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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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viel gebrauchtes als vielsinniges Symbol. Der Sonnenbecher ist ein Sinnbild des Firmamentes und des Himmels und besitzt Wunder- und Zauberkräfte, im Allgemeinen aber ist der Becher das Symbol des Leben gebenden Wassers, nach Görres auch der Schöpfung der Welt aus dem Wasser. Der christliche Kelch und auch der Kelch der Gralsage ist das Symbol des von Christus zur Erlösung der Welt vorgossenen und das ewige Leben verleihenden Blutes, der Eucharistie, des höchsten christlichen Mysteriums. Der Ring und der Becher sind somit zwei verwandte Symbole der Ewigkeit, des ewigen Seins und Lebens. So ist auch der Kelch unter die Sterne der südlichen Halbkugel versetzt und sein Bild steht unmittelbar neben der Wasserschlange.1) Schon bei den Griechen kommt in dem Geheimkultus des Dionysos oder Bacchos bereits der Erlösungsbecher, der Becher als Symbol des erlösenden Dionysos vor; dieser Dionysosbecher nimmt gleich dem christlichen Becher und heiligen Gral auch das Blut und die Glieder des von den Titanen getädteten und zerrissenen Dionysos auf; der Becher ist somit das Symbol des (gewaltsamen und befreienden) Todes und des durch den Tod dennoch errungenen Lebens. Die Dionysosmythe und die Gralsage in diesem Sinne sind von der Hirammythe nicht verschieden; ebenso entspricht der im jüngern Titurel von Albrecht von Scharfenberg geschilderte ideale Graltempel ganz dem idealen salomonischen Tempel, dem himmlischen Jerusalem, dem verlorenen und wiedergesuchten Paradiese oder himmlischen Reiche.2) Auch gehören hierher der Becher des Dschemsid, der Becher des ägyptischen Thot-Hermes , wovon die Becher der orientalischen und unserer Zauberer die letzten Nachklänge sind.3) Gleich wie die Becher wunderbare und zaubernde Kräfte besitzen, so auch die Ringe oder die Steine der Ringe. Von einem Diamant Schamir berichten jüdische

1) Hoffmann, vollständiger Himmels-Atlas, Stuttgart 1837, Nr. 20.
2) Lang, S. 84; Kurz, Leitfaden der Gesch. der deutschen Literatur, S. 43.
3) Lang, S. 97 ff.,

viel gebrauchtes als vielsinniges Symbol. Der Sonnenbecher ist ein Sinnbild des Firmamentes und des Himmels und besitzt Wunder- und Zauberkräfte, im Allgemeinen aber ist der Becher das Symbol des Leben gebenden Wassers, nach Görres auch der Schöpfung der Welt aus dem Wasser. Der christliche Kelch und auch der Kelch der Gralsage ist das Symbol des von Christus zur Erlösung der Welt vorgossenen und das ewige Leben verleihenden Blutes, der Eucharistie, des höchsten christlichen Mysteriums. Der Ring und der Becher sind somit zwei verwandte Symbole der Ewigkeit, des ewigen Seins und Lebens. So ist auch der Kelch unter die Sterne der südlichen Halbkugel versetzt und sein Bild steht unmittelbar neben der Wasserschlange.1) Schon bei den Griechen kommt in dem Geheimkultus des Dionysos oder Bacchos bereits der Erlösungsbecher, der Becher als Symbol des erlösenden Dionysos vor; dieser Dionysosbecher nimmt gleich dem christlichen Becher und heiligen Gral auch das Blut und die Glieder des von den Titanen getädteten und zerrissenen Dionysos auf; der Becher ist somit das Symbol des (gewaltsamen und befreienden) Todes und des durch den Tod dennoch errungenen Lebens. Die Dionysosmythe und die Gralsage in diesem Sinne sind von der Hirammythe nicht verschieden; ebenso entspricht der im jüngern Titurel von Albrecht von Scharfenberg geschilderte ideale Graltempel ganz dem idealen salomonischen Tempel, dem himmlischen Jerusalem, dem verlorenen und wiedergesuchten Paradiese oder himmlischen Reiche.2) Auch gehören hierher der Becher des Dschemsid, der Becher des ägyptischen Thot-Hermes , wovon die Becher der orientalischen und unserer Zauberer die letzten Nachklänge sind.3) Gleich wie die Becher wunderbare und zaubernde Kräfte besitzen, so auch die Ringe oder die Steine der Ringe. Von einem Diamant Schamir berichten jüdische

1) Hoffmann, vollständiger Himmels-Atlas, Stuttgart 1837, Nr. 20.
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[558/0578] viel gebrauchtes als vielsinniges Symbol. Der Sonnenbecher ist ein Sinnbild des Firmamentes und des Himmels und besitzt Wunder- und Zauberkräfte, im Allgemeinen aber ist der Becher das Symbol des Leben gebenden Wassers, nach Görres auch der Schöpfung der Welt aus dem Wasser. Der christliche Kelch und auch der Kelch der Gralsage ist das Symbol des von Christus zur Erlösung der Welt vorgossenen und das ewige Leben verleihenden Blutes, der Eucharistie, des höchsten christlichen Mysteriums. Der Ring und der Becher sind somit zwei verwandte Symbole der Ewigkeit, des ewigen Seins und Lebens. So ist auch der Kelch unter die Sterne der südlichen Halbkugel versetzt und sein Bild steht unmittelbar neben der Wasserschlange. 1) Schon bei den Griechen kommt in dem Geheimkultus des Dionysos oder Bacchos bereits der Erlösungsbecher, der Becher als Symbol des erlösenden Dionysos vor; dieser Dionysosbecher nimmt gleich dem christlichen Becher und heiligen Gral auch das Blut und die Glieder des von den Titanen getädteten und zerrissenen Dionysos auf; der Becher ist somit das Symbol des (gewaltsamen und befreienden) Todes und des durch den Tod dennoch errungenen Lebens. Die Dionysosmythe und die Gralsage in diesem Sinne sind von der Hirammythe nicht verschieden; ebenso entspricht der im jüngern Titurel von Albrecht von Scharfenberg geschilderte ideale Graltempel ganz dem idealen salomonischen Tempel, dem himmlischen Jerusalem, dem verlorenen und wiedergesuchten Paradiese oder himmlischen Reiche. 2) Auch gehören hierher der Becher des Dschemsid, der Becher des ägyptischen Thot-Hermes , wovon die Becher der orientalischen und unserer Zauberer die letzten Nachklänge sind. 3) Gleich wie die Becher wunderbare und zaubernde Kräfte besitzen, so auch die Ringe oder die Steine der Ringe. Von einem Diamant Schamir berichten jüdische 1) Hoffmann, vollständiger Himmels-Atlas, Stuttgart 1837, Nr. 20. 2) Lang, S. 84; Kurz, Leitfaden der Gesch. der deutschen Literatur, S. 43. 3) Lang, S. 97 ff.,

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/578>, abgerufen am 22.11.2024.