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Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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bitterer sind, als die ein betrogenes gutes Weib weint. Da Isabella nun Faburg lange nicht gesehen, fragte sie ihren Gemahl freimüthig und unbefangen nach der Ursache. Er aber zeigte nur mit dem Finger zum Fenster hinab, an welchem sie standen, und unter welchem derselbe, jetzt schon entfernter, hingeführt ward, und sagte nur lächelnd: Er hatte sich in dich verliebt, mein Kind!

Mein Gott! -- Faaburg!

Siehst du! Er rührt dich doch! Ein Verliebter ist immer gefährlich, auch ein ofengroßer, unansehnlicher und kaum angesehener Faaburg. Denn Alles hat seine Zeit, auch jeder Mensch. Und du sollst mir ohne Fehl und Verdacht, selbst ohne Nachrede und Nachliebe sein; denn es macht ein Weib lächerlich, von einem Lächerlichen angebetet zu sein. Laß ihn nun beten, zu Dem er es Ursache hat, denn er hat viele Menschen betrogen. --

So ließ er sie am Fenster stehen und nachsehen. Sie war hoch erröthet. Und wenn etwas Erfreuliches in diesem Herben lag, so war es für sie die Betrachtung, daß ihr Gemahl so sehr auf sie halte, wie treu er ihr sei und sein müsse, da er solche Worte zu ihr gesprochen, wenn er auch sonst sich so gut wie gar nicht um sie bekümmerte, und sie ohne Kinder -- ohne ein einziges Kind, meist einsam und in Gedanken saß. -- Faaburg, der arme Faaburg, hatte sich in sie verliebt -- und sollte darum gehangen werden, dachte und fühlte sie jetzt voll unerträglicher Unruhe und Angst. Und

bitterer sind, als die ein betrogenes gutes Weib weint. Da Isabella nun Faburg lange nicht gesehen, fragte sie ihren Gemahl freimüthig und unbefangen nach der Ursache. Er aber zeigte nur mit dem Finger zum Fenster hinab, an welchem sie standen, und unter welchem derselbe, jetzt schon entfernter, hingeführt ward, und sagte nur lächelnd: Er hatte sich in dich verliebt, mein Kind!

Mein Gott! — Faaburg!

Siehst du! Er rührt dich doch! Ein Verliebter ist immer gefährlich, auch ein ofengroßer, unansehnlicher und kaum angesehener Faaburg. Denn Alles hat seine Zeit, auch jeder Mensch. Und du sollst mir ohne Fehl und Verdacht, selbst ohne Nachrede und Nachliebe sein; denn es macht ein Weib lächerlich, von einem Lächerlichen angebetet zu sein. Laß ihn nun beten, zu Dem er es Ursache hat, denn er hat viele Menschen betrogen. —

So ließ er sie am Fenster stehen und nachsehen. Sie war hoch erröthet. Und wenn etwas Erfreuliches in diesem Herben lag, so war es für sie die Betrachtung, daß ihr Gemahl so sehr auf sie halte, wie treu er ihr sei und sein müsse, da er solche Worte zu ihr gesprochen, wenn er auch sonst sich so gut wie gar nicht um sie bekümmerte, und sie ohne Kinder — ohne ein einziges Kind, meist einsam und in Gedanken saß. — Faaburg, der arme Faaburg, hatte sich in sie verliebt — und sollte darum gehangen werden, dachte und fühlte sie jetzt voll unerträglicher Unruhe und Angst. Und

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[0078] bitterer sind, als die ein betrogenes gutes Weib weint. Da Isabella nun Faburg lange nicht gesehen, fragte sie ihren Gemahl freimüthig und unbefangen nach der Ursache. Er aber zeigte nur mit dem Finger zum Fenster hinab, an welchem sie standen, und unter welchem derselbe, jetzt schon entfernter, hingeführt ward, und sagte nur lächelnd: Er hatte sich in dich verliebt, mein Kind! Mein Gott! — Faaburg! Siehst du! Er rührt dich doch! Ein Verliebter ist immer gefährlich, auch ein ofengroßer, unansehnlicher und kaum angesehener Faaburg. Denn Alles hat seine Zeit, auch jeder Mensch. Und du sollst mir ohne Fehl und Verdacht, selbst ohne Nachrede und Nachliebe sein; denn es macht ein Weib lächerlich, von einem Lächerlichen angebetet zu sein. Laß ihn nun beten, zu Dem er es Ursache hat, denn er hat viele Menschen betrogen. — So ließ er sie am Fenster stehen und nachsehen. Sie war hoch erröthet. Und wenn etwas Erfreuliches in diesem Herben lag, so war es für sie die Betrachtung, daß ihr Gemahl so sehr auf sie halte, wie treu er ihr sei und sein müsse, da er solche Worte zu ihr gesprochen, wenn er auch sonst sich so gut wie gar nicht um sie bekümmerte, und sie ohne Kinder — ohne ein einziges Kind, meist einsam und in Gedanken saß. — Faaburg, der arme Faaburg, hatte sich in sie verliebt — und sollte darum gehangen werden, dachte und fühlte sie jetzt voll unerträglicher Unruhe und Angst. Und

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Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/78>, abgerufen am 25.11.2024.