Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_126.001 Die Lehre vom litterarischen Erfolg ist äußerst schwierig, psc_126.004 Gewiß sind die fachmäßigen Recensenten ein maßgebender psc_126.008 Über die Geschichte der Recensionen ließe sich viel sagen. psc_126.015 psc_126.001 Die Lehre vom litterarischen Erfolg ist äußerst schwierig, psc_126.004 Gewiß sind die fachmäßigen Recensenten ein maßgebender psc_126.008 Über die Geschichte der Recensionen ließe sich viel sagen. psc_126.015 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0142" n="126"/><lb n="psc_126.001"/> hinein. Die Meisten suchen nach der nächsten betreffenden <lb n="psc_126.002"/> Recension, um eine Tragödie nicht sehen zu dürfen.</p> <lb n="psc_126.003"/> <p> Die Lehre vom litterarischen Erfolg ist äußerst schwierig, <lb n="psc_126.004"/> und die Erfahrensten, welche dies Kapitel schon lange studiren, <lb n="psc_126.005"/> trauen sich selten eine Vorhersage zu. Ja es können plötzlich <lb n="psc_126.006"/> Zeitverhältnisse eintreten, die das Werk völlig ersticken.</p> <lb n="psc_126.007"/> <p> Gewiß sind die fachmäßigen Recensenten ein maßgebender <lb n="psc_126.008"/> Factor. Nicht immer sind sie ihres verantwortungsvollen <lb n="psc_126.009"/> Amtes eingedenk. Die Recensenten von Fach haben in der <lb n="psc_126.010"/> Regel wenig Zeit und können die Bücher nicht alle lesen; <lb n="psc_126.011"/> und die Hauptsache ist, daß Recensent und Publicum es <lb n="psc_126.012"/> immer für sicherer halten zu tadeln. Jn Wahrheit ist richtig <lb n="psc_126.013"/> loben das Allerschwerste.</p> <lb n="psc_126.014"/> <p> Über die Geschichte der Recensionen ließe sich viel sagen. <lb n="psc_126.015"/> Für die deutsche Litteratur ist es nicht zu bezweifeln, daß im <lb n="psc_126.016"/> 18. Jahrhundert die Kritik sich um das riesige Aufsteigen <lb n="psc_126.017"/> sehr verdient gemacht hat; ja man würde das Ansehen der <lb n="psc_126.018"/> Kritik in Deutschland gar nicht begreifen ohne die Verdienste <lb n="psc_126.019"/> Lessings; und schon vor Lessing wird die Principienfrage <lb n="psc_126.020"/> über Homer und Milton erörtert. Lessings Stellung ist <lb n="psc_126.021"/> eine ganz unvergleichliche; wenn er nicht ein so starkes Regiment <lb n="psc_126.022"/> geführt hätte, würde unter der Masse des Unbedeutenden <lb n="psc_126.023"/> das Bedeutende nicht groß geworden sein. Lessing wirkt <lb n="psc_126.024"/> erziehend auf Wieland, beschränkend auf die kleinen Dichter. <lb n="psc_126.025"/> Aber freilich konnte Lessings Kritik allein nicht dauernd aufräumen; <lb n="psc_126.026"/> es war ein starkes Gewitter, aber von Zeit zu Zeit <lb n="psc_126.027"/> mußte immer ein neuer Hagelschlag kommen. So mußten <lb n="psc_126.028"/> wieder die Xenien aufräumen. Goethe selbst hatte für sich </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0142]
psc_126.001
hinein. Die Meisten suchen nach der nächsten betreffenden psc_126.002
Recension, um eine Tragödie nicht sehen zu dürfen.
psc_126.003
Die Lehre vom litterarischen Erfolg ist äußerst schwierig, psc_126.004
und die Erfahrensten, welche dies Kapitel schon lange studiren, psc_126.005
trauen sich selten eine Vorhersage zu. Ja es können plötzlich psc_126.006
Zeitverhältnisse eintreten, die das Werk völlig ersticken.
psc_126.007
Gewiß sind die fachmäßigen Recensenten ein maßgebender psc_126.008
Factor. Nicht immer sind sie ihres verantwortungsvollen psc_126.009
Amtes eingedenk. Die Recensenten von Fach haben in der psc_126.010
Regel wenig Zeit und können die Bücher nicht alle lesen; psc_126.011
und die Hauptsache ist, daß Recensent und Publicum es psc_126.012
immer für sicherer halten zu tadeln. Jn Wahrheit ist richtig psc_126.013
loben das Allerschwerste.
psc_126.014
Über die Geschichte der Recensionen ließe sich viel sagen. psc_126.015
Für die deutsche Litteratur ist es nicht zu bezweifeln, daß im psc_126.016
18. Jahrhundert die Kritik sich um das riesige Aufsteigen psc_126.017
sehr verdient gemacht hat; ja man würde das Ansehen der psc_126.018
Kritik in Deutschland gar nicht begreifen ohne die Verdienste psc_126.019
Lessings; und schon vor Lessing wird die Principienfrage psc_126.020
über Homer und Milton erörtert. Lessings Stellung ist psc_126.021
eine ganz unvergleichliche; wenn er nicht ein so starkes Regiment psc_126.022
geführt hätte, würde unter der Masse des Unbedeutenden psc_126.023
das Bedeutende nicht groß geworden sein. Lessing wirkt psc_126.024
erziehend auf Wieland, beschränkend auf die kleinen Dichter. psc_126.025
Aber freilich konnte Lessings Kritik allein nicht dauernd aufräumen; psc_126.026
es war ein starkes Gewitter, aber von Zeit zu Zeit psc_126.027
mußte immer ein neuer Hagelschlag kommen. So mußten psc_126.028
wieder die Xenien aufräumen. Goethe selbst hatte für sich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |