Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_125.001 Aber damit nicht genug; es kommt noch ein Hauptfactor psc_125.002 Noch schlimmer steht es für den Dramatiker. Er hat psc_125.004 Dann kommen wieder die Recensenten, welche oft den psc_125.023 psc_125.001 Aber damit nicht genug; es kommt noch ein Hauptfactor psc_125.002 Noch schlimmer steht es für den Dramatiker. Er hat psc_125.004 Dann kommen wieder die Recensenten, welche oft den psc_125.023 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0141" n="125"/> <lb n="psc_125.001"/> <p> Aber damit nicht genug; es kommt noch ein Hauptfactor <lb n="psc_125.002"/> für den Erfolg: die Recensenten.</p> <lb n="psc_125.003"/> <p> Noch schlimmer steht es für den Dramatiker. Er hat <lb n="psc_125.004"/> auch mit dem Urtheil des Directors über Bühnenfähigkeit, <lb n="psc_125.005"/> mit den Wünschen der Schauspieler zu rechnen. Der Einfluß <lb n="psc_125.006"/> der Schauspieler ist oft sehr groß gerade bei gesunden <lb n="psc_125.007"/> Verhältnissen; sie urtheilen nach ihren Rollen, und der <lb n="psc_125.008"/> Durchschnitt der Rollen ergiebt die Stimmung der Schauspieler <lb n="psc_125.009"/> dem Stück gegenüber. Denn wie natürlich wollen <lb n="psc_125.010"/> Alle dankbare Rollen haben. Dafür genügt die Vertheilung <lb n="psc_125.011"/> der Rollenfächer auf bestimmte Schauspieler nicht. Oft <lb n="psc_125.012"/> nimmt der Dichter schon auf ein bestimmtes Theater Rücksicht: <lb n="psc_125.013"/> vornehme Wiener Dichter nehmen Rücksicht auf das <lb n="psc_125.014"/> Burgtheater und schreiben gewissermaßen den Schauspielern <lb n="psc_125.015"/> die Rollen auf den Leib. Der Autor muß sich für die <lb n="psc_125.016"/> Schauspieler einrichten. Es ist nicht wahr, daß der Dichter <lb n="psc_125.017"/> sich damit wegwirft: denn wenn er diese Rücksicht auf die <lb n="psc_125.018"/> vorhandenen Schauspieler nimmt, hat er eine starke Garantie <lb n="psc_125.019"/> des nöthigen Erfolgs. Bei einem tüchtigen Theater wird <lb n="psc_125.020"/> der Dichter auch nicht leicht damit auf schlechte Wege <lb n="psc_125.021"/> gerathen.</p> <lb n="psc_125.022"/> <p> Dann kommen wieder die Recensenten, welche oft den <lb n="psc_125.023"/> Erfolg ganz allein entscheiden — in gewissen Grenzen; wenn <lb n="psc_125.024"/> man in einem Lustspiel viel lachen kann, so mögen die Recensenten <lb n="psc_125.025"/> sagen was sie wollen: das Publicum geht hinein. <lb n="psc_125.026"/> Dagegen beim Trauerspiel steht es anders; wenn die Recensenten <lb n="psc_125.027"/> nicht sagen: du mußt hineingehen, das ist höchst ausgezeichnet <lb n="psc_125.028"/> oder höchst merkwürdig — so geht niemand </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [125/0141]
psc_125.001
Aber damit nicht genug; es kommt noch ein Hauptfactor psc_125.002
für den Erfolg: die Recensenten.
psc_125.003
Noch schlimmer steht es für den Dramatiker. Er hat psc_125.004
auch mit dem Urtheil des Directors über Bühnenfähigkeit, psc_125.005
mit den Wünschen der Schauspieler zu rechnen. Der Einfluß psc_125.006
der Schauspieler ist oft sehr groß gerade bei gesunden psc_125.007
Verhältnissen; sie urtheilen nach ihren Rollen, und der psc_125.008
Durchschnitt der Rollen ergiebt die Stimmung der Schauspieler psc_125.009
dem Stück gegenüber. Denn wie natürlich wollen psc_125.010
Alle dankbare Rollen haben. Dafür genügt die Vertheilung psc_125.011
der Rollenfächer auf bestimmte Schauspieler nicht. Oft psc_125.012
nimmt der Dichter schon auf ein bestimmtes Theater Rücksicht: psc_125.013
vornehme Wiener Dichter nehmen Rücksicht auf das psc_125.014
Burgtheater und schreiben gewissermaßen den Schauspielern psc_125.015
die Rollen auf den Leib. Der Autor muß sich für die psc_125.016
Schauspieler einrichten. Es ist nicht wahr, daß der Dichter psc_125.017
sich damit wegwirft: denn wenn er diese Rücksicht auf die psc_125.018
vorhandenen Schauspieler nimmt, hat er eine starke Garantie psc_125.019
des nöthigen Erfolgs. Bei einem tüchtigen Theater wird psc_125.020
der Dichter auch nicht leicht damit auf schlechte Wege psc_125.021
gerathen.
psc_125.022
Dann kommen wieder die Recensenten, welche oft den psc_125.023
Erfolg ganz allein entscheiden — in gewissen Grenzen; wenn psc_125.024
man in einem Lustspiel viel lachen kann, so mögen die Recensenten psc_125.025
sagen was sie wollen: das Publicum geht hinein. psc_125.026
Dagegen beim Trauerspiel steht es anders; wenn die Recensenten psc_125.027
nicht sagen: du mußt hineingehen, das ist höchst ausgezeichnet psc_125.028
oder höchst merkwürdig — so geht niemand
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |