Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

sich selbst giebt er nie dem Hohen, sondern nur
dem Edlen! --

Nur dann erst erwiderte der junge Rodrigo
die Bruderliebe des edlen Karlos, als dieser durch
sein Blut und große Aufopferungen bewiesen hat-
te, daß er die Liebe der Edlen verdiene. Ja, rief
er aus, als der Prinz für sein Versehen im An-
gesicht des ganzen ihn bemitleidenden Hofgesindes,
wie ein Sclave gegeißelt war, und zwölf fürch-
terliche Stunden im Kerker zugebracht hatte,
Ja
-- -- -- mein Stolz ist überwunden,
Jch will bezahlen, wenn du König bist.

Von allen Geschäften des Staats zieht sich
der edle Marquis zurück, weil nicht das allge-
meine Wohl, sondern der Wille des herrschsüch-
tigen Philips Gesetze giebt, Genie und Tugend
für den Thron und nicht für die Menschheit
blühn, der Mann ein Sclav der eigennützigen
Politik, ihr seine Freyheit aufopfern muß. Er
hat mit Heldenmuth gegen die Osmannen gekämpft,
und kehrt nach Endigung des Kampfs zurück,
nicht um den verdienten Ruhm zu erhalten, son-
dern seine Studien zu enden. Er hat die gefähr-
liche Verschwörung in Katalonien entdeckt, und
durch seinen Eyfer allein der Krone die wichtigste
Provinz gerettet; und weiset die ihm dafür ange-
botne Gnade zurück. -- Seines Vaters Tod

hat

ſich ſelbſt giebt er nie dem Hohen, ſondern nur
dem Edlen! —

Nur dann erſt erwiderte der junge Rodrigo
die Bruderliebe des edlen Karlos, als dieſer durch
ſein Blut und große Aufopferungen bewieſen hat-
te, daß er die Liebe der Edlen verdiene. Ja, rief
er aus, als der Prinz fuͤr ſein Verſehen im An-
geſicht des ganzen ihn bemitleidenden Hofgeſindes,
wie ein Sclave gegeißelt war, und zwoͤlf fuͤrch-
terliche Stunden im Kerker zugebracht hatte,
Ja
— — — mein Stolz iſt uͤberwunden,
Jch will bezahlen, wenn du Koͤnig biſt.

Von allen Geſchaͤften des Staats zieht ſich
der edle Marquis zuruͤck, weil nicht das allge-
meine Wohl, ſondern der Wille des herrſchſuͤch-
tigen Philips Geſetze giebt, Genie und Tugend
fuͤr den Thron und nicht fuͤr die Menſchheit
bluͤhn, der Mann ein Sclav der eigennuͤtzigen
Politik, ihr ſeine Freyheit aufopfern muß. Er
hat mit Heldenmuth gegen die Osmannen gekaͤmpft,
und kehrt nach Endigung des Kampfs zuruͤck,
nicht um den verdienten Ruhm zu erhalten, ſon-
dern ſeine Studien zu enden. Er hat die gefaͤhr-
liche Verſchwoͤrung in Katalonien entdeckt, und
durch ſeinen Eyfer allein der Krone die wichtigſte
Provinz gerettet; und weiſet die ihm dafuͤr ange-
botne Gnade zuruͤck. — Seines Vaters Tod

