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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.

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chenden Augen! Natur und Kunst, dein Herz
und dein Verstand haben Freuden genug, die du
in deine Einbildungskraft aufnehmen und durch
dieselbe genießen kannst.

Der Cherub mit dem flammenden Schwerdt
wehrt nicht mehr den Eingang in das Paradies
der Natur! Allenthalben beut sie sich unserm Ge-
nuß dar.

Schaut nur,
Schaut mit wahren Herzensblicken
Nach dem Reiche der Natur.
Taumeln müßt ihr vor Entzücken
Gott am Busen hier zu drücken,
Wenn ihr seiner Weisheit Spur
Jn dem kleinsten Würmchen findet,
Das im Staub sich krümmend dreht,
Und die Stufenleiter gründet,
Die beym Cherub stille steht.
Seht des Frühlings erste Blüthe,
Seht der Saaten frisches Grün.
Ueberall herrscht Gottes Güte
Jn dem ganzen Weltgebiete,
Wo nur Gras und Kräuter blühn:
Wo sich Euer Auge wendet
Findet ihr von seiner Hand
Neue Freuden ausgespendet,
Freuden, die ihr nicht gekannt.
*)
So
*) Das Lob des einzigen Gottes v. Franz von Kleist,
Deutscher Merkur 1789. August. 1.

chenden Augen! Natur und Kunſt, dein Herz
und dein Verſtand haben Freuden genug, die du
in deine Einbildungskraft aufnehmen und durch
dieſelbe genießen kannſt.

Der Cherub mit dem flammenden Schwerdt
wehrt nicht mehr den Eingang in das Paradies
der Natur! Allenthalben beut ſie ſich unſerm Ge-
nuß dar.

Schaut nur,
Schaut mit wahren Herzensblicken
Nach dem Reiche der Natur.
Taumeln muͤßt ihr vor Entzuͤcken
Gott am Buſen hier zu druͤcken,
Wenn ihr ſeiner Weisheit Spur
Jn dem kleinſten Wuͤrmchen findet,
Das im Staub ſich kruͤmmend dreht,
Und die Stufenleiter gruͤndet,
Die beym Cherub ſtille ſteht.
Seht des Fruͤhlings erſte Bluͤthe,
Seht der Saaten friſches Gruͤn.
Ueberall herrſcht Gottes Guͤte
Jn dem ganzen Weltgebiete,
Wo nur Gras und Kraͤuter bluͤhn:
Wo ſich Euer Auge wendet
Findet ihr von ſeiner Hand
Neue Freuden ausgeſpendet,
Freuden, die ihr nicht gekannt.
*)
So
*) Das Lob des einzigen Gottes v. Franz von Kleiſt,
Deutſcher Merkur 1789. Auguſt. 1.
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[268/0292] chenden Augen! Natur und Kunſt, dein Herz und dein Verſtand haben Freuden genug, die du in deine Einbildungskraft aufnehmen und durch dieſelbe genießen kannſt. Der Cherub mit dem flammenden Schwerdt wehrt nicht mehr den Eingang in das Paradies der Natur! Allenthalben beut ſie ſich unſerm Ge- nuß dar. Schaut nur, Schaut mit wahren Herzensblicken Nach dem Reiche der Natur. Taumeln muͤßt ihr vor Entzuͤcken Gott am Buſen hier zu druͤcken, Wenn ihr ſeiner Weisheit Spur Jn dem kleinſten Wuͤrmchen findet, Das im Staub ſich kruͤmmend dreht, Und die Stufenleiter gruͤndet, Die beym Cherub ſtille ſteht. Seht des Fruͤhlings erſte Bluͤthe, Seht der Saaten friſches Gruͤn. Ueberall herrſcht Gottes Guͤte Jn dem ganzen Weltgebiete, Wo nur Gras und Kraͤuter bluͤhn: Wo ſich Euer Auge wendet Findet ihr von ſeiner Hand Neue Freuden ausgeſpendet, Freuden, die ihr nicht gekannt. *) So *) Das Lob des einzigen Gottes v. Franz von Kleiſt, Deutſcher Merkur 1789. Auguſt. 1.

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/292>, abgerufen am 02.05.2024.