stes vergessen wird. Man könnte erinnern, daß gegen diese Einseitigkeit der Bildung das Studium der allgemeineren Wissenschaften ein zureichendes Gegenmittel sey. Ich bin nicht gesonnen, dieß im Allgemeinen zu läugnen und behaupte es vielmehr selbst. Die Geometrie und Mathematik läutert den Geist zur rein vernunftmäßigen Erkenntniß, die des Stoffes nicht bedarf. Die Philosophie, welche den ganzen Menschen ergreift und alle Seiten sei¬ ner Natur berührt, ist noch mehr geeignet, den Geist von den Beschränktheiten einer einsei¬ tigen Bildung zu befreyen und in das Reich des Allgemeinen und Absoluten zu erheben. Allein entweder existirt zwischen der allgemei¬ nern Wissenschaft und dem besondern Zweig der Erkenntniß, dem der Einzelne sich widmet, überhaupt keine Beziehung, oder die Wissen¬ schaft in ihrer Allgemeinheit kann sich wenig¬ stens nicht so weit herunterlassen, diese Bezie¬ hungen aufzuzeigen, so daß der, welcher sie nicht selbst zu erkennen im Stande ist, sich in Ansehung der besondern Wissenschaften doch
ſtes vergeſſen wird. Man koͤnnte erinnern, daß gegen dieſe Einſeitigkeit der Bildung das Studium der allgemeineren Wiſſenſchaften ein zureichendes Gegenmittel ſey. Ich bin nicht geſonnen, dieß im Allgemeinen zu laͤugnen und behaupte es vielmehr ſelbſt. Die Geometrie und Mathematik laͤutert den Geiſt zur rein vernunftmaͤßigen Erkenntniß, die des Stoffes nicht bedarf. Die Philoſophie, welche den ganzen Menſchen ergreift und alle Seiten ſei¬ ner Natur beruͤhrt, iſt noch mehr geeignet, den Geiſt von den Beſchraͤnktheiten einer einſei¬ tigen Bildung zu befreyen und in das Reich des Allgemeinen und Abſoluten zu erheben. Allein entweder exiſtirt zwiſchen der allgemei¬ nern Wiſſenſchaft und dem beſondern Zweig der Erkenntniß, dem der Einzelne ſich widmet, uͤberhaupt keine Beziehung, oder die Wiſſen¬ ſchaft in ihrer Allgemeinheit kann ſich wenig¬ ſtens nicht ſo weit herunterlaſſen, dieſe Bezie¬ hungen aufzuzeigen, ſo daß der, welcher ſie nicht ſelbſt zu erkennen im Stande iſt, ſich in Anſehung der beſondern Wiſſenſchaften doch
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ſtes vergeſſen wird. Man koͤnnte erinnern,
daß gegen dieſe Einſeitigkeit der Bildung das
Studium der allgemeineren Wiſſenſchaften ein
zureichendes Gegenmittel ſey. Ich bin nicht
geſonnen, dieß im Allgemeinen zu laͤugnen und
behaupte es vielmehr ſelbſt. Die Geometrie
und Mathematik laͤutert den Geiſt zur rein
vernunftmaͤßigen Erkenntniß, die des Stoffes
nicht bedarf. Die Philoſophie, welche den
ganzen Menſchen ergreift und alle Seiten ſei¬
ner Natur beruͤhrt, iſt noch mehr geeignet,
den Geiſt von den Beſchraͤnktheiten einer einſei¬
tigen Bildung zu befreyen und in das Reich
des Allgemeinen und Abſoluten zu erheben.
Allein entweder exiſtirt zwiſchen der allgemei¬
nern Wiſſenſchaft und dem beſondern Zweig der
Erkenntniß, dem der Einzelne ſich widmet,
uͤberhaupt keine Beziehung, oder die Wiſſen¬
ſchaft in ihrer Allgemeinheit kann ſich wenig¬
ſtens nicht ſo weit herunterlaſſen, dieſe Bezie¬
hungen aufzuzeigen, ſo daß der, welcher ſie
nicht ſelbſt zu erkennen im Stande iſt, ſich in
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/15>, abgerufen am 24.11.2024.
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