Ungewöhnlichkeit wegen einen größern Ein- druck macht. Die nicht Eingebürgerten treiben eine Art von Reiseleben, das zwar keinesweges so gemächlich zu leben erlaubt, als man in seinem wahren Wohnort lebt, doch aber mancherley Veränderungen schafft, die zu Ausgaben reizen, durch welche am Ende das Reiseleben kostbarer wird, als das Zuhausebleiben gewesen seyn würde, denn die schwelgerischen Britten allein reisen zur Verbesserung ihrer häuslichen Finanzen. Der Anblick solches funkelnden Reiselebens bringt zuletzt auch den Stadtbürgern Geschmack am Leben in den Tag hinein bey, so daß sie es endlich in ihr Alltagsleben aufnehmen und so dem Luxus immer mehr um sich zu greifen gestatten. Die für die Fremden auf- geputzten Chambres garnies lassen ganz andre Augen für Möbelbedürfnisse zurück.
Durch das sorglose Mitleben unter Leu- ten, die nichts zu thun zu haben scheinen, wurde meine Liebe zum freyen leichtern und schönen Leben immer lebhafter aufgereitzt. Zwar blieb ich dem Corpus juris so warm treu, daß ich im Herbst 1757. mit Beyfall meiner scharfen Examinatoren, die keine Freunde von dem als Einschub in die Fa-
Ungewoͤhnlichkeit wegen einen groͤßern Ein- druck macht. Die nicht Eingebuͤrgerten treiben eine Art von Reiſeleben, das zwar keinesweges ſo gemaͤchlich zu leben erlaubt, als man in ſeinem wahren Wohnort lebt, doch aber mancherley Veraͤnderungen ſchafft, die zu Ausgaben reizen, durch welche am Ende das Reiſeleben koſtbarer wird, als das Zuhauſebleiben geweſen ſeyn wuͤrde, denn die ſchwelgeriſchen Britten allein reiſen zur Verbeſſerung ihrer haͤuslichen Finanzen. Der Anblick ſolches funkelnden Reiſelebens bringt zuletzt auch den Stadtbuͤrgern Geſchmack am Leben in den Tag hinein bey, ſo daß ſie es endlich in ihr Alltagsleben aufnehmen und ſo dem Luxus immer mehr um ſich zu greifen geſtatten. Die fuͤr die Fremden auf- geputzten Chambres garnies laſſen ganz andre Augen fuͤr Moͤbelbeduͤrfniſſe zuruͤck.
Durch das ſorgloſe Mitleben unter Leu- ten, die nichts zu thun zu haben ſcheinen, wurde meine Liebe zum freyen leichtern und ſchoͤnen Leben immer lebhafter aufgereitzt. Zwar blieb ich dem Corpus juris ſo warm treu, daß ich im Herbſt 1757. mit Beyfall meiner ſcharfen Examinatoren, die keine Freunde von dem als Einſchub in die Fa-
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Ungewoͤhnlichkeit wegen einen groͤßern Ein-
druck macht. Die nicht Eingebuͤrgerten
treiben eine Art von Reiſeleben, das zwar
keinesweges ſo gemaͤchlich zu leben erlaubt,
als man in ſeinem wahren Wohnort lebt,
doch aber mancherley Veraͤnderungen ſchafft,
die zu Ausgaben reizen, durch welche am
Ende das Reiſeleben koſtbarer wird, als das
Zuhauſebleiben geweſen ſeyn wuͤrde, denn
die ſchwelgeriſchen Britten allein reiſen zur
Verbeſſerung ihrer haͤuslichen Finanzen. Der
Anblick ſolches funkelnden Reiſelebens bringt
zuletzt auch den Stadtbuͤrgern Geſchmack
am Leben in den Tag hinein bey, ſo daß
ſie es endlich in ihr Alltagsleben aufnehmen
und ſo dem Luxus immer mehr um ſich zu
greifen geſtatten. Die fuͤr die Fremden auf-
geputzten Chambres garnies laſſen ganz andre
Augen fuͤr Moͤbelbeduͤrfniſſe zuruͤck.
Durch das ſorgloſe Mitleben unter Leu-
ten, die nichts zu thun zu haben ſcheinen,
wurde meine Liebe zum freyen leichtern und
ſchoͤnen Leben immer lebhafter aufgereitzt.
Zwar blieb ich dem Corpus juris ſo warm
treu, daß ich im Herbſt 1757. mit Beyfall
meiner ſcharfen Examinatoren, die keine
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/87>, abgerufen am 25.11.2024.
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