Art. 89: "Welcher geselle bey einem meister einen winter stehen, derselbige soll dem meister stehen bis auff Sanct Johannistag, wenn man die kron hanget, Es were den sach, das der geselle hefftige sachen zu dem meister hätte, das Im an seinem Hantwerk schatte, so mag er wol abzihen. Auch weis der geselle was vnredliches auff den meister vnd verschweiget das vnd truck sich den winter vnd auff den Sumer vnd neinet, der geselle thut das als ein treuloser vnd ist nicht gut keinen gesellen."
Um den zur Förderung der Arbeit nöthigen Frieden und die Eintracht unter den Genossen der Bauhütte zu erhalten, verpflichtete Art. 41 der Torgauer Ordnung den Meister bei seinem Eide, alle Vierteljahre unter seinen Gesellen, Umfrage zu halten, ob Hass und Zwietracht zwischen ihnen bestehe, und diese beizulegen; wolle ein Geselle dazu nicht die Hand bieten, solle er entlassen werden. Alle Quatember soll gemäss Art. 42 der Meister bei den Bauherrn sich erkundigen, ob sie über Unordentlichkeiten und Fehler der Gesellen sich zu beklagen haben, und die Meister und Gesellen sollen diesen Klagen abhelfen, damit keine andere Hülfe gegen sie angerufen werden müsse. Die Bauherrn haben den Schaden sich selbst zuzuschreiben, wenn sie ihre Klagen nicht bei dem Meister vorbringen, und aus Schonung lieber schweigen. Die Bauherrn, Parlierer und Gesellen werden durch Art. 101 angewiesen, ihre Klagen bei dem Meister vorzubringen und nicht anderswo.
Wir haben hier die Torgauer Steinmetzordnung deshalb gewählt, um einen Blick in das innere Leben der deutschen Bauhütten zu eröffnen, weil dieselbe weniger bekannt und benützt ist, als die gemeinen deutschen Steinmetzordnungen. Wohlthuend spricht in allen Steinmetzordnungen des In- und des Auslandes an der hohe Ernst, mit welchem die Baukunst erfasst und geübt wurde, - das ordnungsvolle rege Leben, welches in den Bauhütten waltete, - die Sitte, welche man in dem öffentlichen und Privatleben erstrebte, - die Liebe, welche Meister und GeseIlen verband und die namentlich im Tode sich bewährte, - und vor Allem die Demuth, mit welcher man
Art. 89: „Welcher geselle bey einem meister einen winter stehen, derselbige soll dem meister stehen bis auff Sanct Johannistag, wenn man die kron hanget, Es were den sach, das der geselle hefftige sachen zu dem meister hätte, das Im an seinem Hantwerk schatte, so mag er wol abzihen. Auch weis der geselle was vnredliches auff den meister vnd verschweiget das vnd truck sich den winter vnd auff den Sumer vnd neinet, der geselle thut das als ein treuloser vnd ist nicht gut keinen gesellen.“
Um den zur Förderung der Arbeit nöthigen Frieden und die Eintracht unter den Genossen der Bauhütte zu erhalten, verpflichtete Art. 41 der Torgauer Ordnung den Meister bei seinem Eide, alle Vierteljahre unter seinen Gesellen, Umfrage zu halten, ob Hass und Zwietracht zwischen ihnen bestehe, und diese beizulegen; wolle ein Geselle dazu nicht die Hand bieten, solle er entlassen werden. Alle Quatember soll gemäss Art. 42 der Meister bei den Bauherrn sich erkundigen, ob sie über Unordentlichkeiten und Fehler der Gesellen sich zu beklagen haben, und die Meister und Gesellen sollen diesen Klagen abhelfen, damit keine andere Hülfe gegen sie angerufen werden müsse. Die Bauherrn haben den Schaden sich selbst zuzuschreiben, wenn sie ihre Klagen nicht bei dem Meister vorbringen, und aus Schonung lieber schweigen. Die Bauherrn, Parlierer und Gesellen werden durch Art. 101 angewiesen, ihre Klagen bei dem Meister vorzubringen und nicht anderswo.
