Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

Schützling auf einer groben Lüge selbst er-
tappt hatte. Die zweyte bestand ich gegen
den Präsidenten v. B. --, der es sich er-
laubt hatte, mein mit Zustimmung des Col-
legii abgefaßtes Decret heimlich abzuändern
und es zur Unterschrift unter andre Expe-
ditionen legen zu lassen. Jch entdeckte die-
ses, warnte meine Collegen, und da Herr
v. B. -- so dreust war, die Sache nochmals
zur Sprache zu bringen, wurde meine Ge-
genrede so gut unterstützt, daß es bey mei-
nem Decret verbleiben mußte. Nicht lange
darnach wurde er vom zur Revue gekomme-
nen Könige seines Dienstes ungebeten ent-
lassen, doch ohne Pension, die er zu unsrer
Zeit gewiß eben so erhalten haben würde,
wie der jetzt schon verstorbne Präsident von
R. -- die seinige erhielt.

Jch würde diese beyden Dienstaktionen
nicht angeführt haben, wenn ich nicht wünsch-
te, daß meine etwanigen Dienstleser dadurch
sich möchten warnen lassen, in ähnlichen
Fällen weniger spöttisch und weniger be-
schämend zu verfahren, der Wahrheit hätte
doch ihr Recht bleiben und es ihr nur auf
einem mildern Wege geschafft werden können
und sollen.

Schuͤtzling auf einer groben Luͤge ſelbſt er-
tappt hatte. Die zweyte beſtand ich gegen
den Praͤſidenten v. B. —, der es ſich er-
laubt hatte, mein mit Zuſtimmung des Col-
legii abgefaßtes Decret heimlich abzuaͤndern
und es zur Unterſchrift unter andre Expe-
ditionen legen zu laſſen. Jch entdeckte die-
ſes, warnte meine Collegen, und da Herr
v. B. — ſo dreuſt war, die Sache nochmals
zur Sprache zu bringen, wurde meine Ge-
genrede ſo gut unterſtuͤtzt, daß es bey mei-
nem Decret verbleiben mußte. Nicht lange
darnach wurde er vom zur Revue gekomme-
nen Koͤnige ſeines Dienſtes ungebeten ent-
laſſen, doch ohne Penſion, die er zu unſrer
Zeit gewiß eben ſo erhalten haben wuͤrde,
wie der jetzt ſchon verſtorbne Praͤſident von
R. — die ſeinige erhielt.

Jch wuͤrde dieſe beyden Dienſtaktionen
nicht angefuͤhrt haben, wenn ich nicht wuͤnſch-
te, daß meine etwanigen Dienſtleſer dadurch
ſich moͤchten warnen laſſen, in aͤhnlichen
Faͤllen weniger ſpoͤttiſch und weniger be-
ſchaͤmend zu verfahren, der Wahrheit haͤtte
doch ihr Recht bleiben und es ihr nur auf
einem mildern Wege geſchafft werden koͤnnen
und ſollen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0167" n="150"/>
Schu&#x0364;tzling auf einer groben Lu&#x0364;ge &#x017F;elb&#x017F;t er-<lb/>
tappt hatte. Die zweyte be&#x017F;tand ich gegen<lb/>
den Pra&#x0364;&#x017F;identen v. B. &#x2014;, der es &#x017F;ich er-<lb/>
laubt hatte, mein mit Zu&#x017F;timmung des Col-<lb/>
legii abgefaßtes Decret heimlich abzua&#x0364;ndern<lb/>
und es zur Unter&#x017F;chrift unter andre Expe-<lb/>
ditionen legen zu la&#x017F;&#x017F;en. Jch entdeckte die-<lb/>
&#x017F;es, warnte meine Collegen, und da Herr<lb/>
v. B. &#x2014; &#x017F;o dreu&#x017F;t war, die Sache nochmals<lb/>
zur Sprache zu bringen, wurde meine Ge-<lb/>
genrede &#x017F;o gut unter&#x017F;tu&#x0364;tzt, daß es bey mei-<lb/>
nem Decret verbleiben mußte. Nicht lange<lb/>
darnach wurde er vom zur Revue gekomme-<lb/>
nen Ko&#x0364;nige &#x017F;eines Dien&#x017F;tes ungebeten ent-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, doch ohne Pen&#x017F;ion, die er zu un&#x017F;rer<lb/>
Zeit gewiß eben &#x017F;o erhalten haben wu&#x0364;rde,<lb/>
wie der jetzt &#x017F;chon ver&#x017F;torbne Pra&#x0364;&#x017F;ident von<lb/>
R. &#x2014; die &#x017F;einige erhielt.</p><lb/>
        <p>Jch wu&#x0364;rde die&#x017F;e beyden Dien&#x017F;taktionen<lb/>
nicht angefu&#x0364;hrt haben, wenn ich nicht wu&#x0364;n&#x017F;ch-<lb/>
te, daß meine etwanigen Dien&#x017F;tle&#x017F;er dadurch<lb/>
&#x017F;ich mo&#x0364;chten warnen la&#x017F;&#x017F;en, in a&#x0364;hnlichen<lb/>
Fa&#x0364;llen weniger &#x017F;po&#x0364;tti&#x017F;ch und weniger be-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;mend zu verfahren, der Wahrheit ha&#x0364;tte<lb/>
doch ihr Recht bleiben und es ihr nur auf<lb/>
einem mildern Wege ge&#x017F;chafft werden ko&#x0364;nnen<lb/>
und &#x017F;ollen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0167] Schuͤtzling auf einer groben Luͤge ſelbſt er- tappt hatte. Die zweyte beſtand ich gegen den Praͤſidenten v. B. —, der es ſich er- laubt hatte, mein mit Zuſtimmung des Col- legii abgefaßtes Decret heimlich abzuaͤndern und es zur Unterſchrift unter andre Expe- ditionen legen zu laſſen. Jch entdeckte die- ſes, warnte meine Collegen, und da Herr v. B. — ſo dreuſt war, die Sache nochmals zur Sprache zu bringen, wurde meine Ge- genrede ſo gut unterſtuͤtzt, daß es bey mei- nem Decret verbleiben mußte. Nicht lange darnach wurde er vom zur Revue gekomme- nen Koͤnige ſeines Dienſtes ungebeten ent- laſſen, doch ohne Penſion, die er zu unſrer Zeit gewiß eben ſo erhalten haben wuͤrde, wie der jetzt ſchon verſtorbne Praͤſident von R. — die ſeinige erhielt. Jch wuͤrde dieſe beyden Dienſtaktionen nicht angefuͤhrt haben, wenn ich nicht wuͤnſch- te, daß meine etwanigen Dienſtleſer dadurch ſich moͤchten warnen laſſen, in aͤhnlichen Faͤllen weniger ſpoͤttiſch und weniger be- ſchaͤmend zu verfahren, der Wahrheit haͤtte doch ihr Recht bleiben und es ihr nur auf einem mildern Wege geſchafft werden koͤnnen und ſollen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/167
Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/167>, abgerufen am 03.05.2024.