Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

zu tragen und sich dann als Delinquent in das bekannte Gefängniß zu stellen, zu setzen oder zu legen -- da war er todtenblaß geworden, mit dem Kopf auf den Tisch gesunken, und die Kehle war ihm wie zugeschnürt. So lag er. Endlich kam er zu sich, er wollte sich dem König zu Füßen werfen, um Gnade bitten -- er stand auf, er sah sich um -- der König war fort -- der Befehl war fort, und in die Thüre trat die Wache, der er besinnungslos zu Füßen fiel, und die ihn forttrug.

Seine Untersuchung wurde ganz im Geheimen betrieben. Seine Schuld hätte, ihrer Stärke nach, ein Schiffstau verdient -- wie der König zu Torbern sagte, der ihm das Urtheil vorlegen mußte -- aber es mag bei dem Strange bewenden. --

Nicht schonender wurden auch Hofbediente der Königin bestraft, welche sich ihr zu Liebe und Gunst theils über des Königs Verbindung mit Düvecke aufgehalten, theils das arme Mädchen selbst getadelt. Die verhängten Strafen waren für Manche noch ärger als der Tod; denn den Geizigen und gern Reichen wurden die Güter eingezogen; Die, welche an der liebenswürdigen, sanften Königin hingen oder die Stadt und das Vaterland liebten, wurden des Landes verwiesen. Denn wenn der König auch nicht, wie er wohl konnte, seine Gemahlin Isabella glücklich machen mochte, so wollte er sie doch auch nicht unglücklich wissen durch Kunde von seinem Umgange, weil die meisten Thränen um Schuld und Fehl der Männer vergossen werden, und keine Thränen

zu tragen und sich dann als Delinquent in das bekannte Gefängniß zu stellen, zu setzen oder zu legen — da war er todtenblaß geworden, mit dem Kopf auf den Tisch gesunken, und die Kehle war ihm wie zugeschnürt. So lag er. Endlich kam er zu sich, er wollte sich dem König zu Füßen werfen, um Gnade bitten — er stand auf, er sah sich um — der König war fort — der Befehl war fort, und in die Thüre trat die Wache, der er besinnungslos zu Füßen fiel, und die ihn forttrug.

Seine Untersuchung wurde ganz im Geheimen betrieben. Seine Schuld hätte, ihrer Stärke nach, ein Schiffstau verdient — wie der König zu Torbern sagte, der ihm das Urtheil vorlegen mußte — aber es mag bei dem Strange bewenden. —

Nicht schonender wurden auch Hofbediente der Königin bestraft, welche sich ihr zu Liebe und Gunst theils über des Königs Verbindung mit Düvecke aufgehalten, theils das arme Mädchen selbst getadelt. Die verhängten Strafen waren für Manche noch ärger als der Tod; denn den Geizigen und gern Reichen wurden die Güter eingezogen; Die, welche an der liebenswürdigen, sanften Königin hingen oder die Stadt und das Vaterland liebten, wurden des Landes verwiesen. Denn wenn der König auch nicht, wie er wohl konnte, seine Gemahlin Isabella glücklich machen mochte, so wollte er sie doch auch nicht unglücklich wissen durch Kunde von seinem Umgange, weil die meisten Thränen um Schuld und Fehl der Männer vergossen werden, und keine Thränen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="6">
        <p><pb facs="#f0077"/>
zu tragen und sich dann als Delinquent in das bekannte Gefängniß zu                stellen, zu setzen oder zu legen &#x2014; da war er todtenblaß geworden, mit dem Kopf auf                den Tisch gesunken, und die Kehle war ihm wie zugeschnürt. So lag er. Endlich kam er                zu sich, er wollte sich dem König zu Füßen werfen, um Gnade bitten &#x2014; er stand auf, er                sah sich um &#x2014; der König war fort &#x2014; der Befehl war fort, und in die Thüre trat die                Wache, der er besinnungslos zu Füßen fiel, und die ihn forttrug.</p><lb/>
        <p>Seine Untersuchung wurde ganz im Geheimen betrieben. Seine Schuld hätte, ihrer Stärke                nach, ein Schiffstau verdient &#x2014; wie der König zu Torbern sagte, der ihm das Urtheil                vorlegen mußte &#x2014; aber es mag bei dem Strange bewenden. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Nicht schonender wurden auch Hofbediente der Königin bestraft, welche sich ihr zu                Liebe und Gunst theils über des Königs Verbindung mit Düvecke aufgehalten, theils das                arme Mädchen selbst getadelt. Die verhängten Strafen waren für Manche noch ärger als                der Tod; denn den Geizigen und gern Reichen wurden die Güter eingezogen; Die, welche                an der liebenswürdigen, sanften Königin hingen oder die Stadt und das Vaterland                liebten, wurden des Landes verwiesen. Denn wenn der König auch nicht, wie er wohl                konnte, seine Gemahlin Isabella glücklich machen mochte, so wollte er sie doch auch                nicht unglücklich wissen durch Kunde von seinem Umgange, weil die meisten Thränen um                Schuld und Fehl der Männer vergossen werden, und keine Thränen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0077] zu tragen und sich dann als Delinquent in das bekannte Gefängniß zu stellen, zu setzen oder zu legen — da war er todtenblaß geworden, mit dem Kopf auf den Tisch gesunken, und die Kehle war ihm wie zugeschnürt. So lag er. Endlich kam er zu sich, er wollte sich dem König zu Füßen werfen, um Gnade bitten — er stand auf, er sah sich um — der König war fort — der Befehl war fort, und in die Thüre trat die Wache, der er besinnungslos zu Füßen fiel, und die ihn forttrug. Seine Untersuchung wurde ganz im Geheimen betrieben. Seine Schuld hätte, ihrer Stärke nach, ein Schiffstau verdient — wie der König zu Torbern sagte, der ihm das Urtheil vorlegen mußte — aber es mag bei dem Strange bewenden. — Nicht schonender wurden auch Hofbediente der Königin bestraft, welche sich ihr zu Liebe und Gunst theils über des Königs Verbindung mit Düvecke aufgehalten, theils das arme Mädchen selbst getadelt. Die verhängten Strafen waren für Manche noch ärger als der Tod; denn den Geizigen und gern Reichen wurden die Güter eingezogen; Die, welche an der liebenswürdigen, sanften Königin hingen oder die Stadt und das Vaterland liebten, wurden des Landes verwiesen. Denn wenn der König auch nicht, wie er wohl konnte, seine Gemahlin Isabella glücklich machen mochte, so wollte er sie doch auch nicht unglücklich wissen durch Kunde von seinem Umgange, weil die meisten Thränen um Schuld und Fehl der Männer vergossen werden, und keine Thränen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:50:59Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:50:59Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/77
Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/77>, abgerufen am 25.11.2024.