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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

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falt der Chroniken liebgewinnen, die keine prä¬
tensionvollen Karakterschilderungen machen, oder
psychologisch motiviren.

Wer sich zum historischen Künstler bilden
will, halte sich einzig an die großen Muster der
Alten, welche, nach dem Zerfall des allgemeinen
und öffentlichen Lebens, nie wieder erreicht wer¬
den konnten. Wenn wir von Gibbon absehen,
dessen Werk die umfassende Conception und die
ganze Macht des großen Wendepunctes der
neueren Zeit für sich hat, obgleich er nur Red¬
ner nicht Geschichtschreiber ist, existiren bloß
wahrhaft nationelle Historiker, unter denen die
spätere Zeit nur Macchiavelli und Joh. Müller
nennen wird.

Welche Stufen derjenige zu erklimmen
hat, der würdiger Weise die Geschichte ver¬
zeichnen will, könnten die, so diesem Beruf sich
weihen, vorerst nur aus den Briefen, welche
dieser als Jüngling geschrieben, ohngefähr er¬
messen. Aber überhaupt alles, was Wissen¬
schaft und Kunst, was ein erfahrungsreiches

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falt der Chroniken liebgewinnen, die keine praͤ¬
tenſionvollen Karakterſchilderungen machen, oder
pſychologiſch motiviren.

Wer ſich zum hiſtoriſchen Kuͤnſtler bilden
will, halte ſich einzig an die großen Muſter der
Alten, welche, nach dem Zerfall des allgemeinen
und oͤffentlichen Lebens, nie wieder erreicht wer¬
den konnten. Wenn wir von Gibbon abſehen,
deſſen Werk die umfaſſende Conception und die
ganze Macht des großen Wendepunctes der
neueren Zeit fuͤr ſich hat, obgleich er nur Red¬
ner nicht Geſchichtſchreiber iſt, exiſtiren bloß
wahrhaft nationelle Hiſtoriker, unter denen die
ſpaͤtere Zeit nur Macchiavelli und Joh. Muͤller
nennen wird.

Welche Stufen derjenige zu erklimmen
hat, der wuͤrdiger Weiſe die Geſchichte ver¬
zeichnen will, koͤnnten die, ſo dieſem Beruf ſich
weihen, vorerſt nur aus den Briefen, welche
dieſer als Juͤngling geſchrieben, ohngefaͤhr er¬
meſſen. Aber uͤberhaupt alles, was Wiſſen¬
ſchaft und Kunſt, was ein erfahrungsreiches

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[225/0234] falt der Chroniken liebgewinnen, die keine praͤ¬ tenſionvollen Karakterſchilderungen machen, oder pſychologiſch motiviren. Wer ſich zum hiſtoriſchen Kuͤnſtler bilden will, halte ſich einzig an die großen Muſter der Alten, welche, nach dem Zerfall des allgemeinen und oͤffentlichen Lebens, nie wieder erreicht wer¬ den konnten. Wenn wir von Gibbon abſehen, deſſen Werk die umfaſſende Conception und die ganze Macht des großen Wendepunctes der neueren Zeit fuͤr ſich hat, obgleich er nur Red¬ ner nicht Geſchichtſchreiber iſt, exiſtiren bloß wahrhaft nationelle Hiſtoriker, unter denen die ſpaͤtere Zeit nur Macchiavelli und Joh. Muͤller nennen wird. Welche Stufen derjenige zu erklimmen hat, der wuͤrdiger Weiſe die Geſchichte ver¬ zeichnen will, koͤnnten die, ſo dieſem Beruf ſich weihen, vorerſt nur aus den Briefen, welche dieſer als Juͤngling geſchrieben, ohngefaͤhr er¬ meſſen. Aber uͤberhaupt alles, was Wiſſen¬ ſchaft und Kunſt, was ein erfahrungsreiches 15

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/234>, abgerufen am 25.11.2024.