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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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sorgenfreyen Lebens ward ich mit einigen
gefangenen preußischen Officieren bekannt,
die in meinen kleinen Liedern auf den großen
Friedrich etwas fanden, das ihnen Lust und
Liebe zum Soldatenstande zu verrathen
schien, und da kein Jesuit auf das Prosely-
tenmachen befließener seyn kann, als damals
die gefangenen Krieger auf das Werben zum
Dienst des preußischen Heeres waren, so
entschloß ich mich mit meinem Freunde Neu-
mann,
der damals Hofmeister bey den zwey
jüngsten Söhnen des Canzlers von Korff
war, eines Mannes von trefflich gesundem
Verstande und festem Charakter, äußerlich
manchmal etwas rauh, der Hippeln bey
Schilderung seines Wurzelmanns des Herrn
von G -- in den Lebensläufen etc. gesessen
hatte -- alles zu verlassen und dem Kalb-
felle zu folgen. Meinen Eltern mußt' ich,
um sie gegen alle Verantwortlichkeit zu
sichern, ein Geheimniß aus meinem Ent-
schluß machen, den mein Vater eben nicht
gemißbilligt haben würde. Ein Versuch, sie
und meine damals noch einzig lebende Schwe-
ster zu sehen, wurde außerdem durch eine
eingetretne Ueberschwemmung vereitelt, und
so konnte ich von der Seite nicht die min-

ſorgenfreyen Lebens ward ich mit einigen
gefangenen preußiſchen Officieren bekannt,
die in meinen kleinen Liedern auf den großen
Friedrich etwas fanden, das ihnen Luſt und
Liebe zum Soldatenſtande zu verrathen
ſchien, und da kein Jeſuit auf das Proſely-
tenmachen befließener ſeyn kann, als damals
die gefangenen Krieger auf das Werben zum
Dienſt des preußiſchen Heeres waren, ſo
entſchloß ich mich mit meinem Freunde Neu-
mann,
der damals Hofmeiſter bey den zwey
juͤngſten Soͤhnen des Canzlers von Korff
war, eines Mannes von trefflich geſundem
Verſtande und feſtem Charakter, aͤußerlich
manchmal etwas rauh, der Hippeln bey
Schilderung ſeines Wurzelmanns des Herrn
von G — in den Lebenslaͤufen ꝛc. geſeſſen
hatte — alles zu verlaſſen und dem Kalb-
felle zu folgen. Meinen Eltern mußt’ ich,
um ſie gegen alle Verantwortlichkeit zu
ſichern, ein Geheimniß aus meinem Ent-
ſchluß machen, den mein Vater eben nicht
gemißbilligt haben wuͤrde. Ein Verſuch, ſie
und meine damals noch einzig lebende Schwe-
ſter zu ſehen, wurde außerdem durch eine
eingetretne Ueberſchwemmung vereitelt, und
ſo konnte ich von der Seite nicht die min-

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[79/0096] ſorgenfreyen Lebens ward ich mit einigen gefangenen preußiſchen Officieren bekannt, die in meinen kleinen Liedern auf den großen Friedrich etwas fanden, das ihnen Luſt und Liebe zum Soldatenſtande zu verrathen ſchien, und da kein Jeſuit auf das Proſely- tenmachen befließener ſeyn kann, als damals die gefangenen Krieger auf das Werben zum Dienſt des preußiſchen Heeres waren, ſo entſchloß ich mich mit meinem Freunde Neu- mann, der damals Hofmeiſter bey den zwey juͤngſten Soͤhnen des Canzlers von Korff war, eines Mannes von trefflich geſundem Verſtande und feſtem Charakter, aͤußerlich manchmal etwas rauh, der Hippeln bey Schilderung ſeines Wurzelmanns des Herrn von G — in den Lebenslaͤufen ꝛc. geſeſſen hatte — alles zu verlaſſen und dem Kalb- felle zu folgen. Meinen Eltern mußt’ ich, um ſie gegen alle Verantwortlichkeit zu ſichern, ein Geheimniß aus meinem Ent- ſchluß machen, den mein Vater eben nicht gemißbilligt haben wuͤrde. Ein Verſuch, ſie und meine damals noch einzig lebende Schwe- ſter zu ſehen, wurde außerdem durch eine eingetretne Ueberſchwemmung vereitelt, und ſo konnte ich von der Seite nicht die min-

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/96>, abgerufen am 24.11.2024.