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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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Lieblingschaft gediehene Meinungen sind häß-
liche Verhacke im Wege zur Selbsterkennt-
niß, ohne deren Wegräumung keine Straße
durch den Lebenswald der Täuschungen und
Unwahrheiten zu schaffen ist.



Jetzt zur Selbstschilderung, die ich zwar
schon in den Spätlingen S. 332. und
in den Studien in Versen über mich
und über das Alter en gros versucht
habe, hier aber en detail zu liefern willens
bin, doch ohne das ne quid nimis zu ver-

großen Dienst- und Weltmenschen ausgehenden
vortrefflichen Betrachtungen und Ge-
danken
(Werke 12r Band No. 162. No. 582.)
nachstehende kurze Regeln in Fragen zur Selbst-
erkenntniß angegeben. "Welchen Gebrauch hab' ich
von meinen physischen Kräften gemacht? Wie hab'
ich meine moralischen Anlagen, Kräfte und Fähigkei-
ten entwickelt und angewandt? Was hab' ich aus
mir gemacht? Was hätt' ich aus mir machen
können? Was kann ich noch aus mir machen?
Was gehört dazu, daß der Mensch etwas aus
sich mache und durch den ihm verliehenen Stoff,
mit Geist, Muth und Aufrichtigkeit besorgt und
verarbeitet, zum Schöpfer an sich selbst werde?

Lieblingſchaft gediehene Meinungen ſind haͤß-
liche Verhacke im Wege zur Selbſterkennt-
niß, ohne deren Wegraͤumung keine Straße
durch den Lebenswald der Taͤuſchungen und
Unwahrheiten zu ſchaffen iſt.



Jetzt zur Selbſtſchilderung, die ich zwar
ſchon in den Spaͤtlingen S. 332. und
in den Studien in Verſen uͤber mich
und uͤber das Alter en gros verſucht
habe, hier aber en detail zu liefern willens
bin, doch ohne das ne quid nimis zu ver-

großen Dienſt- und Weltmenſchen ausgehenden
vortrefflichen Betrachtungen und Ge-
danken
(Werke 12r Band No. 162. No. 582.)
nachſtehende kurze Regeln in Fragen zur Selbſt-
erkenntniß angegeben. „Welchen Gebrauch hab’ ich
von meinen phyſiſchen Kraͤften gemacht? Wie hab’
ich meine moraliſchen Anlagen, Kraͤfte und Faͤhigkei-
ten entwickelt und angewandt? Was hab’ ich aus
mir gemacht? Was haͤtt’ ich aus mir machen
koͤnnen? Was kann ich noch aus mir machen?
Was gehoͤrt dazu, daß der Menſch etwas aus
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[329/0346] Lieblingſchaft gediehene Meinungen ſind haͤß- liche Verhacke im Wege zur Selbſterkennt- niß, ohne deren Wegraͤumung keine Straße durch den Lebenswald der Taͤuſchungen und Unwahrheiten zu ſchaffen iſt. Jetzt zur Selbſtſchilderung, die ich zwar ſchon in den Spaͤtlingen S. 332. und in den Studien in Verſen uͤber mich und uͤber das Alter en gros verſucht habe, hier aber en detail zu liefern willens bin, doch ohne das ne quid nimis zu ver- *) *) großen Dienſt- und Weltmenſchen ausgehenden vortrefflichen Betrachtungen und Ge- danken (Werke 12r Band No. 162. No. 582.) nachſtehende kurze Regeln in Fragen zur Selbſt- erkenntniß angegeben. „Welchen Gebrauch hab’ ich von meinen phyſiſchen Kraͤften gemacht? Wie hab’ ich meine moraliſchen Anlagen, Kraͤfte und Faͤhigkei- ten entwickelt und angewandt? Was hab’ ich aus mir gemacht? Was haͤtt’ ich aus mir machen koͤnnen? Was kann ich noch aus mir machen? Was gehoͤrt dazu, daß der Menſch etwas aus ſich mache und durch den ihm verliehenen Stoff, mit Geiſt, Muth und Aufrichtigkeit beſorgt und verarbeitet, zum Schoͤpfer an ſich ſelbſt werde?

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/346>, abgerufen am 22.11.2024.