Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

groß, daß das Schiff, ängstliche Zeichen von sich gebend, bis gegen die Nacht hin draußen auf den hohen, schäumenden, tosenden Wogen und heulenden Stürmen gehalten wurde. Ja, die erfahrensten Schiffer und Fischer schlugen jede Belohnung, selbst dem Könige aus, der die Männer gewaltsam in die Boote trug und darin anband. Zwei solcher gepreßten Retter gingen nahe vom Ufer selbst rettungslos unter, und ihre Leichen kamen mit Holz und Brettern und Schaum und Trümmern vermischt und in langes, grünes Meergras gewickelt ans Ufer getrieben, wo ihre Frauen und Kinder aus Furcht vor der Gegenwart des Königs zwar laut schrieen und weinten und die Todten in ihre Hütten trugen, aber ohne ein Wort -- bis dahin -- zu reden.

Da, schon in sinkender Nacht, kaufte Torbern Ore die drei nächsten Hütten am Ufer, bezahlte alles, was die Leute darin hatten, doppelt und dreifach und zündete sie der Erlöserin seiner Geliebten als drei Leuchtthürme an, die breiter, heller und höher und weiter hinausleuchteten in die wüste, grausende Nacht, als dreißig Leuchtthürme. So war das Schiff denn wieder zu sehen und sahe; denn es lag ein purpurrother ruhiger Schein, wie ein göttliches Oel aus der Sonnenblume der Sonne gepreßt, auf der göttlichen See hinausgegossen, und der purpurrothe ruhige Schein richtete sich an den schwarzen, gethürmten und wieder zerrissenen Wolken auf und schien sie zu besänftigen, und die Nacht schien sich zu schämen wie vor dem, dem Mohnöl glei-

groß, daß das Schiff, ängstliche Zeichen von sich gebend, bis gegen die Nacht hin draußen auf den hohen, schäumenden, tosenden Wogen und heulenden Stürmen gehalten wurde. Ja, die erfahrensten Schiffer und Fischer schlugen jede Belohnung, selbst dem Könige aus, der die Männer gewaltsam in die Boote trug und darin anband. Zwei solcher gepreßten Retter gingen nahe vom Ufer selbst rettungslos unter, und ihre Leichen kamen mit Holz und Brettern und Schaum und Trümmern vermischt und in langes, grünes Meergras gewickelt ans Ufer getrieben, wo ihre Frauen und Kinder aus Furcht vor der Gegenwart des Königs zwar laut schrieen und weinten und die Todten in ihre Hütten trugen, aber ohne ein Wort — bis dahin — zu reden.

Da, schon in sinkender Nacht, kaufte Torbern Ore die drei nächsten Hütten am Ufer, bezahlte alles, was die Leute darin hatten, doppelt und dreifach und zündete sie der Erlöserin seiner Geliebten als drei Leuchtthürme an, die breiter, heller und höher und weiter hinausleuchteten in die wüste, grausende Nacht, als dreißig Leuchtthürme. So war das Schiff denn wieder zu sehen und sahe; denn es lag ein purpurrother ruhiger Schein, wie ein göttliches Oel aus der Sonnenblume der Sonne gepreßt, auf der göttlichen See hinausgegossen, und der purpurrothe ruhige Schein richtete sich an den schwarzen, gethürmten und wieder zerrissenen Wolken auf und schien sie zu besänftigen, und die Nacht schien sich zu schämen wie vor dem, dem Mohnöl glei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="5">
        <p><pb facs="#f0063"/>
groß, daß das Schiff, ängstliche Zeichen von sich gebend, bis gegen die                Nacht hin draußen auf den hohen, schäumenden, tosenden Wogen und heulenden Stürmen                gehalten wurde. Ja, die erfahrensten Schiffer und Fischer schlugen jede Belohnung,                selbst dem Könige aus, der die Männer gewaltsam in die Boote trug und darin anband.                Zwei solcher gepreßten Retter gingen nahe vom Ufer selbst rettungslos unter, und ihre                Leichen kamen mit Holz und Brettern und Schaum und Trümmern vermischt und in langes,                grünes Meergras gewickelt ans Ufer getrieben, wo ihre Frauen und Kinder aus Furcht                vor der Gegenwart des Königs zwar laut schrieen und weinten und die Todten in ihre                Hütten trugen, aber ohne ein Wort &#x2014; bis dahin &#x2014; zu reden.</p><lb/>
        <p>Da, schon in sinkender Nacht, kaufte Torbern Ore die drei nächsten Hütten am Ufer,                bezahlte alles, was die Leute darin hatten, doppelt und dreifach und zündete sie der                Erlöserin seiner Geliebten als drei Leuchtthürme an, die breiter, heller und höher                und weiter hinausleuchteten in die wüste, grausende Nacht, als dreißig Leuchtthürme.                So war das Schiff denn wieder zu sehen und sahe; denn es lag ein purpurrother ruhiger                Schein, wie ein göttliches Oel aus der Sonnenblume der Sonne gepreßt, auf der                göttlichen See hinausgegossen, und der purpurrothe ruhige Schein richtete sich an den                schwarzen, gethürmten und wieder zerrissenen Wolken auf und schien sie zu                besänftigen, und die Nacht schien sich zu schämen wie vor dem, dem Mohnöl glei-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0063] groß, daß das Schiff, ängstliche Zeichen von sich gebend, bis gegen die Nacht hin draußen auf den hohen, schäumenden, tosenden Wogen und heulenden Stürmen gehalten wurde. Ja, die erfahrensten Schiffer und Fischer schlugen jede Belohnung, selbst dem Könige aus, der die Männer gewaltsam in die Boote trug und darin anband. Zwei solcher gepreßten Retter gingen nahe vom Ufer selbst rettungslos unter, und ihre Leichen kamen mit Holz und Brettern und Schaum und Trümmern vermischt und in langes, grünes Meergras gewickelt ans Ufer getrieben, wo ihre Frauen und Kinder aus Furcht vor der Gegenwart des Königs zwar laut schrieen und weinten und die Todten in ihre Hütten trugen, aber ohne ein Wort — bis dahin — zu reden. Da, schon in sinkender Nacht, kaufte Torbern Ore die drei nächsten Hütten am Ufer, bezahlte alles, was die Leute darin hatten, doppelt und dreifach und zündete sie der Erlöserin seiner Geliebten als drei Leuchtthürme an, die breiter, heller und höher und weiter hinausleuchteten in die wüste, grausende Nacht, als dreißig Leuchtthürme. So war das Schiff denn wieder zu sehen und sahe; denn es lag ein purpurrother ruhiger Schein, wie ein göttliches Oel aus der Sonnenblume der Sonne gepreßt, auf der göttlichen See hinausgegossen, und der purpurrothe ruhige Schein richtete sich an den schwarzen, gethürmten und wieder zerrissenen Wolken auf und schien sie zu besänftigen, und die Nacht schien sich zu schämen wie vor dem, dem Mohnöl glei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:50:59Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:50:59Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/63
Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/63>, abgerufen am 10.05.2024.