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Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Frau Sigbritte lieb war, als Rache dafür, daß sie ihre Bauern nicht aufgenommen. Einige flüchtende Einwohner ergriffen sie aber und stürzten sie in einen Landsee, woraus sie der König selber errettete und nach der Stadt fuhr, während Schüsse auf sie fielen. Sie ließ aber die Bauern hinrichten. Da nun der König auch den jütländischen Adel wie den schwedischen in Stockholm ausrotten wollte, wählte sich Jütland, auf das Bündniß der Bischöfe gestützt, einen andern König und kündigte ihm urkundlich den Gehorsam auf, und Magnus Munk ließ ihm bei einem Besuch den Absagebrief in einem -- vergessenen -- Handschuh zurück.

So war denn sein Muth gebrochen; denn aus Schuldbewußtsein und Befürchtung ließ er, ja warf er, seinem Charakter gemäß, gleich Alles, auch Das noch mit Stolz aus den Händen, was vielleicht zu erhalten war. Nur seine Gemahlin Isabella suchte noch Hülfe bei ihrem Bruder, dem Kaiser Karl, und bei Frau Margaretha, Statthalterin der Niederlande. -- Umsonst.

-- Die geduldig liebende Isabella hatte Unsägliches ausgestanden -- aber Alles war gut, denn ihr Gemahl schien sie zu lieben, da sie ihm in den wenig Jahren, seit Düvecke todt war, selbst in einem Jahre drei Kinder geboren, seinen Hans im Februar und die Zwillinge Maximilian und Philipp im December -- und das Jahr darauf noch eine Tochter. Sie war also doch ein Weib und eine glückliche Mutter, wenn sie auch keine Königin mehr sein sollte. Denn sie hatte den Unterschied

Frau Sigbritte lieb war, als Rache dafür, daß sie ihre Bauern nicht aufgenommen. Einige flüchtende Einwohner ergriffen sie aber und stürzten sie in einen Landsee, woraus sie der König selber errettete und nach der Stadt fuhr, während Schüsse auf sie fielen. Sie ließ aber die Bauern hinrichten. Da nun der König auch den jütländischen Adel wie den schwedischen in Stockholm ausrotten wollte, wählte sich Jütland, auf das Bündniß der Bischöfe gestützt, einen andern König und kündigte ihm urkundlich den Gehorsam auf, und Magnus Munk ließ ihm bei einem Besuch den Absagebrief in einem — vergessenen — Handschuh zurück.

So war denn sein Muth gebrochen; denn aus Schuldbewußtsein und Befürchtung ließ er, ja warf er, seinem Charakter gemäß, gleich Alles, auch Das noch mit Stolz aus den Händen, was vielleicht zu erhalten war. Nur seine Gemahlin Isabella suchte noch Hülfe bei ihrem Bruder, dem Kaiser Karl, und bei Frau Margaretha, Statthalterin der Niederlande. — Umsonst.

— Die geduldig liebende Isabella hatte Unsägliches ausgestanden — aber Alles war gut, denn ihr Gemahl schien sie zu lieben, da sie ihm in den wenig Jahren, seit Düvecke todt war, selbst in einem Jahre drei Kinder geboren, seinen Hans im Februar und die Zwillinge Maximilian und Philipp im December — und das Jahr darauf noch eine Tochter. Sie war also doch ein Weib und eine glückliche Mutter, wenn sie auch keine Königin mehr sein sollte. Denn sie hatte den Unterschied

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[0116] Frau Sigbritte lieb war, als Rache dafür, daß sie ihre Bauern nicht aufgenommen. Einige flüchtende Einwohner ergriffen sie aber und stürzten sie in einen Landsee, woraus sie der König selber errettete und nach der Stadt fuhr, während Schüsse auf sie fielen. Sie ließ aber die Bauern hinrichten. Da nun der König auch den jütländischen Adel wie den schwedischen in Stockholm ausrotten wollte, wählte sich Jütland, auf das Bündniß der Bischöfe gestützt, einen andern König und kündigte ihm urkundlich den Gehorsam auf, und Magnus Munk ließ ihm bei einem Besuch den Absagebrief in einem — vergessenen — Handschuh zurück. So war denn sein Muth gebrochen; denn aus Schuldbewußtsein und Befürchtung ließ er, ja warf er, seinem Charakter gemäß, gleich Alles, auch Das noch mit Stolz aus den Händen, was vielleicht zu erhalten war. Nur seine Gemahlin Isabella suchte noch Hülfe bei ihrem Bruder, dem Kaiser Karl, und bei Frau Margaretha, Statthalterin der Niederlande. — Umsonst. — Die geduldig liebende Isabella hatte Unsägliches ausgestanden — aber Alles war gut, denn ihr Gemahl schien sie zu lieben, da sie ihm in den wenig Jahren, seit Düvecke todt war, selbst in einem Jahre drei Kinder geboren, seinen Hans im Februar und die Zwillinge Maximilian und Philipp im December — und das Jahr darauf noch eine Tochter. Sie war also doch ein Weib und eine glückliche Mutter, wenn sie auch keine Königin mehr sein sollte. Denn sie hatte den Unterschied

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:50:59Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:50:59Z)

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Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/116>, abgerufen am 10.05.2024.