zu lieben: dann werdet ihr fühlen, daß ohne das Wohlbefinden Dieser, auch euer Zustand nicht angenehm ist!
Auch bey diesem Triebe zeigt sich die Wahr- heit des vortreflichen ciceronianischen Spruchs: Animi cultus est humanitatis cibus (Aufklä- rung des Geistes ist die Nahrung der Menschlich- keit). Denn je weiter der Mensch in der ächten Cultur rückt, desto weiter wird auch der Begrif seines Selbsts. Das Kind rechnet dazu noch nichts, als seinen Körper; wenn es Nahrung und Bequemlichkeit für diesen hat, ist's ihm ge- nug. Eben so der in der Rohheit lebende Mensch. Die Sinnlichkeit ist sein Selbst; was dieser be- hagt, das begehrt er, und stößt zurück, was ihr unangenehm ist. Je mehr sich die Fähigkeiten des Geistes und die Gefühle des Herzens entwi- ckeln, desto mehr wächst auch die Anzahl der Ge- genstände, die man mit seinem Selbst verbindet. Jeder Schritt auf dem Felde der geistigen und moralischen Ausbildung gewährt neue Aussichten zur Vergrößerung des Wohlbefindens, neue Hof- nung zur Freude und Lust.
Aber freylich kann auch dieser herrliche Grund- trieb der menschlichen Seele verderbt werden: kann statt nach dem Willen der Natur die Ge- meinschaft und Verbrüderung mit Andern zu beför-
dern,
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zu lieben: dann werdet ihr fuͤhlen, daß ohne das Wohlbefinden Dieſer, auch euer Zuſtand nicht angenehm iſt!
Auch bey dieſem Triebe zeigt ſich die Wahr- heit des vortreflichen ciceronianiſchen Spruchs: Animi cultus eſt humanitatis cibus (Aufklaͤ- rung des Geiſtes iſt die Nahrung der Menſchlich- keit). Denn je weiter der Menſch in der aͤchten Cultur ruͤckt, deſto weiter wird auch der Begrif ſeines Selbſts. Das Kind rechnet dazu noch nichts, als ſeinen Koͤrper; wenn es Nahrung und Bequemlichkeit fuͤr dieſen hat, iſt's ihm ge- nug. Eben ſo der in der Rohheit lebende Menſch. Die Sinnlichkeit iſt ſein Selbſt; was dieſer be- hagt, das begehrt er, und ſtoͤßt zuruͤck, was ihr unangenehm iſt. Je mehr ſich die Faͤhigkeiten des Geiſtes und die Gefuͤhle des Herzens entwi- ckeln, deſto mehr waͤchſt auch die Anzahl der Ge- genſtaͤnde, die man mit ſeinem Selbſt verbindet. Jeder Schritt auf dem Felde der geiſtigen und moraliſchen Ausbildung gewaͤhrt neue Ausſichten zur Vergroͤßerung des Wohlbefindens, neue Hof- nung zur Freude und Luſt.
Aber freylich kann auch dieſer herrliche Grund- trieb der menſchlichen Seele verderbt werden: kann ſtatt nach dem Willen der Natur die Ge- meinſchaft und Verbruͤderung mit Andern zu befoͤr-
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zu lieben: dann werdet ihr fuͤhlen, daß ohne das
Wohlbefinden Dieſer, auch euer Zuſtand nicht
angenehm iſt!
Auch bey dieſem Triebe zeigt ſich die Wahr-
heit des vortreflichen ciceronianiſchen Spruchs:
Animi cultus eſt humanitatis cibus (Aufklaͤ-
rung des Geiſtes iſt die Nahrung der Menſchlich-
keit). Denn je weiter der Menſch in der aͤchten
Cultur ruͤckt, deſto weiter wird auch der Begrif
ſeines Selbſts. Das Kind rechnet dazu noch
nichts, als ſeinen Koͤrper; wenn es Nahrung
und Bequemlichkeit fuͤr dieſen hat, iſt's ihm ge-
nug. Eben ſo der in der Rohheit lebende Menſch.
Die Sinnlichkeit iſt ſein Selbſt; was dieſer be-
hagt, das begehrt er, und ſtoͤßt zuruͤck, was ihr
unangenehm iſt. Je mehr ſich die Faͤhigkeiten
des Geiſtes und die Gefuͤhle des Herzens entwi-
ckeln, deſto mehr waͤchſt auch die Anzahl der Ge-
genſtaͤnde, die man mit ſeinem Selbſt verbindet.
Jeder Schritt auf dem Felde der geiſtigen und
moraliſchen Ausbildung gewaͤhrt neue Ausſichten
zur Vergroͤßerung des Wohlbefindens, neue Hof-
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Aber freylich kann auch dieſer herrliche Grund-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/25>, abgerufen am 25.11.2024.
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