Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.ist das kleine achteckige Capitelhaus zu Salisbury gemäss Schnaase , V. S. 290, anzusehen. Auch York hat ein achteckiges Capitelhaus mit einem Sterngewölbe von 47' Spannweite und von der bedeutenden Höhe von 67' ohne die Stütze eines Mittelpfeilers. Je höher die Baukunst sich hob, je grösser der Kunstruf einer einzelnen Bauhütte stieg und in je lelbhafteren Verkehr die verschiedenen Bauhütten mit einander traten, je nothwendiger und nützlicher wurde es für den Meister und Gesellen, sich als Mitglied, als Genossen, als den brauchbaren Arbeiter einer bestimmten Bauhütte und des Steinwerks überhaupt ausweisen zu können. Für diesen Ausweis wurden gewisse Zeichen, Griffe und Worte gegeben und gebraucht, welche sicherlich auf uraltem Handwerksgebrauche, auf antiken Traditionen beruhten, wenn sie auch im Laufe der Zeiten bei den verschiedenen Völkern und in den verschiedenen Ländern einzelne Abänderungen und Zusätze erhalten haben mochten. Schriftliche Ausweise konnten schon deshalb nicht in Frage kommen, weil die Kunst des Schreibens und des Lesens noch selten war und hievon abgesehen, nicht die Zuverlässigkeit jener Zeichen, Griffe und Worte boten. Zugleich mussten die letztern allen Bauhütten, dem Steinhandwerke, den Bauleuten als solchen oder überall gemeinsam und bekannt sein, indem sie ja sonst nicht als allgemeines Ausweis- und Verkehrsmittel hätten dienen können. Mit dem entstehenden Weltverkehre unter den Handwerkern und besonders unter den Bauleuten bildete sich daher eine Art Weltsprache, die aber zunächst blos eine Zeichensprache, gleichsam eine Bildersprache sein durfte, weil sie allein eine allgemein verständliche und von Jedem leicht zu erlernende war. Erkennungszeichen, Symbole mussten daher statt der Worte und Reden dienen; sie wurden nicht allein sorgfältig durch den Handwerksgebrauch bestimmt, sondern bildeten nach dem Zeugnisse der gemeinen deutschen Steinmetzordnungen selbst einen Gegenstand der deutschen Reichsgesetzgebung. Um aber eine wirkliche Einheit der Kunst in den verschiedensten Bauhütten des Festlandes und der Inselländer herzustellen, um die Arbeiter der einzelnen Bauhütten möglichst in einer ist das kleine achteckige Capitelhaus zu Salisbury gemäss Schnaase , V. S. 290, anzusehen. Auch York hat ein achteckiges Capitelhaus mit einem Sterngewölbe von 47’ Spannweite und von der bedeutenden Höhe von 67’ ohne die Stütze eines Mittelpfeilers. Je höher die Baukunst sich hob, je grösser der Kunstruf einer einzelnen Bauhütte stieg und in je lelbhafteren Verkehr die verschiedenen Bauhütten mit einander traten, je nothwendiger und nützlicher wurde es für den Meister und Gesellen, sich als Mitglied, als Genossen, als den brauchbaren Arbeiter einer bestimmten Bauhütte und des Steinwerks überhaupt ausweisen zu können. Für diesen Ausweis wurden gewisse Zeichen, Griffe und Worte gegeben und gebraucht, welche sicherlich auf uraltem Handwerksgebrauche, auf antiken Traditionen beruhten, wenn sie auch im Laufe der Zeiten bei den verschiedenen Völkern und in den verschiedenen Ländern einzelne Abänderungen und Zusätze erhalten haben mochten. Schriftliche Ausweise konnten schon deshalb nicht in Frage kommen, weil die Kunst des Schreibens und des Lesens noch selten war und hievon abgesehen, nicht die Zuverlässigkeit jener Zeichen, Griffe und Worte boten. Zugleich mussten die letztern allen Bauhütten, dem Steinhandwerke, den Bauleuten als solchen oder überall gemeinsam und bekannt sein, indem sie ja sonst nicht als allgemeines Ausweis- und Verkehrsmittel hätten dienen können. Mit dem entstehenden Weltverkehre unter den Handwerkern und besonders unter den Bauleuten bildete sich daher eine Art Weltsprache, die aber zunächst blos eine Zeichensprache, gleichsam eine Bildersprache sein durfte, weil sie allein eine allgemein verständliche und von Jedem leicht zu erlernende war. Erkennungszeichen, Symbole mussten daher statt der Worte und Reden dienen; sie wurden nicht allein sorgfältig durch den Handwerksgebrauch bestimmt, sondern bildeten nach dem Zeugnisse der gemeinen deutschen Steinmetzordnungen selbst einen Gegenstand der deutschen Reichsgesetzgebung. Um aber eine wirkliche Einheit der Kunst in den verschiedensten Bauhütten des Festlandes und der Inselländer herzustellen, um die Arbeiter der einzelnen Bauhütten möglichst in einer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0648" n="628"/> ist das kleine achteckige Capitelhaus zu Salisbury gemäss Schnaase , V. S. 290, anzusehen. 