Da König Friedrich selbst der eigentliche Oberpräsident der Marienwerderschen Kam- mer war, obgleich Herr von Domhardt diesen Titel führte, so ging alles einen sehr raschen Schritt, kurze Berichte, immer nur auf Einer Folioseite, und prompte Bescheide, mehrentheils mit umlaufender Post. Beym Jahresschluß mußten ihm jedesmal zehntau- send blanke rändige Ducaten geschickt wer- den, für die er der Kammer eine Art von Dank sagte, als ob sie ihm geschenkt wür- den. Vielleicht wäre alles weit besser ge- gangen, wenn man nicht, meines vielfälti- gen Widerrathens ungeachtet, diesem groß- denkenden Könige anfangs nur kleine Un- wahrheiten vorgebracht hätte, die aber nach Art aller Lügen immer zunehmen mußten, und am Ende dem Hauptfabrikanten sogar persönliches Unglück zuzogen. Das Täu- schen ist nirgends gut und im Dienst ver- anlaßt es jedesmal eine Untreue, die ihren eigenen Herrn schlägt. Fürsten, deuen nicht die reine Wahrheit gesagt wird, verfallen in manche Fehler über die sie nachher von de- nen am meisten verleumdet werden, die doch dadurch, daß sie Diensttäuschungen gegen ihre Regenten ausgeübt, selbige zuerst auf un-
Da Koͤnig Friedrich ſelbſt der eigentliche Oberpraͤſident der Marienwerderſchen Kam- mer war, obgleich Herr von Domhardt dieſen Titel fuͤhrte, ſo ging alles einen ſehr raſchen Schritt, kurze Berichte, immer nur auf Einer Folioſeite, und prompte Beſcheide, mehrentheils mit umlaufender Poſt. Beym Jahresſchluß mußten ihm jedesmal zehntau- ſend blanke raͤndige Ducaten geſchickt wer- den, fuͤr die er der Kammer eine Art von Dank ſagte, als ob ſie ihm geſchenkt wuͤr- den. Vielleicht waͤre alles weit beſſer ge- gangen, wenn man nicht, meines vielfaͤlti- gen Widerrathens ungeachtet, dieſem groß- denkenden Koͤnige anfangs nur kleine Un- wahrheiten vorgebracht haͤtte, die aber nach Art aller Luͤgen immer zunehmen mußten, und am Ende dem Hauptfabrikanten ſogar perſoͤnliches Ungluͤck zuzogen. Das Taͤu- ſchen iſt nirgends gut und im Dienſt ver- anlaßt es jedesmal eine Untreue, die ihren eigenen Herrn ſchlaͤgt. Fuͤrſten, deuen nicht die reine Wahrheit geſagt wird, verfallen in manche Fehler uͤber die ſie nachher von de- nen am meiſten verleumdet werden, die doch dadurch, daß ſie Dienſttaͤuſchungen gegen ihre Regenten ausgeuͤbt, ſelbige zuerſt auf un-
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Da Koͤnig Friedrich ſelbſt der eigentliche
Oberpraͤſident der Marienwerderſchen Kam-
mer war, obgleich Herr von Domhardt
dieſen Titel fuͤhrte, ſo ging alles einen ſehr
raſchen Schritt, kurze Berichte, immer nur
auf Einer Folioſeite, und prompte Beſcheide,
mehrentheils mit umlaufender Poſt. Beym
Jahresſchluß mußten ihm jedesmal zehntau-
ſend blanke raͤndige Ducaten geſchickt wer-
den, fuͤr die er der Kammer eine Art von
Dank ſagte, als ob ſie ihm geſchenkt wuͤr-
den. Vielleicht waͤre alles weit beſſer ge-
gangen, wenn man nicht, meines vielfaͤlti-
gen Widerrathens ungeachtet, dieſem groß-
denkenden Koͤnige anfangs nur kleine Un-
wahrheiten vorgebracht haͤtte, die aber nach
Art aller Luͤgen immer zunehmen mußten,
und am Ende dem Hauptfabrikanten ſogar
perſoͤnliches Ungluͤck zuzogen. Das Taͤu-
ſchen iſt nirgends gut und im Dienſt ver-
anlaßt es jedesmal eine Untreue, die ihren
eigenen Herrn ſchlaͤgt. Fuͤrſten, deuen nicht
die reine Wahrheit geſagt wird, verfallen in
manche Fehler uͤber die ſie nachher von de-
nen am meiſten verleumdet werden, die doch
dadurch, daß ſie Dienſttaͤuſchungen gegen ihre
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/168>, abgerufen am 25.11.2024.
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