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Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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chen, beruhigenden und milden Lichte des blutroth aufgehenden Mondes. Aber dem war nicht so. Man hörte jetzt die hohlen, aus Sprachröhren herbrausenden, wie aus Beryllus Ochsenkehlen kläglich erschallenden Stimmen der Hülferufenden. Der König wollte ohne Weiteres noch die entfernteren Hütten selbst mit einem ergriffenen Brande anzünden; aber so widerstanden ihm die Leute mit Fischhaken, Stecheisen und Aexten und glaubten auf seine Worte nicht, daß er der König sei, weil er so eigenmächtig und ungerecht handeln wolle. Er durfte nicht, und mußte sich bequemen. Die gekauften Hütten waren niedergebrannt, und die Gefahr war aufs Höchste gestiegen. Da trat Düvecke zu Torbern bei Seite und sprach zu ihm, indem sie seine Hand an ihren Busen drückte: Torbern! lieber Torbern! Alles kann sich zu meinem und also zu Eurem Besten ändern -- wenn Ihr die Königin rettet!

Er stöhnte schwer und tief, zog seine Hand von dem Feuerherde der Liebe zurück, aber ging zu den Männern, und kurze Zeit darauf fuhr er nach dem Schiffe hinaus, und Düvecke weinte ihm nach und warf sich auf die Erde und betete.

Alles ward finster. Es war nicht auszuwarten. Niemand kam bis nach Mitternacht, verzweifelnd ging sie zu Bett. Aber am Morgen sah sie das zerrissene und beschädigte Schiff am Ufer und hörte, die Königin sei am Lande. Sie eilte zu Torbern, ihm zu danken. Aber er schlief und schlief den ganzen Tag; am folgenden war er mit König und Königin fort nach Kopenhagen.

chen, beruhigenden und milden Lichte des blutroth aufgehenden Mondes. Aber dem war nicht so. Man hörte jetzt die hohlen, aus Sprachröhren herbrausenden, wie aus Beryllus Ochsenkehlen kläglich erschallenden Stimmen der Hülferufenden. Der König wollte ohne Weiteres noch die entfernteren Hütten selbst mit einem ergriffenen Brande anzünden; aber so widerstanden ihm die Leute mit Fischhaken, Stecheisen und Aexten und glaubten auf seine Worte nicht, daß er der König sei, weil er so eigenmächtig und ungerecht handeln wolle. Er durfte nicht, und mußte sich bequemen. Die gekauften Hütten waren niedergebrannt, und die Gefahr war aufs Höchste gestiegen. Da trat Düvecke zu Torbern bei Seite und sprach zu ihm, indem sie seine Hand an ihren Busen drückte: Torbern! lieber Torbern! Alles kann sich zu meinem und also zu Eurem Besten ändern — wenn Ihr die Königin rettet!

Er stöhnte schwer und tief, zog seine Hand von dem Feuerherde der Liebe zurück, aber ging zu den Männern, und kurze Zeit darauf fuhr er nach dem Schiffe hinaus, und Düvecke weinte ihm nach und warf sich auf die Erde und betete.

Alles ward finster. Es war nicht auszuwarten. Niemand kam bis nach Mitternacht, verzweifelnd ging sie zu Bett. Aber am Morgen sah sie das zerrissene und beschädigte Schiff am Ufer und hörte, die Königin sei am Lande. Sie eilte zu Torbern, ihm zu danken. Aber er schlief und schlief den ganzen Tag; am folgenden war er mit König und Königin fort nach Kopenhagen.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:50:59Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/64>, abgerufen am 10.05.2024.