Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

Da König Friedrich selbst der eigentliche
Oberpräsident der Marienwerderschen Kam-
mer war, obgleich Herr von Domhardt
diesen Titel führte, so ging alles einen sehr
raschen Schritt, kurze Berichte, immer nur
auf Einer Folioseite, und prompte Bescheide,
mehrentheils mit umlaufender Post. Beym
Jahresschluß mußten ihm jedesmal zehntau-
send blanke rändige Ducaten geschickt wer-
den, für die er der Kammer eine Art von
Dank sagte, als ob sie ihm geschenkt wür-
den. Vielleicht wäre alles weit besser ge-
gangen, wenn man nicht, meines vielfälti-
gen Widerrathens ungeachtet, diesem groß-
denkenden Könige anfangs nur kleine Un-
wahrheiten vorgebracht hätte, die aber nach
Art aller Lügen immer zunehmen mußten,
und am Ende dem Hauptfabrikanten sogar
persönliches Unglück zuzogen. Das Täu-
schen ist nirgends gut und im Dienst ver-
anlaßt es jedesmal eine Untreue, die ihren
eigenen Herrn schlägt. Fürsten, deuen nicht
die reine Wahrheit gesagt wird, verfallen in
manche Fehler über die sie nachher von de-
nen am meisten verleumdet werden, die doch
dadurch, daß sie Diensttäuschungen gegen ihre
Regenten ausgeübt, selbige zuerst auf un-

Da Koͤnig Friedrich ſelbſt der eigentliche
Oberpraͤſident der Marienwerderſchen Kam-
mer war, obgleich Herr von Domhardt
dieſen Titel fuͤhrte, ſo ging alles einen ſehr
raſchen Schritt, kurze Berichte, immer nur
auf Einer Folioſeite, und prompte Beſcheide,
mehrentheils mit umlaufender Poſt. Beym
Jahresſchluß mußten ihm jedesmal zehntau-
ſend blanke raͤndige Ducaten geſchickt wer-
den, fuͤr die er der Kammer eine Art von
Dank ſagte, als ob ſie ihm geſchenkt wuͤr-
den. Vielleicht waͤre alles weit beſſer ge-
gangen, wenn man nicht, meines vielfaͤlti-
gen Widerrathens ungeachtet, dieſem groß-
denkenden Koͤnige anfangs nur kleine Un-
wahrheiten vorgebracht haͤtte, die aber nach
Art aller Luͤgen immer zunehmen mußten,
und am Ende dem Hauptfabrikanten ſogar
perſoͤnliches Ungluͤck zuzogen. Das Taͤu-
ſchen iſt nirgends gut und im Dienſt ver-
anlaßt es jedesmal eine Untreue, die ihren
eigenen Herrn ſchlaͤgt. Fuͤrſten, deuen nicht
die reine Wahrheit geſagt wird, verfallen in
manche Fehler uͤber die ſie nachher von de-
nen am meiſten verleumdet werden, die doch
dadurch, daß ſie Dienſttaͤuſchungen gegen ihre
Regenten ausgeuͤbt, ſelbige zuerſt auf un-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0168" n="151"/>
        <p>Da Ko&#x0364;nig Friedrich &#x017F;elb&#x017F;t der eigentliche<lb/>
Oberpra&#x0364;&#x017F;ident der Marienwerder&#x017F;chen Kam-<lb/>
mer war, obgleich Herr von <hi rendition="#g">Domhardt</hi><lb/>
die&#x017F;en Titel fu&#x0364;hrte, &#x017F;o ging alles einen &#x017F;ehr<lb/>
ra&#x017F;chen Schritt, kurze Berichte, immer nur<lb/>
auf Einer Folio&#x017F;eite, und prompte Be&#x017F;cheide,<lb/>
mehrentheils mit umlaufender Po&#x017F;t. Beym<lb/>
Jahres&#x017F;chluß mußten ihm jedesmal zehntau-<lb/>
&#x017F;end blanke ra&#x0364;ndige Ducaten ge&#x017F;chickt wer-<lb/>
den, fu&#x0364;r die er der Kammer eine Art von<lb/>
Dank &#x017F;agte, als ob &#x017F;ie ihm ge&#x017F;chenkt wu&#x0364;r-<lb/>
den. Vielleicht wa&#x0364;re alles weit be&#x017F;&#x017F;er ge-<lb/>
gangen, wenn man nicht, meines vielfa&#x0364;lti-<lb/>
gen Widerrathens ungeachtet, die&#x017F;em groß-<lb/>
denkenden Ko&#x0364;nige anfangs nur kleine Un-<lb/>
wahrheiten vorgebracht ha&#x0364;tte, die aber nach<lb/>
Art aller Lu&#x0364;gen immer zunehmen mußten,<lb/>
und am Ende dem Hauptfabrikanten &#x017F;ogar<lb/>
per&#x017F;o&#x0364;nliches Unglu&#x0364;ck zuzogen. Das Ta&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;chen i&#x017F;t nirgends gut und im Dien&#x017F;t ver-<lb/>
anlaßt es jedesmal eine Untreue, die ihren<lb/>
eigenen Herrn &#x017F;chla&#x0364;gt. Fu&#x0364;r&#x017F;ten, deuen nicht<lb/>
die reine Wahrheit ge&#x017F;agt wird, verfallen in<lb/>
manche Fehler u&#x0364;ber die &#x017F;ie nachher von de-<lb/>
nen am mei&#x017F;ten verleumdet werden, die doch<lb/>
dadurch, daß &#x017F;ie Dien&#x017F;tta&#x0364;u&#x017F;chungen gegen ihre<lb/>
Regenten ausgeu&#x0364;bt, &#x017F;elbige zuer&#x017F;t auf un-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0168] Da Koͤnig Friedrich ſelbſt der eigentliche Oberpraͤſident der Marienwerderſchen Kam- mer war, obgleich Herr von Domhardt dieſen Titel fuͤhrte, ſo ging alles einen ſehr raſchen Schritt, kurze Berichte, immer nur auf Einer Folioſeite, und prompte Beſcheide, mehrentheils mit umlaufender Poſt. Beym Jahresſchluß mußten ihm jedesmal zehntau- ſend blanke raͤndige Ducaten geſchickt wer- den, fuͤr die er der Kammer eine Art von Dank ſagte, als ob ſie ihm geſchenkt wuͤr- den. Vielleicht waͤre alles weit beſſer ge- gangen, wenn man nicht, meines vielfaͤlti- gen Widerrathens ungeachtet, dieſem groß- denkenden Koͤnige anfangs nur kleine Un- wahrheiten vorgebracht haͤtte, die aber nach Art aller Luͤgen immer zunehmen mußten, und am Ende dem Hauptfabrikanten ſogar perſoͤnliches Ungluͤck zuzogen. Das Taͤu- ſchen iſt nirgends gut und im Dienſt ver- anlaßt es jedesmal eine Untreue, die ihren eigenen Herrn ſchlaͤgt. Fuͤrſten, deuen nicht die reine Wahrheit geſagt wird, verfallen in manche Fehler uͤber die ſie nachher von de- nen am meiſten verleumdet werden, die doch dadurch, daß ſie Dienſttaͤuſchungen gegen ihre Regenten ausgeuͤbt, ſelbige zuerſt auf un-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/168
Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/168>, abgerufen am 03.05.2024.