Gegenstände er durch Gebehrden und Minen zu bestimmen suchen mußte. So hatte er für den Schmerz wahrscheinlich nur einen allgemeinen Ton; um die besondern Arten desselben auszudrü- cken, konnte er die bey dem Schmerze selbst vor- gekommenen Verziehungen seines Gesichts oder eines andern Theils des Körpers, wiederholen, und den Gegenstand zeigte er entweder, wenn derselbe oder ein ähnlicher gegenwärtig war; oder zeichnete ihn, so gut er konnte, wenn er sich nicht mehr vor seinen Augen befand.
Sobald man nur erst durch Versuche die Möglichkeit eingesehn hatte, Gegenstände durch hörbare Zeichen darzustellen, und für sich selber zu merken; so mußte Ein Versuch von selbst schon den Andern herbeyführen, man mußte nun bald darauf kommen, die verschiednen Grade der Empfindungen und solche Gegenstände, welche für das Ohr wahrnehmbare Merkmale hatten, durch Töne zu unterscheiden. Den verschiednen Grad der Empfindung konnte die Höhe oder Tie- fe, die Stärke oder Schwäche des Tones bezeich- nen: die auch für das Gehör existirenden Natur- dinge, diejenigen Laute, welche von ihnen gehört wurden. So drückt das Kind, dem die Spra- che noch ihre Dienste versagt, den Ochsen durch ein Bu und das Schaaf durch ein Bä aus.
Nun
K 3
Gegenſtaͤnde er durch Gebehrden und Minen zu beſtimmen ſuchen mußte. So hatte er fuͤr den Schmerz wahrſcheinlich nur einen allgemeinen Ton; um die beſondern Arten deſſelben auszudruͤ- cken, konnte er die bey dem Schmerze ſelbſt vor- gekommenen Verziehungen ſeines Geſichts oder eines andern Theils des Koͤrpers, wiederholen, und den Gegenſtand zeigte er entweder, wenn derſelbe oder ein aͤhnlicher gegenwaͤrtig war; oder zeichnete ihn, ſo gut er konnte, wenn er ſich nicht mehr vor ſeinen Augen befand.
Sobald man nur erſt durch Verſuche die Moͤglichkeit eingeſehn hatte, Gegenſtaͤnde durch hoͤrbare Zeichen darzuſtellen, und fuͤr ſich ſelber zu merken; ſo mußte Ein Verſuch von ſelbſt ſchon den Andern herbeyfuͤhren, man mußte nun bald darauf kommen, die verſchiednen Grade der Empfindungen und ſolche Gegenſtaͤnde, welche fuͤr das Ohr wahrnehmbare Merkmale hatten, durch Toͤne zu unterſcheiden. Den verſchiednen Grad der Empfindung konnte die Hoͤhe oder Tie- fe, die Staͤrke oder Schwaͤche des Tones bezeich- nen: die auch fuͤr das Gehoͤr exiſtirenden Natur- dinge, diejenigen Laute, welche von ihnen gehoͤrt wurden. So druͤckt das Kind, dem die Spra- che noch ihre Dienſte verſagt, den Ochſen durch ein Bu und das Schaaf durch ein Baͤ aus.
Nun
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Gegenſtaͤnde er durch Gebehrden und Minen zu
beſtimmen ſuchen mußte. So hatte er fuͤr den
Schmerz wahrſcheinlich nur einen allgemeinen
Ton; um die beſondern Arten deſſelben auszudruͤ-
cken, konnte er die bey dem Schmerze ſelbſt vor-
gekommenen Verziehungen ſeines Geſichts oder
eines andern Theils des Koͤrpers, wiederholen,
und den Gegenſtand zeigte er entweder, wenn
derſelbe oder ein aͤhnlicher gegenwaͤrtig war; oder
zeichnete ihn, ſo gut er konnte, wenn er ſich
nicht mehr vor ſeinen Augen befand.
Sobald man nur erſt durch Verſuche die
Moͤglichkeit eingeſehn hatte, Gegenſtaͤnde durch
hoͤrbare Zeichen darzuſtellen, und fuͤr ſich ſelber
zu merken; ſo mußte Ein Verſuch von ſelbſt ſchon
den Andern herbeyfuͤhren, man mußte nun bald
darauf kommen, die verſchiednen Grade der
Empfindungen und ſolche Gegenſtaͤnde, welche
fuͤr das Ohr wahrnehmbare Merkmale hatten,
durch Toͤne zu unterſcheiden. Den verſchiednen
Grad der Empfindung konnte die Hoͤhe oder Tie-
fe, die Staͤrke oder Schwaͤche des Tones bezeich-
nen: die auch fuͤr das Gehoͤr exiſtirenden Natur-
dinge, diejenigen Laute, welche von ihnen gehoͤrt
wurden. So druͤckt das Kind, dem die Spra-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/173>, abgerufen am 22.11.2024.
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