Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

hat ihm die Grandezza und eine Million gegeben,
und er tritt
Jm vollen Frühling seines jungen Ruhms
Freywillig aus den Schranken -- und
Lebt sich selber.

Der König Philipp, aufmerksam auf diesen
Mann, der ihm die ungewöhnlichste Erscheinung
zu seyn dünkt, sendet seinen Vertrauten, den
Herzog von Alba, ihn zu sich zu rufen. Alba
eröfnet ihm den Befehl des Königs. Der Mar-
quis
verwundert sich. Was kann der herrsch-
süchtige König von mir wollen? denkt er; ein
Mann, wie ich, kann ihm zu gar nichts nützen.

Welch ein erhabner Gedanke, einem Kö-
nig, wie Philipp, nicht einmal nützen zu kön-
nen
. --

Doch, fragt er den Gesandten des Königs,
sollte er mich etwa blos der Neugier wegen rufen
lassen?

-- O dann Schade
Um den verlornen Augenblick. -- Das Leben
Jst so erstaunlich schnell dahin. --

Alle Verwunderung des Herzogs, alle Ver-
sicherungen, er wisse sein Glück nicht zu schätzen,
das ihm viele Millionen beneideten, können den
Marquis nicht aus seiner Gleichgültigkeit gegen
die königliche Gnade setzen. Doch er kann sich
den Befehlen Philipps nicht entziehen. Aber er

dünkt
Dd 3

hat ihm die Grandezza und eine Million gegeben,
und er tritt
Jm vollen Fruͤhling ſeines jungen Ruhms
Freywillig aus den Schranken — und
Lebt ſich ſelber.

Der Koͤnig Philipp, aufmerkſam auf dieſen
Mann, der ihm die ungewoͤhnlichſte Erſcheinung
zu ſeyn duͤnkt, ſendet ſeinen Vertrauten, den
Herzog von Alba, ihn zu ſich zu rufen. Alba
eroͤfnet ihm den Befehl des Koͤnigs. Der Mar-
quis
verwundert ſich. Was kann der herrſch-
ſuͤchtige Koͤnig von mir wollen? denkt er; ein
Mann, wie ich, kann ihm zu gar nichts nuͤtzen.

Welch ein erhabner Gedanke, einem Koͤ-
nig, wie Philipp, nicht einmal nuͤtzen zu koͤn-
nen
. —

Doch, fragt er den Geſandten des Koͤnigs,
ſollte er mich etwa blos der Neugier wegen rufen
laſſen?

— O dann Schade
Um den verlornen Augenblick. — Das Leben
Jſt ſo erſtaunlich ſchnell dahin. —

Alle Verwunderung des Herzogs, alle Ver-
ſicherungen, er wiſſe ſein Gluͤck nicht zu ſchaͤtzen,
das ihm viele Millionen beneideten, koͤnnen den
Marquis nicht aus ſeiner Gleichguͤltigkeit gegen
die koͤnigliche Gnade ſetzen. Doch er kann ſich
den Befehlen Philipps nicht entziehen. Aber er

duͤnkt
Dd 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0137" n="421"/>
hat ihm die Grandezza und eine Million gegeben,<lb/>
und er tritt<lb/><hi rendition="#et">Jm vollen Fru&#x0364;hling &#x017F;eines jungen Ruhms<lb/>
Freywillig aus den Schranken &#x2014; und<lb/>
Lebt &#x017F;ich &#x017F;elber.</hi></p><lb/>
        <p>Der Ko&#x0364;nig <hi rendition="#b">Philipp</hi>, aufmerk&#x017F;am auf die&#x017F;en<lb/>
Mann, der ihm die ungewo&#x0364;hnlich&#x017F;te Er&#x017F;cheinung<lb/>
zu &#x017F;eyn du&#x0364;nkt, &#x017F;endet &#x017F;einen Vertrauten, den<lb/><hi rendition="#b">Herzog</hi> von <hi rendition="#b">Alba</hi>, ihn zu &#x017F;ich zu rufen. <hi rendition="#b">Alba</hi><lb/>
ero&#x0364;fnet ihm den Befehl des Ko&#x0364;nigs. Der <hi rendition="#b">Mar-<lb/>
quis</hi> verwundert &#x017F;ich. Was kann der herr&#x017F;ch-<lb/>
&#x017F;u&#x0364;chtige Ko&#x0364;nig von <hi rendition="#b">mir</hi> wollen? denkt er; ein<lb/>
Mann, wie ich, kann ihm zu gar nichts nu&#x0364;tzen.</p><lb/>
        <p>Welch ein erhabner Gedanke, einem Ko&#x0364;-<lb/>
nig, wie <hi rendition="#b">Philipp</hi>, nicht einmal nu&#x0364;tzen zu <hi rendition="#b">ko&#x0364;n-<lb/>
nen</hi>. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Doch, fragt er den Ge&#x017F;andten des Ko&#x0364;nigs,<lb/>
&#x017F;ollte er mich etwa blos der Neugier wegen rufen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en?</p><lb/>
        <cit>
          <quote> <hi rendition="#et">&#x2014; O dann Schade<lb/>
Um den verlornen Augenblick. &#x2014; Das Leben<lb/>
J&#x017F;t &#x017F;o er&#x017F;taunlich &#x017F;chnell dahin. &#x2014;</hi> </quote>
        </cit><lb/>
        <p>Alle Verwunderung des Herzogs, alle Ver-<lb/>
&#x017F;icherungen, er wi&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ein Glu&#x0364;ck nicht zu &#x017F;cha&#x0364;tzen,<lb/>
das ihm viele Millionen beneideten, ko&#x0364;nnen den<lb/>
Marquis nicht aus &#x017F;einer Gleichgu&#x0364;ltigkeit gegen<lb/>
die ko&#x0364;nigliche Gnade &#x017F;etzen. Doch er kann &#x017F;ich<lb/>
den Befehlen <hi rendition="#b">Philipps</hi> nicht entziehen. Aber er<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Dd 3</fw><fw place="bottom" type="catch">du&#x0364;nkt</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[421/0137] hat ihm die Grandezza und eine Million gegeben, und er tritt Jm vollen Fruͤhling ſeines jungen Ruhms Freywillig aus den Schranken — und Lebt ſich ſelber. Der Koͤnig Philipp, aufmerkſam auf dieſen Mann, der ihm die ungewoͤhnlichſte Erſcheinung zu ſeyn duͤnkt, ſendet ſeinen Vertrauten, den Herzog von Alba, ihn zu ſich zu rufen. Alba eroͤfnet ihm den Befehl des Koͤnigs. Der Mar- quis verwundert ſich. Was kann der herrſch- ſuͤchtige Koͤnig von mir wollen? denkt er; ein Mann, wie ich, kann ihm zu gar nichts nuͤtzen. Welch ein erhabner Gedanke, einem Koͤ- nig, wie Philipp, nicht einmal nuͤtzen zu koͤn- nen. — Doch, fragt er den Geſandten des Koͤnigs, ſollte er mich etwa blos der Neugier wegen rufen laſſen? — O dann Schade Um den verlornen Augenblick. — Das Leben Jſt ſo erſtaunlich ſchnell dahin. — Alle Verwunderung des Herzogs, alle Ver- ſicherungen, er wiſſe ſein Gluͤck nicht zu ſchaͤtzen, das ihm viele Millionen beneideten, koͤnnen den Marquis nicht aus ſeiner Gleichguͤltigkeit gegen die koͤnigliche Gnade ſetzen. Doch er kann ſich den Befehlen Philipps nicht entziehen. Aber er duͤnkt Dd 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/137
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/137>, abgerufen am 22.11.2024.