Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.seitdem nicht weiter angesehen, so daß ich Jm dritten Winter meines geschäft- und und schien, wenn es damit nicht ging, mit dem
ultra posse nemo obligatur sein Gewissen zu be- ruhigen. An Dienstfertigkeit für andere war ihm nicht leicht einer gleich, und nur zu oft versäumte er dadurch eigne Geschäfte. Vermittelst seiner Dreustigkeit und nervösen Darstellungsgabe hatte er den geldschonenden Friedrich II. dahin gebracht, ihm bis 18000 Thlr. zur Vervollständigung seiner in Trutenau angelegten Papier- und besonders der Preßspähnfabrike auszahlen zu lassen. Kanter, der immer neue Kunst- und Bauversuche machte, forderte aber immer mehr und hielt beym Könige in Graudenz um eine Audienz an, worauf der König zum Cabinetsrath Golster sagte: den kann ich nicht sprechen, er hat mich schon schriftlich breit genug geschlagen, und ich hab kein Geld mehr übrig für ihn. ſeitdem nicht weiter angeſehen, ſo daß ich Jm dritten Winter meines geſchaͤft- und und ſchien, wenn es damit nicht ging, mit dem
ultra poſſe nemo obligatur ſein Gewiſſen zu be- ruhigen. An Dienſtfertigkeit fuͤr andere war ihm nicht leicht einer gleich, und nur zu oft verſaͤumte er dadurch eigne Geſchaͤfte. Vermittelſt ſeiner Dreuſtigkeit und nervoͤſen Darſtellungsgabe hatte er den geldſchonenden Friedrich II. dahin gebracht, ihm bis 18000 Thlr. zur Vervollſtaͤndigung ſeiner in Trutenau angelegten Papier- und beſonders der Preßſpaͤhnfabrike auszahlen zu laſſen. Kanter, der immer neue Kunſt- und Bauverſuche machte, forderte aber immer mehr und hielt beym Koͤnige in Graudenz um eine Audienz an, worauf der Koͤnig zum Cabinetsrath Golſter ſagte: den kann ich nicht ſprechen, er hat mich ſchon ſchriftlich breit genug geſchlagen, und ich hab kein Geld mehr uͤbrig fuͤr ihn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0095" n="78"/> ſeitdem nicht weiter angeſehen, ſo daß ich<lb/> jetzt nichts von ihnen zu ſagen vermag.<lb/> Waͤre in jener Zeit, in der <hi rendition="#aq">nulla dies ſine<lb/> verſibus</hi> verging, der in ſpaͤtern Zeiten viel<lb/> geleſene <hi rendition="#g">Seume</hi> ſchon bekannt geweſen, ſo<lb/> wuͤrde mein heimlicher Hang zur derben<lb/> Aeußerung meiner die Lebensweiſen misbilli-<lb/> genden Geſinnungen ſich gewiß und gern<lb/> nach ſeinem Muſter gebildet, mich indeſſen<lb/> eben ſo wenig wie ihr zum wahren Poeten<lb/> gemacht haben.</p><lb/> <p>Jm dritten Winter meines geſchaͤft- und<lb/><note xml:id="seg2pn_8_2" prev="#seg2pn_8_1" place="foot" n="*)">und ſchien, wenn es damit nicht ging, mit dem<lb/><hi rendition="#aq">ultra poſſe nemo obligatur</hi> ſein Gewiſſen zu be-<lb/> ruhigen. An Dienſtfertigkeit fuͤr andere war ihm<lb/> nicht leicht einer gleich, und nur zu oft verſaͤumte<lb/> er dadurch eigne Geſchaͤfte. Vermittelſt ſeiner<lb/> Dreuſtigkeit und nervoͤſen Darſtellungsgabe hatte<lb/> er den geldſchonenden Friedrich <hi rendition="#aq">II.</hi> dahin gebracht,<lb/> ihm bis 18000 Thlr. zur Vervollſtaͤndigung ſeiner<lb/> in Trutenau angelegten Papier- und beſonders<lb/> der Preßſpaͤhnfabrike auszahlen zu laſſen. Kanter,<lb/> der immer neue Kunſt- und Bauverſuche machte,<lb/> forderte aber immer mehr und hielt beym Koͤnige<lb/> in Graudenz um eine Audienz an, worauf der<lb/> Koͤnig zum Cabinetsrath Golſter ſagte: den kann<lb/> ich nicht ſprechen, er hat mich ſchon ſchriftlich breit<lb/> genug geſchlagen, und ich hab kein Geld mehr<lb/> uͤbrig fuͤr ihn.</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0095]
ſeitdem nicht weiter angeſehen, ſo daß ich
jetzt nichts von ihnen zu ſagen vermag.
Waͤre in jener Zeit, in der nulla dies ſine
verſibus verging, der in ſpaͤtern Zeiten viel
geleſene Seume ſchon bekannt geweſen, ſo
wuͤrde mein heimlicher Hang zur derben
Aeußerung meiner die Lebensweiſen misbilli-
genden Geſinnungen ſich gewiß und gern
nach ſeinem Muſter gebildet, mich indeſſen
eben ſo wenig wie ihr zum wahren Poeten
gemacht haben.
Jm dritten Winter meines geſchaͤft- und
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*) und ſchien, wenn es damit nicht ging, mit dem
ultra poſſe nemo obligatur ſein Gewiſſen zu be-
ruhigen. An Dienſtfertigkeit fuͤr andere war ihm
nicht leicht einer gleich, und nur zu oft verſaͤumte
er dadurch eigne Geſchaͤfte. Vermittelſt ſeiner
Dreuſtigkeit und nervoͤſen Darſtellungsgabe hatte
er den geldſchonenden Friedrich II. dahin gebracht,
ihm bis 18000 Thlr. zur Vervollſtaͤndigung ſeiner
in Trutenau angelegten Papier- und beſonders
der Preßſpaͤhnfabrike auszahlen zu laſſen. Kanter,
der immer neue Kunſt- und Bauverſuche machte,
forderte aber immer mehr und hielt beym Koͤnige
in Graudenz um eine Audienz an, worauf der
Koͤnig zum Cabinetsrath Golſter ſagte: den kann
ich nicht ſprechen, er hat mich ſchon ſchriftlich breit
genug geſchlagen, und ich hab kein Geld mehr
uͤbrig fuͤr ihn.
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