Wir haben hier die Torgauer Steinmetzordnung deshalb gewählt, um einen Blick in das innere Leben der deutschen Bauhütten zu eröffnen, weil dieselbe weniger bekannt und benützt ist, als die gemeinen deutschen Steinmetzordnungen. Wohlthuend spricht in allen Steinmetzordnungen des In- und des Auslandes an der hohe Ernst, mit welchem die Baukunst erfasst und geübt wurde, – das ordnungsvolle rege Leben, welches in den Bauhütten waltete, – die Sitte, welche man in dem öffentlichen und Privatleben erstrebte, – die Liebe, welche Meister und GeseIlen verband und die namentlich im Tode sich bewährte, – und vor Allem die Demuth, mit welcher man
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Um den zur Förderung der Arbeit nöthigen Frieden und die Eintracht unter den Genossen der Bauhütte zu erhalten, verpflichtete Art. 41 der Torgauer Ordnung den Meister bei seinem Eide, alle Vierteljahre unter seinen Gesellen, Umfrage zu halten, ob Hass und Zwietracht zwischen ihnen bestehe, und diese beizulegen; wolle ein Geselle dazu nicht die Hand bieten, solle er entlassen werden. Alle Quatember soll gemäss Art. 42 der Meister bei den Bauherrn sich erkundigen, ob sie über Unordentlichkeiten und Fehler der Gesellen sich zu beklagen haben, und die Meister und Gesellen sollen diesen Klagen abhelfen, damit keine andere Hülfe gegen sie angerufen werden müsse. Die Bauherrn haben den Schaden sich selbst zuzuschreiben, wenn sie ihre Klagen nicht bei dem Meister vorbringen, und aus Schonung lieber schweigen. Die Bauherrn, Parlierer und Gesellen werden durch Art. 101 angewiesen, ihre Klagen bei dem Meister vorzubringen und nicht anderswo.</p><p>
Wir haben hier die Torgauer Steinmetzordnung deshalb gewählt, um einen Blick in das innere Leben der deutschen Bauhütten zu eröffnen, weil dieselbe weniger bekannt und benützt ist, als die gemeinen deutschen Steinmetzordnungen. Wohlthuend spricht in allen Steinmetzordnungen des In- und des Auslandes an der hohe Ernst, mit welchem die Baukunst erfasst und geübt wurde, – das ordnungsvolle rege Leben, welches in den Bauhütten waltete, – die Sitte, welche man in dem öffentlichen und Privatleben erstrebte, – die Liebe, welche Meister und GeseIlen verband und die namentlich im Tode sich bewährte, – und vor Allem die Demuth, mit welcher man</p></div></body></text></TEI>
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Art. 89: „Welcher geselle bey einem meister einen winter stehen, derselbige soll dem meister stehen bis auff Sanct Johannistag, wenn man die kron hanget, Es were den sach, das der geselle hefftige sachen zu dem meister hätte, das Im an seinem Hantwerk schatte, so mag er wol abzihen. Auch weis der geselle was vnredliches auff den meister vnd verschweiget das vnd truck sich den winter vnd auff den Sumer vnd neinet, der geselle thut das als ein treuloser vnd ist nicht gut keinen gesellen.“
Um den zur Förderung der Arbeit nöthigen Frieden und die Eintracht unter den Genossen der Bauhütte zu erhalten, verpflichtete Art. 41 der Torgauer Ordnung den Meister bei seinem Eide, alle Vierteljahre unter seinen Gesellen, Umfrage zu halten, ob Hass und Zwietracht zwischen ihnen bestehe, und diese beizulegen; wolle ein Geselle dazu nicht die Hand bieten, solle er entlassen werden. Alle Quatember soll gemäss Art. 42 der Meister bei den Bauherrn sich erkundigen, ob sie über Unordentlichkeiten und Fehler der Gesellen sich zu beklagen haben, und die Meister und Gesellen sollen diesen Klagen abhelfen, damit keine andere Hülfe gegen sie angerufen werden müsse. Die Bauherrn haben den Schaden sich selbst zuzuschreiben, wenn sie ihre Klagen nicht bei dem Meister vorbringen, und aus Schonung lieber schweigen. Die Bauherrn, Parlierer und Gesellen werden durch Art. 101 angewiesen, ihre Klagen bei dem Meister vorzubringen und nicht anderswo.
Wir haben hier die Torgauer Steinmetzordnung deshalb gewählt, um einen Blick in das innere Leben der deutschen Bauhütten zu eröffnen, weil dieselbe weniger bekannt und benützt ist, als die gemeinen deutschen Steinmetzordnungen. Wohlthuend spricht in allen Steinmetzordnungen des In- und des Auslandes an der hohe Ernst, mit welchem die Baukunst erfasst und geübt wurde, – das ordnungsvolle rege Leben, welches in den Bauhütten waltete, – die Sitte, welche man in dem öffentlichen und Privatleben erstrebte, – die Liebe, welche Meister und GeseIlen verband und die namentlich im Tode sich bewährte, – und vor Allem die Demuth, mit welcher man
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/659>, abgerufen am 16.07.2024.
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