hat
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0136" n="420"/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t giebt er nie dem <hi rendition="#b">Hohen</hi>, &#x017F;ondern nur<lb/>
dem <hi rendition="#b">Edlen</hi>! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Nur dann er&#x017F;t erwiderte der junge <hi rendition="#b">Rodrigo</hi><lb/>
die Bruderliebe des edlen <hi rendition="#b">Karlos</hi>, als die&#x017F;er durch<lb/>
&#x017F;ein Blut und große Aufopferungen bewie&#x017F;en hat-<lb/>
te, daß er die Liebe der Edlen verdiene. Ja, rief<lb/>
er aus, als der Prinz fu&#x0364;r <hi rendition="#b">&#x017F;ein</hi> Ver&#x017F;ehen im An-<lb/>
ge&#x017F;icht des ganzen ihn bemitleidenden Hofge&#x017F;indes,<lb/>
wie ein Sclave gegeißelt war, und zwo&#x0364;lf fu&#x0364;rch-<lb/>
terliche Stunden im Kerker zugebracht hatte,<lb/>
Ja<lb/><hi rendition="#et">&#x2014; &#x2014; &#x2014; mein Stolz i&#x017F;t u&#x0364;berwunden,<lb/>
Jch will bezahlen, wenn du Ko&#x0364;nig bi&#x017F;t.</hi></p><lb/>
        <p>Von allen Ge&#x017F;cha&#x0364;ften des Staats zieht &#x017F;ich<lb/>
der edle <hi rendition="#b">Marquis</hi> zuru&#x0364;ck, weil nicht das allge-<lb/>
meine Wohl, &#x017F;ondern der Wille des herr&#x017F;ch&#x017F;u&#x0364;ch-<lb/>
tigen <hi rendition="#b">Philips</hi> Ge&#x017F;etze giebt, Genie und Tugend<lb/>
fu&#x0364;r den <hi rendition="#b">Thron</hi> und nicht fu&#x0364;r die <hi rendition="#b">Men&#x017F;chheit</hi><lb/>
blu&#x0364;hn, der Mann ein Sclav der eigennu&#x0364;tzigen<lb/>
Politik, ihr &#x017F;eine Freyheit aufopfern muß. Er<lb/>
hat mit Heldenmuth gegen die Osmannen geka&#x0364;mpft,<lb/>
und kehrt nach Endigung des Kampfs zuru&#x0364;ck,<lb/>
nicht um den verdienten Ruhm zu erhalten, &#x017F;on-<lb/>
dern &#x017F;eine Studien zu enden. Er hat die gefa&#x0364;hr-<lb/>
liche Ver&#x017F;chwo&#x0364;rung in Katalonien entdeckt, und<lb/>
durch &#x017F;einen Eyfer allein der Krone die wichtig&#x017F;te<lb/>
Provinz gerettet; und wei&#x017F;et die ihm dafu&#x0364;r ange-<lb/>
botne Gnade zuru&#x0364;ck. &#x2014; Seines Vaters Tod<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hat</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[420/0136] ſich ſelbſt giebt er nie dem Hohen, ſondern nur dem Edlen! — Nur dann erſt erwiderte der junge Rodrigo die Bruderliebe des edlen Karlos, als dieſer durch ſein Blut und große Aufopferungen bewieſen hat- te, daß er die Liebe der Edlen verdiene. Ja, rief er aus, als der Prinz fuͤr ſein Verſehen im An- geſicht des ganzen ihn bemitleidenden Hofgeſindes, wie ein Sclave gegeißelt war, und zwoͤlf fuͤrch- terliche Stunden im Kerker zugebracht hatte, Ja — — — mein Stolz iſt uͤberwunden, Jch will bezahlen, wenn du Koͤnig biſt. Von allen Geſchaͤften des Staats zieht ſich der edle Marquis zuruͤck, weil nicht das allge- meine Wohl, ſondern der Wille des herrſchſuͤch- tigen Philips Geſetze giebt, Genie und Tugend fuͤr den Thron und nicht fuͤr die Menſchheit bluͤhn, der Mann ein Sclav der eigennuͤtzigen Politik, ihr ſeine Freyheit aufopfern muß. Er hat mit Heldenmuth gegen die Osmannen gekaͤmpft, und kehrt nach Endigung des Kampfs zuruͤck, nicht um den verdienten Ruhm zu erhalten, ſon- dern ſeine Studien zu enden. Er hat die gefaͤhr- liche Verſchwoͤrung in Katalonien entdeckt, und durch ſeinen Eyfer allein der Krone die wichtigſte Provinz gerettet; und weiſet die ihm dafuͤr ange- botne Gnade zuruͤck. — Seines Vaters Tod hat

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/136
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/136>, abgerufen am 22.11.2024.