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Für diesen Ausweis wurden gewisse Zeichen, Griffe und Worte gegeben und gebraucht, welche sicherlich auf uraltem Handwerksgebrauche, auf antiken Traditionen beruhten, wenn sie auch im Laufe der Zeiten bei den verschiedenen Völkern und in den verschiedenen Ländern einzelne Abänderungen und Zusätze erhalten haben mochten. <hi rendition="#g">Schriftliche</hi> Ausweise konnten schon deshalb nicht in Frage kommen, weil die Kunst des Schreibens und des Lesens noch selten war und hievon abgesehen, nicht die Zuverlässigkeit jener Zeichen, Griffe und Worte boten. Zugleich mussten die letztern allen Bauhütten, dem Steinhandwerke, den Bauleuten als solchen oder überall gemeinsam und bekannt sein, indem sie ja sonst nicht als allgemeines Ausweis- und Verkehrsmittel hätten dienen können. Mit dem entstehenden Weltverkehre unter den Handwerkern und besonders unter den Bauleuten bildete sich daher eine Art Weltsprache, die aber zunächst blos eine Zeichensprache, gleichsam eine Bildersprache sein durfte, weil sie allein eine allgemein verständliche und von Jedem leicht zu erlernende war. Erkennungszeichen, Symbole mussten daher statt der Worte und Reden dienen; sie wurden nicht allein sorgfältig durch den Handwerksgebrauch bestimmt, sondern bildeten nach dem Zeugnisse der gemeinen deutschen Steinmetzordnungen selbst einen Gegenstand der deutschen Reichsgesetzgebung. Um aber eine wirkliche Einheit der Kunst in den verschiedensten Bauhütten des Festlandes und der Inselländer herzustellen, um die Arbeiter der einzelnen Bauhütten möglichst in einer</p> </div> </body> </text> </TEI> [628/0648]
ist das kleine achteckige Capitelhaus zu Salisbury gemäss Schnaase , V. S. 290, anzusehen. Auch York hat ein achteckiges Capitelhaus mit einem Sterngewölbe von 47’ Spannweite und von der bedeutenden Höhe von 67’ ohne die Stütze eines Mittelpfeilers.
Je höher die Baukunst sich hob, je grösser der Kunstruf einer einzelnen Bauhütte stieg und in je lelbhafteren Verkehr die verschiedenen Bauhütten mit einander traten, je nothwendiger und nützlicher wurde es für den Meister und Gesellen, sich als Mitglied, als Genossen, als den brauchbaren Arbeiter einer bestimmten Bauhütte und des Steinwerks überhaupt ausweisen zu können. Für diesen Ausweis wurden gewisse Zeichen, Griffe und Worte gegeben und gebraucht, welche sicherlich auf uraltem Handwerksgebrauche, auf antiken Traditionen beruhten, wenn sie auch im Laufe der Zeiten bei den verschiedenen Völkern und in den verschiedenen Ländern einzelne Abänderungen und Zusätze erhalten haben mochten. Schriftliche Ausweise konnten schon deshalb nicht in Frage kommen, weil die Kunst des Schreibens und des Lesens noch selten war und hievon abgesehen, nicht die Zuverlässigkeit jener Zeichen, Griffe und Worte boten. Zugleich mussten die letztern allen Bauhütten, dem Steinhandwerke, den Bauleuten als solchen oder überall gemeinsam und bekannt sein, indem sie ja sonst nicht als allgemeines Ausweis- und Verkehrsmittel hätten dienen können. Mit dem entstehenden Weltverkehre unter den Handwerkern und besonders unter den Bauleuten bildete sich daher eine Art Weltsprache, die aber zunächst blos eine Zeichensprache, gleichsam eine Bildersprache sein durfte, weil sie allein eine allgemein verständliche und von Jedem leicht zu erlernende war. Erkennungszeichen, Symbole mussten daher statt der Worte und Reden dienen; sie wurden nicht allein sorgfältig durch den Handwerksgebrauch bestimmt, sondern bildeten nach dem Zeugnisse der gemeinen deutschen Steinmetzordnungen selbst einen Gegenstand der deutschen Reichsgesetzgebung. Um aber eine wirkliche Einheit der Kunst in den verschiedensten Bauhütten des Festlandes und der Inselländer herzustellen, um die Arbeiter der einzelnen Bauhütten möglichst in einer
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 628. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/648>, abgerufen am 16.07.2024. |