Zuvörderst und nebenbei ist hier darauf aufmerksam zu machen, dass die Bezeichnung Ordenunge für Corporation offenbar der römischen Rechtssprache entlehnt und nur die Verdeutschung oder Uebersetzung von ordo ist, da ordo namentlich in den Municipien der Senat, die Curia hiess1) und dann auch jede Corporation ordo genannt wurde. Diese Ordenunge ist somit ein neuer Beweis für den Zusammenhang der deutschen Zunftverfassung mit der Municipalverfassung der römischen Provinzen und insbesondere Galliens. In dem gleichen römisch-rechtlichen Sinne hiessen die geistlichen Corporationen ordines und nur in diesem, aber durchaus in keinem andern mag sich auch der Freimaurerbund einen ordo nennen; jedoch wird dieser Name wegen der ihn oft begleitenden Missverständnisse besser vermieden. Dass der Name ordo auf die Bauhütten, auf die Steinmetzcorporationen von den geistlichen oder klösterlichen Bauhütten übertragen worden sei, ist in Strassburg und überhaupt am Rheine unwahrscheinlich, wenn nicht völlig unmöglich. Die deutschen bürgerlichen Bauhütten sind jedenfalls älter als der erst nach dem J. 1098 beginnende und in der Mitte des 12ten Jahrh. blühende Cistercienserorden.2) Im Uebrigen lautet jene Bestimmung in der revidirten deutschen Steinmetzordnung vom J. 1563 unter der Ueberschrift: "Kein gesellen fürdern, der unehrlich lebt", dahin:
"Es soll auch kein Meister oder Werkman keinen gesellen mehr fürdern, der ein frawen mit jm füeret zu der vnehe, oder der offentlich füret ein vnehrlichs Leben mit frawen, oder der jährlich nicht zum heiligen Sacrament ging nach Christlicher ordnung, oder auch einen, der also verrucht were, dass er sein kleider verspilet."
Das Verhältniss zwischen Meister und Gesellen war ein durchaus freiwilliges, weshalb Art. 88 der Torgauer Ordnung verfügt, dass an jedem Lohnabende der Geselle nach Belieben von dem Meister seine Entlassung verlangen könne, da keiner an den andern gebunden sei.
1) Heumann, Handlexikon zum Corpus juris civilis, Jena 1846, unter ordo.
2) Vergl. über denselben Schnaase, V. S. 408 ff.
Zuvörderst und nebenbei ist hier darauf aufmerksam zu machen, dass die Bezeichnung Ordenunge für Corporation offenbar der römischen Rechtssprache entlehnt und nur die Verdeutschung oder Uebersetzung von ordo ist, da ordo namentlich in den Municipien der Senat, die Curia hiess1) und dann auch jede Corporation ordo genannt wurde. Diese Ordenunge ist somit ein neuer Beweis für den Zusammenhang der deutschen Zunftverfassung mit der Municipalverfassung der römischen Provinzen und insbesondere Galliens. In dem gleichen römisch-rechtlichen Sinne hiessen die geistlichen Corporationen ordines und nur in diesem, aber durchaus in keinem andern mag sich auch der Freimaurerbund einen ordo nennen; jedoch wird dieser Name wegen der ihn oft begleitenden Missverständnisse besser vermieden. Dass der Name ordo auf die Bauhütten, auf die Steinmetzcorporationen von den geistlichen oder klösterlichen Bauhütten übertragen worden sei, ist in Strassburg und überhaupt am Rheine unwahrscheinlich, wenn nicht völlig unmöglich. Die deutschen bürgerlichen Bauhütten sind jedenfalls älter als der erst nach dem J. 1098 beginnende und in der Mitte des 12ten Jahrh. blühende Cistercienserorden.2) Im Uebrigen lautet jene Bestimmung in der revidirten deutschen Steinmetzordnung vom J. 1563 unter der Ueberschrift: „Kein gesellen fürdern, der unehrlich lebt“, dahin:
„Es soll auch kein Meister oder Werkman keinen gesellen mehr fürdern, der ein frawen mit jm füeret zu der vnehe, oder der offentlich füret ein vnehrlichs Leben mit frawen, oder der jährlich nicht zum heiligen Sacrament ging nach Christlicher ordnung, oder auch einen, der also verrucht were, dass er sein kleider verspilet.“
Das Verhältniss zwischen Meister und Gesellen war ein durchaus freiwilliges, weshalb Art. 88 der Torgauer Ordnung verfügt, dass an jedem Lohnabende der Geselle nach Belieben von dem Meister seine Entlassung verlangen könne, da keiner an den andern gebunden sei.
1) Heumann, Handlexikon zum Corpus juris civilis, Jena 1846, unter ordo.
2) Vergl. über denselben Schnaase, V. S. 408 ff.
