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Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Zwecken beschlagenen Sessels hing das rosenfarbene Brautkleid. Aber der Schein der Sonne kam matt, gelb und bleich unter Gewitterwolken hervor, und die Beleuchtung war ängstlich, ja grauenhaft. Sie sprang aus dem Bett -- sie rührte das Kleid an wie ein Gespenst und schauderte vor dem leisen Geräusch des Atlasses zurück -- die Perlenschnur um ihren Nacken war zerrissen und verschüttete die Perlen, die aus dem Boden hart und scharf in die Ecken rieselten und schurrten -- -- nun war es todtenstill. Sie horchte. Sie blickte auf das Meer hinaus. Was sie Einem streng aus weiblicher Ehre verweigert, das hatte sie einem Andern aus Furcht und Liebe zugestanden! Ihre Brust war beklommen, sie brach in Thränen aus, verdeckte ihr Gesicht mit den Händen und warf sich aufs Bett, weinte sich aus, schlief endlich und träumte sich wieder ein, und am folgenden Morgen erst begann für sie der gestrige Tag.

Sie ging in die Beichte. Und nachdem sie der geistliche Herr absolvirt, sagte er ihr für die Zukunft: Du sollst nicht Abschied nehmen ohne Zeugen, meine Tochter! Keine Jungfrau soll das, und kein Weib von einem Andern als ihrem Manne, Vater oder Bruder; von keinem sonst! Der Scheidende ist eine Art Sterbender. Aber er lebt und bleibt noch! Der Frauen Herz aber ist in der Scheidestunde wie zum Tode betrübt und erweicht. Nichts scheint ihnen wichtiger, als den Geliebten ganz zu beglücken, damit er ruhig scheide. Die Scheidestunde hebt die Zukunft

Zwecken beschlagenen Sessels hing das rosenfarbene Brautkleid. Aber der Schein der Sonne kam matt, gelb und bleich unter Gewitterwolken hervor, und die Beleuchtung war ängstlich, ja grauenhaft. Sie sprang aus dem Bett — sie rührte das Kleid an wie ein Gespenst und schauderte vor dem leisen Geräusch des Atlasses zurück — die Perlenschnur um ihren Nacken war zerrissen und verschüttete die Perlen, die aus dem Boden hart und scharf in die Ecken rieselten und schurrten — — nun war es todtenstill. Sie horchte. Sie blickte auf das Meer hinaus. Was sie Einem streng aus weiblicher Ehre verweigert, das hatte sie einem Andern aus Furcht und Liebe zugestanden! Ihre Brust war beklommen, sie brach in Thränen aus, verdeckte ihr Gesicht mit den Händen und warf sich aufs Bett, weinte sich aus, schlief endlich und träumte sich wieder ein, und am folgenden Morgen erst begann für sie der gestrige Tag.

Sie ging in die Beichte. Und nachdem sie der geistliche Herr absolvirt, sagte er ihr für die Zukunft: Du sollst nicht Abschied nehmen ohne Zeugen, meine Tochter! Keine Jungfrau soll das, und kein Weib von einem Andern als ihrem Manne, Vater oder Bruder; von keinem sonst! Der Scheidende ist eine Art Sterbender. Aber er lebt und bleibt noch! Der Frauen Herz aber ist in der Scheidestunde wie zum Tode betrübt und erweicht. Nichts scheint ihnen wichtiger, als den Geliebten ganz zu beglücken, damit er ruhig scheide. Die Scheidestunde hebt die Zukunft

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[0041] Zwecken beschlagenen Sessels hing das rosenfarbene Brautkleid. Aber der Schein der Sonne kam matt, gelb und bleich unter Gewitterwolken hervor, und die Beleuchtung war ängstlich, ja grauenhaft. Sie sprang aus dem Bett — sie rührte das Kleid an wie ein Gespenst und schauderte vor dem leisen Geräusch des Atlasses zurück — die Perlenschnur um ihren Nacken war zerrissen und verschüttete die Perlen, die aus dem Boden hart und scharf in die Ecken rieselten und schurrten — — nun war es todtenstill. Sie horchte. Sie blickte auf das Meer hinaus. Was sie Einem streng aus weiblicher Ehre verweigert, das hatte sie einem Andern aus Furcht und Liebe zugestanden! Ihre Brust war beklommen, sie brach in Thränen aus, verdeckte ihr Gesicht mit den Händen und warf sich aufs Bett, weinte sich aus, schlief endlich und träumte sich wieder ein, und am folgenden Morgen erst begann für sie der gestrige Tag. Sie ging in die Beichte. Und nachdem sie der geistliche Herr absolvirt, sagte er ihr für die Zukunft: Du sollst nicht Abschied nehmen ohne Zeugen, meine Tochter! Keine Jungfrau soll das, und kein Weib von einem Andern als ihrem Manne, Vater oder Bruder; von keinem sonst! Der Scheidende ist eine Art Sterbender. Aber er lebt und bleibt noch! Der Frauen Herz aber ist in der Scheidestunde wie zum Tode betrübt und erweicht. Nichts scheint ihnen wichtiger, als den Geliebten ganz zu beglücken, damit er ruhig scheide. Die Scheidestunde hebt die Zukunft

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Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/41>, abgerufen am 22.11.2024.