ist, waren Möglichkeit und Wirklichkeit beyde auf das Individuum beschränkt und dadurch selbst eins: in dem andern, welches das der selbstständigen Bewegung ist, geht das Indi¬ viduum über seinen Kreis hinaus auf andere Dinge: Möglichkeit und Wirklichkeit können hier also nicht in Ein und dasselbige fallen, weil die andern Dinge ausdrücklich als andere, als außer dem Individuum befindliche, gesetzt seyn sollen. Wenn aber die beyden vorherge¬ henden Verhältnisse in dem höhern verknüpft werden und die unendliche Möglichkeit anderer Dinge doch zugleich als Wirklichkeit in dassel¬ bige fällt, worein jene, so ist damit die höchste Function des ganzen Organismus gesetzt; die Materie ist in jeder Beziehung und ganz Acci¬ dens des Wesens, des Idealen, welches an sich productiv, aber hier, in der Beziehung auf ein endliches Ding, als ideal zugleich sinn¬ lich-producirend, also anschauend ist.
Wie auch die allgemeine Natur nur in der göttlichen Selbstbeschauung besteht und die Wirkung von ihr ist, so ist in den lebenden
iſt, waren Moͤglichkeit und Wirklichkeit beyde auf das Individuum beſchraͤnkt und dadurch ſelbſt eins: in dem andern, welches das der ſelbſtſtaͤndigen Bewegung iſt, geht das Indi¬ viduum uͤber ſeinen Kreis hinaus auf andere Dinge: Moͤglichkeit und Wirklichkeit koͤnnen hier alſo nicht in Ein und daſſelbige fallen, weil die andern Dinge ausdruͤcklich als andere, als außer dem Individuum befindliche, geſetzt ſeyn ſollen. Wenn aber die beyden vorherge¬ henden Verhaͤltniſſe in dem hoͤhern verknuͤpft werden und die unendliche Moͤglichkeit anderer Dinge doch zugleich als Wirklichkeit in daſſel¬ bige faͤllt, worein jene, ſo iſt damit die hoͤchſte Function des ganzen Organismus geſetzt; die Materie iſt in jeder Beziehung und ganz Acci¬ dens des Weſens, des Idealen, welches an ſich productiv, aber hier, in der Beziehung auf ein endliches Ding, als ideal zugleich ſinn¬ lich-producirend, alſo anſchauend iſt.
Wie auch die allgemeine Natur nur in der goͤttlichen Selbſtbeſchauung beſteht und die Wirkung von ihr iſt, ſo iſt in den lebenden
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iſt, waren Moͤglichkeit und Wirklichkeit beyde
auf das Individuum beſchraͤnkt und dadurch
ſelbſt eins: in dem andern, welches das der
ſelbſtſtaͤndigen Bewegung iſt, geht das Indi¬
viduum uͤber ſeinen Kreis hinaus auf andere
Dinge: Moͤglichkeit und Wirklichkeit koͤnnen
hier alſo nicht in Ein und daſſelbige fallen,
weil die andern Dinge ausdruͤcklich als andere,
als außer dem Individuum befindliche, geſetzt
ſeyn ſollen. Wenn aber die beyden vorherge¬
henden Verhaͤltniſſe in dem hoͤhern verknuͤpft
werden und die unendliche Moͤglichkeit anderer
Dinge doch zugleich als Wirklichkeit in daſſel¬
bige faͤllt, worein jene, ſo iſt damit die hoͤchſte
Function des ganzen Organismus geſetzt; die
Materie iſt in jeder Beziehung und ganz Acci¬
dens des Weſens, des Idealen, welches an ſich
productiv, aber hier, in der Beziehung auf
ein endliches Ding, als ideal zugleich ſinn¬
lich-producirend, alſo anſchauend iſt.
Wie auch die allgemeine Natur nur in
der goͤttlichen Selbſtbeſchauung beſteht und die
Wirkung von ihr iſt, ſo iſt in den lebenden
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/301>, abgerufen am 22.11.2024.
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