen Divan.

psc_267.020

8) Bilder und Vergleiche -- das tertium comparationis psc_267.021
ist es, was dadurch lebhafter hervorgehoben wird. Oft psc_267.022
bietet sich ein Bild leichter als eine directe Bezeichnung. Die psc_267.023
charakteristische Erinnerung stellt sich früher ein, ehe man psc_267.024
sich klar macht, was geschieht. Also eine Art der Reproduction: psc_267.025
beobachtete Züge wirken auf die im Geist aufgehobenen psc_267.026
ähnlichen, und es werden dadurch die mit diesen psc_267.027
zusammenhängenden Vorstellungsreihen reproducirt.

psc_267.028

Allegorie: fortgeführter Vergleich.

psc_267.001
oft wunderlich, und für die Poetik mindestens nicht zu gebrauchen. psc_267.002
Eine eingehende Kritik der verbreiteten Lehren psc_267.003
würde mich aber hier viel zu weit führen.

psc_267.004

  7) Ferner gehören hierher auch die Metaphern, die entweder psc_267.005
Abstractes sinnlich machen oder eine einzelne Eigenschaft hervorheben, psc_267.006
oder wieder auf Personification beruhen und in der Regel psc_267.007
eben dadurch entstehn, nicht durch einen Umweg über das Bild.

[Annotation] psc_267.008

  Achill heißt ἕρκος Ἀχαιῶν „Umzäunung, Schutz, Vormauer psc_267.009
der Achäer“ — allerdings liegt darin ein Vergleich, aber es psc_267.010
ist eben nur eine Eigenschaft hervorgehoben mit Personification psc_267.011
wie unter 4) und 5).

psc_267.012

  „Der Donner grollt in der Ferne“ — Personification.

psc_267.013

  „Die Flügel des Gedankens“ — der Gedanke ist als psc_267.014
Vogel gedacht, personificirt.

psc_267.015

  Vielfältigen Stoff bietet und wäre daher von unseren psc_267.016
Gesichtspuncten aus näher zu analysiren: Fr. Brinkmann, psc_267.017
Die Metaphern (Bd. I. Die Thierbilder der Sprache, psc_267.018
Bonn 1878). — Die altnordischen Kenningar u. dgl. Vgl. psc_267.019
Goethes Abhandlung zum Westöstlichen Divan.

psc_267.020

  8) Bilder und Vergleiche — das tertium comparationis psc_267.021
ist es, was dadurch lebhafter hervorgehoben wird. Oft psc_267.022
bietet sich ein Bild leichter als eine directe Bezeichnung. Die psc_267.023
charakteristische Erinnerung stellt sich früher ein, ehe man psc_267.024
sich klar macht, was geschieht. Also eine Art der Reproduction: psc_267.025
beobachtete Züge wirken auf die im Geist aufgehobenen psc_267.026
ähnlichen, und es werden dadurch die mit diesen psc_267.027
zusammenhängenden Vorstellungsreihen reproducirt.

psc_267.028

  Allegorie: fortgeführter Vergleich.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0283" n="267"/><lb n="psc_267.001"/>
oft wunderlich, und für die Poetik mindestens nicht zu gebrauchen. <lb n="psc_267.002"/>
Eine eingehende Kritik der verbreiteten Lehren <lb n="psc_267.003"/>
würde mich aber hier viel zu weit führen.</p>
          <anchor xml:id="sc009"/>
          <lb n="psc_267.004"/>
          <p>  7) Ferner gehören hierher auch die Metaphern, die entweder <lb n="psc_267.005"/>
Abstractes sinnlich machen oder eine einzelne Eigenschaft hervorheben, <lb n="psc_267.006"/>
oder wieder auf Personification beruhen und in der Regel <lb n="psc_267.007"/>
eben dadurch entstehn, nicht durch einen Umweg über das Bild.</p>
          <anchor xml:id="sc010"/>
          <note targetEnd="#sc010" type="metapher" ana="#m1-0-1-1 #m1-7-1-0 #m1-7-2-4" target="#sc009">Abstraktes sinnlich machen, einzelne Eigenschaft hervorheben - kann Katachrese oder Metonymie sein?  </note>
          <lb n="psc_267.008"/>
          <p>  Achill heißt <foreign xml:lang="grc">&#x1F15;&#x03C1;&#x03BA;&#x03BF;&#x03C2; &#x1F08;&#x03C7;&#x03B1;&#x03B9;&#x1FF6;&#x03BD;</foreign> &#x201E;Umzäunung, Schutz, Vormauer <lb n="psc_267.009"/>
der Achäer&#x201C; &#x2014; allerdings liegt darin ein Vergleich, aber es <lb n="psc_267.010"/>
ist eben nur eine Eigenschaft hervorgehoben mit Personification <lb n="psc_267.011"/>
wie unter 4) und 5).</p>
          <lb n="psc_267.012"/>
          <p>  &#x201E;Der Donner grollt in der Ferne&#x201C; &#x2014; Personification.</p>
          <lb n="psc_267.013"/>
          <p>  &#x201E;Die Flügel des Gedankens&#x201C; &#x2014; der Gedanke ist als <lb n="psc_267.014"/>
Vogel gedacht, personificirt.</p>
          <lb n="psc_267.015"/>
          <p>  Vielfältigen Stoff bietet und wäre daher von unseren <lb n="psc_267.016"/>
Gesichtspuncten aus näher zu analysiren: Fr. Brinkmann, <lb n="psc_267.017"/>
Die Metaphern (Bd. <hi rendition="#aq">I</hi>. Die Thierbilder der Sprache, <lb n="psc_267.018"/>
Bonn 1878). &#x2014; Die altnordischen Kenningar u. dgl. Vgl. <lb n="psc_267.019"/>
Goethes Abhandlung zum Westöstlichen Divan.</p>
          <lb n="psc_267.020"/>
          <p>  8) Bilder und Vergleiche &#x2014; das <hi rendition="#aq">tertium comparationis</hi> <lb n="psc_267.021"/>
ist es, was dadurch lebhafter hervorgehoben wird. Oft <lb n="psc_267.022"/>
bietet sich ein Bild leichter als eine directe Bezeichnung. Die <lb n="psc_267.023"/>
charakteristische Erinnerung stellt sich früher ein, ehe man <lb n="psc_267.024"/>
sich klar macht, was geschieht. Also eine Art der Reproduction: <lb n="psc_267.025"/>
beobachtete Züge wirken auf die im Geist aufgehobenen <lb n="psc_267.026"/>
ähnlichen, und es werden dadurch die mit diesen <lb n="psc_267.027"/>
zusammenhängenden Vorstellungsreihen reproducirt.</p>
          <lb n="psc_267.028"/>
          <p>  Allegorie: fortgeführter Vergleich.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267/0283] psc_267.001 oft wunderlich, und für die Poetik mindestens nicht zu gebrauchen. psc_267.002 Eine eingehende Kritik der verbreiteten Lehren psc_267.003 würde mich aber hier viel zu weit führen. psc_267.004   7) Ferner gehören hierher auch die Metaphern, die entweder psc_267.005 Abstractes sinnlich machen oder eine einzelne Eigenschaft hervorheben, psc_267.006 oder wieder auf Personification beruhen und in der Regel psc_267.007 eben dadurch entstehn, nicht durch einen Umweg über das Bild. Abstraktes sinnlich machen, einzelne Eigenschaft hervorheben - kann Katachrese oder Metonymie sein? psc_267.008   Achill heißt ἕρκος Ἀχαιῶν „Umzäunung, Schutz, Vormauer psc_267.009 der Achäer“ — allerdings liegt darin ein Vergleich, aber es psc_267.010 ist eben nur eine Eigenschaft hervorgehoben mit Personification psc_267.011 wie unter 4) und 5). psc_267.012   „Der Donner grollt in der Ferne“ — Personification. psc_267.013   „Die Flügel des Gedankens“ — der Gedanke ist als psc_267.014 Vogel gedacht, personificirt. psc_267.015   Vielfältigen Stoff bietet und wäre daher von unseren psc_267.016 Gesichtspuncten aus näher zu analysiren: Fr. Brinkmann, psc_267.017 Die Metaphern (Bd. I. Die Thierbilder der Sprache, psc_267.018 Bonn 1878). — Die altnordischen Kenningar u. dgl. Vgl. psc_267.019 Goethes Abhandlung zum Westöstlichen Divan. psc_267.020   8) Bilder und Vergleiche — das tertium comparationis psc_267.021 ist es, was dadurch lebhafter hervorgehoben wird. Oft psc_267.022 bietet sich ein Bild leichter als eine directe Bezeichnung. Die psc_267.023 charakteristische Erinnerung stellt sich früher ein, ehe man psc_267.024 sich klar macht, was geschieht. Also eine Art der Reproduction: psc_267.025 beobachtete Züge wirken auf die im Geist aufgehobenen psc_267.026 ähnlichen, und es werden dadurch die mit diesen psc_267.027 zusammenhängenden Vorstellungsreihen reproducirt. psc_267.028   Allegorie: fortgeführter Vergleich.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/283
Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/283>, abgerufen am 23.11.2024.