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Zuvörderst und nebenbei ist hier darauf aufmerksam zu machen, dass die Bezeichnung <hirendition="#g">Ordenunge</hi> für Corporation offenbar der römischen Rechtssprache entlehnt und nur die Verdeutschung oder Uebersetzung von ordo ist, da ordo namentlich in den Municipien der Senat, die Curia hiess<noteplace="foot"n="1)">Heumann, Handlexikon zum Corpus juris civilis, Jena 1846, unter ordo.<lb/></note> und dann auch jede Corporation ordo genannt wurde. Diese Ordenunge ist somit ein neuer Beweis für den Zusammenhang der deutschen Zunftverfassung mit der Municipalverfassung der römischen Provinzen und insbesondere Galliens. In dem gleichen römisch-rechtlichen Sinne hiessen die geistlichen Corporationen ordines und nur in diesem, aber durchaus in keinem andern mag sich auch der Freimaurerbund einen ordo nennen; jedoch wird dieser Name wegen der ihn oft begleitenden Missverständnisse besser vermieden. Dass der Name ordo auf die Bauhütten, auf die Steinmetzcorporationen von den geistlichen oder klösterlichen Bauhütten übertragen worden sei, ist in Strassburg und überhaupt am Rheine unwahrscheinlich, wenn nicht völlig unmöglich. Die deutschen bürgerlichen Bauhütten sind jedenfalls älter als der erst nach dem J. 1098 beginnende und in der Mitte des 12ten Jahrh. blühende Cistercienserorden.<noteplace="foot"n="2)">Vergl. über denselben Schnaase, V. S. 408 ff.</note> Im Uebrigen lautet jene Bestimmung in der revidirten deutschen Steinmetzordnung vom J. 1563 unter der Ueberschrift: „Kein gesellen fürdern, der unehrlich lebt“, dahin:</p><citrendition="#et"><quote><p>„Es soll auch kein Meister oder Werkman keinen gesellen mehr fürdern, der ein frawen mit jm füeret zu der vnehe, oder der offentlich füret ein vnehrlichs Leben mit frawen, oder der jährlich nicht zum heiligen Sacrament ging nach Christlicher ordnung, oder auch einen, der also verrucht were, dass er sein kleider verspilet.“</p></quote></cit><p>
Das Verhältniss zwischen Meister und Gesellen war ein durchaus freiwilliges, weshalb Art. 88 der Torgauer Ordnung verfügt, dass an jedem Lohnabende der Geselle nach Belieben von dem Meister seine Entlassung verlangen könne, da keiner an den andern gebunden sei.</p></div></body></text></TEI>
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Zuvörderst und nebenbei ist hier darauf aufmerksam zu machen, dass die Bezeichnung Ordenunge für Corporation offenbar der römischen Rechtssprache entlehnt und nur die Verdeutschung oder Uebersetzung von ordo ist, da ordo namentlich in den Municipien der Senat, die Curia hiess 1) und dann auch jede Corporation ordo genannt wurde. Diese Ordenunge ist somit ein neuer Beweis für den Zusammenhang der deutschen Zunftverfassung mit der Municipalverfassung der römischen Provinzen und insbesondere Galliens. In dem gleichen römisch-rechtlichen Sinne hiessen die geistlichen Corporationen ordines und nur in diesem, aber durchaus in keinem andern mag sich auch der Freimaurerbund einen ordo nennen; jedoch wird dieser Name wegen der ihn oft begleitenden Missverständnisse besser vermieden. Dass der Name ordo auf die Bauhütten, auf die Steinmetzcorporationen von den geistlichen oder klösterlichen Bauhütten übertragen worden sei, ist in Strassburg und überhaupt am Rheine unwahrscheinlich, wenn nicht völlig unmöglich. Die deutschen bürgerlichen Bauhütten sind jedenfalls älter als der erst nach dem J. 1098 beginnende und in der Mitte des 12ten Jahrh. blühende Cistercienserorden. 2) Im Uebrigen lautet jene Bestimmung in der revidirten deutschen Steinmetzordnung vom J. 1563 unter der Ueberschrift: „Kein gesellen fürdern, der unehrlich lebt“, dahin:
„Es soll auch kein Meister oder Werkman keinen gesellen mehr fürdern, der ein frawen mit jm füeret zu der vnehe, oder der offentlich füret ein vnehrlichs Leben mit frawen, oder der jährlich nicht zum heiligen Sacrament ging nach Christlicher ordnung, oder auch einen, der also verrucht were, dass er sein kleider verspilet.“
Das Verhältniss zwischen Meister und Gesellen war ein durchaus freiwilliges, weshalb Art. 88 der Torgauer Ordnung verfügt, dass an jedem Lohnabende der Geselle nach Belieben von dem Meister seine Entlassung verlangen könne, da keiner an den andern gebunden sei.
1) Heumann, Handlexikon zum Corpus juris civilis, Jena 1846, unter ordo.
2) Vergl. über denselben Schnaase, V. S. 408 ff.
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