Nun ging man weiter, und trug die Be- zeichnungsart durch Töne auch auf stumme Ge- genstände der Sinne über, wozu die Aehnlichkeit derselben mit tönenden oder die von ihnen gewirkte Empfindung die leichte Veranlassung werden konn- te und mußte. Hierbey bedurfte es nun freylich eines gemeinschaftlichen Uebereinkommens, welches auch bey den ersten Menschen nicht viel Schwie- rigkeiten hatte, da ihre Anzahl noch nicht so groß, und ihre moralischen und geistigen Verschiedenhei- ten noch nicht so merklich seyn konnten, daß da- durch die Vereinigung hätte aufgehalten werden können.
Jtzt mußte die Wahrnehmung der großen Bequemlichkeit dieser hörbaren Zeichen für die Verdeutlichung und Darstellung seiner Vorstellun- gen, und der durch die Verbreitung dieser Be- zeichnungskunst geweckte Wetteifer, das Werk immer weiter treiben. So wie der Verstand sich mehr entwickelte, mehr Vorstellungen sammelte, und die Kunst, die Vorstellungen von einander zu scheiden, besser lernte, mußte auch der Schatz der Sprache vermehrt und verbessert werden. Einer theilte nun seine Zeichen, die itzt schon den Na- men der Worte verdienten, dem andern nebst ih- rer Bedeutung mit; durch welche Tradition von einem zum andern zusammt der nachherigen Tren- nung der Menschen und der verschiednen Beschaf-
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Nun ging man weiter, und trug die Be- zeichnungsart durch Toͤne auch auf ſtumme Ge- genſtaͤnde der Sinne uͤber, wozu die Aehnlichkeit derſelben mit toͤnenden oder die von ihnen gewirkte Empfindung die leichte Veranlaſſung werden konn- te und mußte. Hierbey bedurfte es nun freylich eines gemeinſchaftlichen Uebereinkommens, welches auch bey den erſten Menſchen nicht viel Schwie- rigkeiten hatte, da ihre Anzahl noch nicht ſo groß, und ihre moraliſchen und geiſtigen Verſchiedenhei- ten noch nicht ſo merklich ſeyn konnten, daß da- durch die Vereinigung haͤtte aufgehalten werden koͤnnen.
Jtzt mußte die Wahrnehmung der großen Bequemlichkeit dieſer hoͤrbaren Zeichen fuͤr die Verdeutlichung und Darſtellung ſeiner Vorſtellun- gen, und der durch die Verbreitung dieſer Be- zeichnungskunſt geweckte Wetteifer, das Werk immer weiter treiben. So wie der Verſtand ſich mehr entwickelte, mehr Vorſtellungen ſammelte, und die Kunſt, die Vorſtellungen von einander zu ſcheiden, beſſer lernte, mußte auch der Schatz der Sprache vermehrt und verbeſſert werden. Einer theilte nun ſeine Zeichen, die itzt ſchon den Na- men der Worte verdienten, dem andern nebſt ih- rer Bedeutung mit; durch welche Tradition von einem zum andern zuſammt der nachherigen Tren- nung der Menſchen und der verſchiednen Beſchaf-
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Nun ging man weiter, und trug die Be-
zeichnungsart durch Toͤne auch auf ſtumme Ge-
genſtaͤnde der Sinne uͤber, wozu die Aehnlichkeit
derſelben mit toͤnenden oder die von ihnen gewirkte
Empfindung die leichte Veranlaſſung werden konn-
te und mußte. Hierbey bedurfte es nun freylich
eines gemeinſchaftlichen Uebereinkommens, welches
auch bey den erſten Menſchen nicht viel Schwie-
rigkeiten hatte, da ihre Anzahl noch nicht ſo groß,
und ihre moraliſchen und geiſtigen Verſchiedenhei-
ten noch nicht ſo merklich ſeyn konnten, daß da-
durch die Vereinigung haͤtte aufgehalten werden
koͤnnen.
Jtzt mußte die Wahrnehmung der großen
Bequemlichkeit dieſer hoͤrbaren Zeichen fuͤr die
Verdeutlichung und Darſtellung ſeiner Vorſtellun-
gen, und der durch die Verbreitung dieſer Be-
zeichnungskunſt geweckte Wetteifer, das Werk
immer weiter treiben. So wie der Verſtand ſich
mehr entwickelte, mehr Vorſtellungen ſammelte, und
die Kunſt, die Vorſtellungen von einander zu
ſcheiden, beſſer lernte, mußte auch der Schatz der
Sprache vermehrt und verbeſſert werden. Einer
theilte nun ſeine Zeichen, die itzt ſchon den Na-
men der Worte verdienten, dem andern nebſt ih-
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einem zum andern zuſammt der nachherigen Tren-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/174>, abgerufen am 22.11.2024.
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