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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.

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fenheit ihres Charakters, ihrer Sitten und Sprach-
organe, sich die verschiednen Mundarten bildeten.
Jn der Folge der Zeit übernahm das Genie die
Sache des Verstandes, und bildete entweder die
noch rohe Sprache aus, oder schuf eine ganz
neue. --

So gab der Verstand der Sprache ihr Da-
seyn; und sie unterstützte denselben dagegen dank-
bar bey dem Geschäft seiner Entwicklung, um
noch ferner seiner Wohlthaten zu ihrer Erhaltung
und Bildung zu genießen.

Wenn man die verschiedenen Völker des Erd-
bodens in Hinsicht des Verstandes mit einander
vergleicht, welch ein Unterschied? -- wem fällt
nicht, wenn er einen Newton, den sein Verstand
der Gottheit nähert, mit dem Karaiben, welchem
zum Thier nur die Gestalt zu fehlen scheint, ver-
gleicht, der Zweifel ein, ob diese beyden wirklich
Geschöpfe einer Art seyn können?

Die Natur giebt dem Menschen die Anlagen
zum verständigen Menschen, und die Fähigkeit
sich selbst dazu zu bilden. Wo diese Fähigkeit
nicht genutzt wird oder nicht genutzt werden kann,
da bleibt der Verstand in seiner Rohheit, und der
Mensch in seinem Leben und Handeln dem Thiere
näher, als dem Menschen.

Wie das Thier keine Glückseligkeit kennt, als
diejenige, welche dem Magen und Gaumen fühl-

bar
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fenheit ihres Charakters, ihrer Sitten und Sprach-
organe, ſich die verſchiednen Mundarten bildeten.
Jn der Folge der Zeit uͤbernahm das Genie die
Sache des Verſtandes, und bildete entweder die
noch rohe Sprache aus, oder ſchuf eine ganz
neue. —

So gab der Verſtand der Sprache ihr Da-
ſeyn; und ſie unterſtuͤtzte denſelben dagegen dank-
bar bey dem Geſchaͤft ſeiner Entwicklung, um
noch ferner ſeiner Wohlthaten zu ihrer Erhaltung
und Bildung zu genießen.

Wenn man die verſchiedenen Voͤlker des Erd-
bodens in Hinſicht des Verſtandes mit einander
vergleicht, welch ein Unterſchied? — wem faͤllt
nicht, wenn er einen Newton, den ſein Verſtand
der Gottheit naͤhert, mit dem Karaiben, welchem
zum Thier nur die Geſtalt zu fehlen ſcheint, ver-
gleicht, der Zweifel ein, ob dieſe beyden wirklich
Geſchoͤpfe einer Art ſeyn koͤnnen?

Die Natur giebt dem Menſchen die Anlagen
zum verſtaͤndigen Menſchen, und die Faͤhigkeit
ſich ſelbſt dazu zu bilden. Wo dieſe Faͤhigkeit
nicht genutzt wird oder nicht genutzt werden kann,
da bleibt der Verſtand in ſeiner Rohheit, und der
Menſch in ſeinem Leben und Handeln dem Thiere
naͤher, als dem Menſchen.

Wie das Thier keine Gluͤckſeligkeit kennt, als
diejenige, welche dem Magen und Gaumen fuͤhl-

bar
K 4
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[151/0175] fenheit ihres Charakters, ihrer Sitten und Sprach- organe, ſich die verſchiednen Mundarten bildeten. Jn der Folge der Zeit uͤbernahm das Genie die Sache des Verſtandes, und bildete entweder die noch rohe Sprache aus, oder ſchuf eine ganz neue. — So gab der Verſtand der Sprache ihr Da- ſeyn; und ſie unterſtuͤtzte denſelben dagegen dank- bar bey dem Geſchaͤft ſeiner Entwicklung, um noch ferner ſeiner Wohlthaten zu ihrer Erhaltung und Bildung zu genießen. Wenn man die verſchiedenen Voͤlker des Erd- bodens in Hinſicht des Verſtandes mit einander vergleicht, welch ein Unterſchied? — wem faͤllt nicht, wenn er einen Newton, den ſein Verſtand der Gottheit naͤhert, mit dem Karaiben, welchem zum Thier nur die Geſtalt zu fehlen ſcheint, ver- gleicht, der Zweifel ein, ob dieſe beyden wirklich Geſchoͤpfe einer Art ſeyn koͤnnen? Die Natur giebt dem Menſchen die Anlagen zum verſtaͤndigen Menſchen, und die Faͤhigkeit ſich ſelbſt dazu zu bilden. Wo dieſe Faͤhigkeit nicht genutzt wird oder nicht genutzt werden kann, da bleibt der Verſtand in ſeiner Rohheit, und der Menſch in ſeinem Leben und Handeln dem Thiere naͤher, als dem Menſchen. Wie das Thier keine Gluͤckſeligkeit kennt, als diejenige, welche dem Magen und Gaumen fuͤhl- bar K 4

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/175>, abgerufen am 22.11.2024.